Version 11 / 23 vom 12. November 2020 um 21:43:00 von Erwin Rennwald
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2. Biologie

2.1. Nahrung der Raupe

  • [Arecaceae:] Howea belmoreana (Kentia-Palme)
  • [Arecaceae:] Areca sp.

Buchsbaum & Hausmann (2005) berichten über in die Zoologische Staatssammlung nach München gebrachte Raupen: "Die der Zoologischen Staatssammlung übergebenen Raupen der beiden Arten waren an einer "Kentia-Palme" (Howea belmoreana) gefunden worden, die in der Natur nur auf Lord Howe Island (Ost-Australien) vorkommt (Dr. Fred Stauffer, Zürich, pers. Mitt). Die "Kentia-Palme" wird jedoch vielfach als Zierpflanze genutzt und gezüchtet, z.B. in Süd-Florida (USA) oder Mexiko, von wo aus die Pflanzen dann an Gartencenter und Möbelmärkte verkauft werden, in unserem Falle vermutlich über Großmärkte in Holland. Nach der Übergabe der Raupen an die ZSM wurde die Weiterzucht mit verschiedensten Pflanzen versucht, da zunächst keine Informationen über natürliche Futterpflanzen vorlagen. A. apicalis konnte mit verschiedenen Zimmerpflanzen-Arten, wie z.B. Ficus spec., problemlos zur Verpuppung gebracht werden."

Ihre Literaturrecherche aus dem Bereich des natürlichen Vorkommens der Art in Süd- und Mittelamerika ergab: "Die Raupen leben dort sehr polyphag, Janzen & Hallwachs (2004) melden 33 Futter-Pflanzenarten aus 15 verschiedenen Familien (Dilleniaceae, Fabaceae, Flacourtiaceae, Hippocrateaceae, Lauraceae, Malvaceae, Moraceae, Musaceae, Nyctaginaceae, Piperaceae, Rosaceae, Rubiaceae, Sapotaceae, Simaroubaceae, Sterculiaceae)." Die Kentia-Palme (Endemit einer zu Australien gehörenden Insel) kommt im Herkunftsgebiet des Falters natürlicherweise nicht vor - als häufig genutzte Zimmerpflanze ist sie aber weltweit zu finden.

3. Weitere Informationen

3.1. Faunistik

A. apicalis ist im nördlichen Südamerika und Mittelamerika heimisch. Die Art wurde 2003 und 2004 aber in größerer Anzahl via Baumärkte nach Europa engeschleppt, was sich auch im Lepiforum zeigte:

Eine der ersten Anfragen [Forumsbeitrag Walter Schön vom 14. Oktober 2002] im damals noch nicht so genannten Lepiforum lautete: „Eine "exotisch" aussehende Raupe, an einer Palme (Areca chrysalidocarpus lutescens) fressend, welche 3 Wochen zuvor in einem Real-Kaufhaus in Hannover gekauft wurde. […] Wer kennt sich da aus ? Oder kennt jemanden, der sich da auskennt ?“ Acht Tage später dann die Ergänzung [Forumsbeitrag Walter Schön vom 22. Oktober 2002]: „Nils Bierkamp fand vermutlich eine Raupe der gleichen Art an einer Palme (Chrysalido lutescen) am 20.Oktober in Nürnberg - Bild unten. Die Palme wurde vor ca. 3 Wochen bei IKEA gekauft.“ Wie sich zeigen sollte, handelte es sich bei der Raupe um eine Euclea-Art, wahrscheinlich Euclea vericrux.

Einige Monate später war dann zu lesen [Forumsbeitrag Walter Schön vom 24. März 2003]: „die folgende exotische Raupe wurde gerade in einer Wohnung in Wien an einer schmalblättrigen Palme gefunden - weitere Informationen sind nicht vorhanden.“ R. Röhrig antwortete umgehend [Forumsbeitrag vom 24. März 2003]: „es handelt sich um eine Asselspinner-Raupe (Limacodidae) aus Nordamerika, höchstwahrscheinlich um die Art Sibine stimulea (Saddleback Caterpillar)“.

