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Falter
Geschlecht nicht bestimmt
Erstbeschreibung
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

2. Diagnose

2.1. Geschlecht nicht bestimmt

2.2. Erstbeschreibung

3. Biologie

3.1. Nahrung der Raupe

  • [Caryophyllaceae:] Herniaria glabra (Kahles Bruchkraut)
  • [Caryophyllaceae:] Herniaria alpina (Alpen-Bruchkraut)
  • [Caryophyllaceae:] Paronychia argentea (Silber-Mauermiere)

Bengtsson (1997) erwähnt nur eine einzige Pflanzenart, die Silber-Mauermiere: "The species is reared from Paronychia argentea Lam. (according to Labels in MNHP [Paris], on specimen collected by Lucas)." Nähere Angaben werden nicht gemacht, da Lucas aber primär in Nordafrika tätig war, dürfte die Angabe von dort stammen. Die Silber-Mauermiere ist eine typische Art niedrigwüchsig offener Sandböden, oft im Stabilisierungsbereich von Dünen zu finden und im gesamten Mittelmeerraum (aber auch auf den Kanarischen Inseln) zu finden.

Bengtsson (1997) erwähnt zwar die Arbeit von de Joannis (1908) mit dessen Beschreibung der zwischenzeitlich synonymisierten Scythris herniariae, hinsichtlich der Biologie wertet er diese Arbeit aber nicht aus. Dabei hatte de Joannis (1908) darin eine detaillierte Raupenbeschreibung und berichtet, dass sein Bruder diese Raupen im Mai und wieder Ende Juni bei Plouharnel in der Bretagne in Sanddünen in leichten Gespinsten unter Kahlem Bruchkraut fand - daher dann auch der Artname "herniariae". Das Kahle Bruchkraut hat seinen Ursprung ebenfalls in stabilisierten Sanddünen und an Störstellen von Sandtrockenrasen und Sand-Heiden - in Mitteleuropa ist es heute vor allem in Pflasterritzen und trittbelasteten Sandböden zu finden. Die Pflanze ist - anders als der Falter - in Europa weit verbreitet.

Schmid (2018) meldet die Art völlig überraschend aus den Hochlagen der Südschweiz, wo er die Falter in 3000 - 3040 m Höhe um Pflanzen des Alpen-Bruchkrauts fand, mit der er die Tiere dann auch züchtete. Auf Anfrage ergänzte er (per e-Mail am 12. Mai 2018 an E. Rennwald): "Ich habe verschiedentlich Freilandraupen in Polstern von Herniaria alpina gefunden und eingetragen, auch wenn ich das so in meiner Arbeit nicht explizit erwähne."

Allen drei Nelkengewächsen (Caryophyllaceae) gemeinsam ist, dass sie am Boden anliegende mehrjährige kleine Polster bilden, unter denen sich die Raupe ihre lockeren Gespinste anlegen kann.

4. Weitere Informationen

4.1. Synonyme

4.2. Taxonomie und Faunistik

Locus typicus ist Canet (Pyrénées-Orientales) im Süden von Frankreich nahe der Grenze zu Spanien. Die nur ein Jahr später beschriebene und jetzt synonymisierte Scythris herniariae Joannis, 1908 hat ihren locus typicus in den Sanddünen von Plouharnel in der Bretagne, also ebenfalls Frankreich. Caradja (1920: 144) verglich die von ihm als neue Art vorgestellte Scythris canetella mit Scythris schleichiella, nicht aber mit S. ventosella - sonst hätte ihm auffallen müssen, dass beide bei Canet in den Pyrénées-Orientales gesammelt wurden. Zerny (1935) verglich seine Tiere der von ihm von Tizi n'Tachdirt [Tizi N'Tacheddirt] (der Ort liegt bei über 2300 m im Atlasgebirge, Marokko) beschriebenen Scythris jugicolella mit Scythris braschiella, Scythris cicadella und Scythris pulicella, also ebenfalls nicht mit S. ventosella.

Nach der Zusammenstellung von Schmid (2018) war die Art ansonsten nur noch von den Zentral-Pyrenäen (Frankreich), Nord-Portugal und Süd-Spanien bekannt; unser oben gezeigter Fund von Port Bou liegt 50 km südlich von Canet schon knapp in Spanien. Schmid selbst meldet den völlig überraschenden Erstnachweis für die Schweiz, der nicht nur den bis dato östlichsten Fundpunkt der Art bildet, sondern mit der Höhenangabe 3000 bzw. 3040 m auch den bei Weitem höchstgelegenen. Die steilen Südwesthänge in der Zermatt-Region (Walliser Hochalpen) sind durch noch höhere Berge vor häufigen Niederschlägen abgeschottet und werden an Sommernachmittagen am Boden - also dort wo die Raupen leben - so heiß wie in westmediterranen Küstenregionen. Interessanterweise konnte Schmid (2018) über Barcode-Identität eines seiner Exemplare mit einem Tier aus den Zentral-Pyrenäen berichten. Er schließt daraus, dass die Isolation der Vorkommen erst nacheiszeitlich geschah. Zu ergänzen wäre, dass die in den Alpen festgestellte Nahrungspflanze Alpen-Bruchkraut nicht nur in den Alpen vorkommt, sondern auch in den Zentral-Pyrenäen. Es wäre sicher interessant, hier auch noch einen genetischen Vergleich mit Tieren aus der Küstenregion vorzunehmen.

(Autor: Erwin Rennwald)

4.3. Literatur

  • Bengtsson, B. Å. (1997): Microlepidoptera of Europe 2. Scythrididae: 1-301. Stenstrup (Apollo Books).
  • Beschreibung als Scythris canetella: Caradja, A. (1920): Beitrag zur Kenntnis der geographischen Verbreitung der Mikrolepidopteren des palaearktischen Faunengebietes nebst Beschreibung neuer Formen. III. Teil. — Deutsche Entomologische Zeitschrift Iris 34 (1/2): 75-179. Dresden.
  • Erstbeschreibung: Chrétien, P. (1907): Lépidoptères du Languedoc. — Le naturaliste 29: 178-179.
  • Beschreibung als Scythris herniariae: Joannis de, J. (1908): Une nouvelle espèce de Scythris (Microlép.) des environs de Vannes. — Bulletin de la Societé entomologique de France, 1908 (14): 248–250.
  • Passerin d'Entreves, P. (1995): Révision des Scythrididae paléarctiques. VI. Les types de Scythrididae du Natural History Museum de Londres, du Muzeul de Historia Naturala «Grigore Antipa» de Bucarest et du Zoologisches Museum der Humboldt-Universität de Berlin. (Première partie) (Lepidoptera: Gelechioidea). — Nota lepidopterologica 18 (21): 139-159 [Digitalisat auf archive.org].
  • Schmid, J. (2018): Remarkable discovery of the Atlanto-Mediterranean moth Scythris ventosella Chrétien, 1907 at high altitude in the Alps of Valais, Switzerland – a possible relict of the late-glacial steppe-belt fauna? (Lepidoptera, Scythrididae). — Alpine Entomology 2(1) 2018, 45–49. DOI 10.3897/alpento.2.23531. [zum open-access-Artikel auf pensoft.net]
  • Beschreibung als Scythris jugicolella: Zerny, H. (1935): Die Lepidopterenfauna des Grossen Atlas in Marokko und seiner Randgebiete. — Mémoires de la Société des sciences naturelles du Maroc 42: 1-163, pl. I-II.

4.4. Informationen auf anderen Websites (externe Links)