Historische Lepidopteren-Literatur / Schütze (1931)
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1. Vorwort
Die „Biologie der Kleinschmetterlinge“ habe ich vor wenigen Jahren für eigenen Gebrauch zusammengestellt, weil es mir unbequem wurde, oft aus vielen Büchern zusammenzusuchen, was da über die oder jene Art gesagt ist; und nicht selten war die Arbeit vergebens. Auf vielfaches Zureden strebender Sammler übergebe ich aber nun das Buch der Öffentlichkeit und hoffe damit den Kleinschmetterlingsfreunden einen großen Teil der Steine und Dornen wegzuräumen, die mir vor 50 Jahren zu Beginn meiner Sammelfahrt den Weg versperrten und schnellere Fortschritte unmöglich machten. Ich tue das in der Hoffnung, dass sich in Zukunft mehr Sammler den Kleinen zuwenden werden, denen sie aus unbegreiflicher und unbegründeter Scheu bisher aus dem Wege gegangen sind. Zu gründlicher Arbeit findet der Strebsame auf diesem noch ungenügend erforschten Gebiete weitesten Raum und unbegrenzte Möglichkeiten zu reichster Entfaltung, wenn anders er nicht bloß fürs Auge arbeitet und seine Bemühungen nicht einzig und allein das Zusammenbringen einer Schausammlung zum Ziele haben. Damit allein kann man aber der Wissenschaft wahrlich nicht dienen.
Überlasst doch die Aufstellung endloser Reihen von Varietäten, Aberrationen, Formen und Lokalrassen, die künstliche Erzielung von Missgeburten durch Hybridation, die Wärme- und Kälteversuche den Stubenentomologen und kümmert euch auch nicht um Exoten. Wir Freilandsammler müssen uns ein würdigeres Ziel stecken: Die Erforschung der Lebensweise, der Biologie unsrer Lieblinge; sind doch noch eine Menge Raupen unbekannt, und von vielen wissen wir sehr wenig.
Und noch eine andere, sehr dankbare Aufgabe müssen wir uns stellen: Die Belehrung und Aufklärung des Volkes. Heutzutage ist die Entfremdung von der Natur größer denn jemals. Der moderne Mensch hat nicht mehr Zeit, sich in ruhiges, beschauliches Naturgenießen zu versenken, und doch ist allen zu wünschen und wäre für viele eine Rettung, wenn sie die tiefe Freude, das nicht wiederzugebende Glück des in der Natur Suchenden nachempfinden, die Befriedigung kennen lernten, die denen zu eigen ist, die sich mit der Natur befassen. Dazu sollen wir ihnen verhelfen.
Das Leben der meisten Raupen ist an Pflanzen gebunden, dabei halten sich viele nur an eine bestimmte Art, manche findet man an zwei oder drei fast stets miteinander verwandten Pflanzen, zahlreiche aber sind nicht wählerisch, sondern fressen fast alles, was grün ist. Will also der Sammler mit Erfolg arbeiten und Nutzen aus meinem Buche ziehen, so muss er ein guter Botaniker sein,
Historische Lepidopteren-Literatur / Schütze (1931)
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