Eine der Antworten vom Folgetag [Forumsbeitrag Cordula Mahnke vom 25. März 2003] berichtet über weitere Raupenfunde vom 24. März 2003 in Wien: „diese exotische Raupe wurde in grösserer Menge (8 Stück)auch von meiner Bekannten gestern (24.0.03)an ihrer schmalblättrigen Palme gefunden. Sie hat diese Palme am 6. Februar 2003 beim Grosshandel "Metro" gekauft. Dort hat man ihr gesagt die Planze kommt aus Holland. Meine Bekannte wurde von einer Raupe gestochen und hat eine leichte Schwellung und Juckreiz bekommen, beides ist aber nach 24 Stunden wieder weg. Kann jemand sagen was aus dieser Raupe mal werden Kann (Schmetterling).“

Vermutlich aus den Niederlanden stammte die Antwort im [ Forumsbeitrag René van Weert vom 11. Mai 2003]: „Auch auf meine bei der Metro gekaufte Palme habe ich heute eine "Saddle Back" gefunden. Nachdem ich erst nicht wusste welche Art es ist, bin ich auf der Suche im Internet bei diesem Forum gelandet. Aus weiteren recherchen habe ich festgestellt, dass die Raupe erst vor kurzem nach Europa gekommen sein muss. Die erste Meldung die ich finden konnte war eine Meldung aus England ([http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/2794333.stm]).“

Im Folgejahr ergänzt [Volker Heinrichs, Forumsbeitrag 15. März 2004]: „habe gestern auch so eine raupe in meiner palme gefunden. nach recherchen habe ich herausgefunden das es die art: "Acharia stimulea" ist.

Buchsbaum (2003) lieferte einen Beitrag mit Titel: „Acharia stimulea (Clemens, 1860) – eine amerikanische Limacodidae in Thüringen (Lepidoptera).“

Und auch aus Schweden wurde die Art - erwartungsgemäß - gemeldet. Franzén (2004: 40) schreibt: "Införda arter. [Sibene (Acharia) stimulea] (Fig. 5). Vg, Kållered, IKEA 1 ex 31.10 (Naturhistoriska museet i Göteborg genom Charlotte Jonsson). En larv hittades på Arekapalm (Areca sp.) på IKEA:s krukväxtavdelning".

Wie sich durch den Beitrag von Buchsbaum & Hausmann (2005) unter Einschaltung des Limacodiden-Spezialisten Mark Epstein zeigen sollte, handelte es sich bei wahrscheinlich allen Acharia-Raupen in europäischen Baumärkten nicht um die nordamerikanischen Acharia stimulea, sondern um die nahe mit ihr verwandte, aber in Süd- und Mittelamerika heimische Acharia apicalis. Dies wurde durch Stüning et al. (2006) ausdrücklich bestätigt.

Thomas Müller [Forumsbeitrag 21. November 2008] zeigte die nächste Limacodiden-Raupe aus einem Baumarkt: „Folgende Raupe habe ich heute von einer Bekannten erhalten. Das Tierchen ist etwa 1-2cm lang und hat an einer Büropflanze (Fischschwanz Pflanze, Herkunft unklar) gefressen. […] Ach ja, aber ich denke das tut hier nichts zur Sache :-) Deutschland, Baden Württemberg, Ulm-Jungingen, Bürogebäude, ca 600m, 21.11.2008“. Wie sich zeigen sollte, handelte es sich diesmal um die erst 2004 beschriebene Talima beckeri Epstein, 2004, eine ebenfalls aus Amerika (hier: Costa Rica) stammende Art.

Anders als beim Buchsbaum-Zünsler (Cydalima perspectalis) hat es hier keine dieser Arten geschafft, in Europa Freiland-Populationen aufzubauen – das entsprechende Risiko mit dem internationalen Pflanzenhandel über Baumärkte ist aber weiterhin unüberschaubar groß.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.2. Literatur