Art nur durch Genitaluntersuchung von Mesapamea secalella zu trennen!
Sehr häufig. Falter von Juni bis September, Raupe überwinternd bis Juni an Gräsern.
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Falter
Raupe
Männchen
Weibchen
Weibchen "Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985"
Männchen
Weibchen
Differenzialdiagnose
Erstbeschreibung
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Raupe

2. Diagnose

Erst 1983 wurde die Existenz von zwei äußerlich nicht unterscheidbaren Zwillingsarten erkannt, die bis dahin unter dem Namen Mesapamea secalis vereinigt waren (Remm 1983). Seitdem hat man durch Genitaluntersuchungen herausgefunden, daß beide Arten in Europa weit verbreitet sind und M. secalis in den meisten Gegenden etwas häufiger auftritt als M. secalella (= M. didyma).

Die beträchtliche Variationsbreite der Falter in der Färbung ist bei M. secalis und M. secalella fast identisch. Lediglich die auffällige Form mit weißem Wurzel- und Saumfeld (f. struvei Ragusa) kommt ausschließlich bei M. secalis vor und ist dadurch schon äußerlich sicher zuzuordnen. Alle anderen Exemplare können nur anhand der Genitalmorphologie bestimmt werden.

2.1. Männchen

2.2. Weibchen

2.3. Männchen "Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985"

[keine Abbildung]

2.4. Weibchen "Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985"

2.5. Raupe

Nach Beck bzw. Ahola besitzt die Mesapamea secalis-Raupe im Unterschied zur Mesapamea secalella-Raupe keinen breiten, dunklen, cephalen Streifen auf dem Nackenschild. [Stefan Ratering]

2.6. Ähnliche Arten

2.7. Genitalien

2.7.1. Männchen

Clavus zapfenförmig, nach oben gerichtet, mit zahlreichen kleinen Dornen besetzt, dunkel (sklerotisiert). Cornutus im Aedoeagus breit, mit rundlich gebogenem Rand, der 5-10 Zähne trägt.

(Text: Axel Steiner)

Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985": Clavus ähnlich secalella, aber breiter, weniger nach vorn, sondern mehr nach oben gerichtet. Cornutus im Aedoeagus ähnlich wie bei secalella, aber schlanker, mit einer Reihe von Zähnen, die asymmetrisch seitlich am Cornutus sitzen, nicht zentral wie bei secalis und secalella. Die größten Zähne sitzen an der Spitze, bei secalis und secalella sind sie in der Mitte am größten und werden zur Spitze hin kleiner. Zusätzlich sitzen auf dem basalen Teil des Cornutus kleine, dünne Stacheln, die bei den anderen Arten fehlen.

2.7.2. Weibchen

Genitalien Weibchen: Ductus bursae mit schwacher, etwas nach rechts gerichteter Ausbuchtung, auf der eine (manchmal nur schwach ausgebildete) V-förmige Sklerotisierung sitzt.

(Text: Axel Steiner)

Genitalien Weibchen "Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985": Lamina antevaginalis beiderseits der Begattungsöffnung stark kissen- oder sackartig aufgeblasen (nach Abpinseln der Haare auf der Unterseite der Abdomenspitze schon bei Lupenvergrößerung äußerlich gut zu erkennen). Ductus bursae ohne Ausbuchtung und ohne V-förmige Sklerotisierung.

2.7.3. Differenzialdiagnose

Weiteres Vergleichsmaterial, männliche Genitalien: Mesapamea secalis (oben) und Mesapamea secalella (unten)

Vergleich der weiblichen Genitalien: Mesapamea secalis und M. secalella

2.8. Erstbeschreibung

3. Weitere Informationen

3.1. Etymologie (Namenserklärung)

Mesapamea von μη (griech.) Verneinungspartikel (das s ist eine phonetische Einfügung) und Apamea, bezeichnet also Arten, die nicht zur Gattung Apamea gehören, in die sie früher gestellt worden waren.

Secalis von secale (lat.) Roggen, eine der Raupennahrungspflanzen. (Text: Axel Steiner)

M. remmi: H. Remm, estländischer Lepidopterologe, der M. secalis und M. secalella als getrennte Arten erkannte.

3.2. Andere Kombinationen

3.3. Synonyme

3.4. Taxonomie

Die zunächst auf der Basis von Genitalunterschieden getrennten Taxa secalis und secalella [= M. didyma] sind auch genetisch (Barcoding) gut begründet.

Hinsichtlich der Artberechtigung stets umstritten blieb hingegen das – ebenfalls wegen auffälliger Genitalunterschiede abgetrennte – Taxon "Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985" [K+R-Nr. 09791]. Zunächst überwiegend anerkannt, häuften sich dann doch die Bedenken.

Schließlich zogen es zahlreiche Autoren vor, "Mesapamea remmi" als wahrscheinlichen Hybriden zwischen Mesapamea secalis und M. secalella (=didyma) aufzufassen. Die Gründe hierfür waren ihre extreme Seltenheit (nur ca. 100 Exemplare sind bekannt; das Häufigkeitsverhältnis secalis : secalella : "remmi" liegt etwa bei 200 : 125 : 1), die Tatsache, dass es keinen Fundort gibt, an dem nur "M. remmi" allein vorkommt (an allen bekannten Fundorten fliegen auch M. secalis und M. secalella), und vor allem die Genitalmorphologie mit teils intermediären Merkmalen und teils bizarren Sonderformen, wie sie in der ganzen näheren Verwandtschaft der Gattung nicht beobachtet werden. Bei den weiblichen "remmi" sind die Genitalien zudem oft fehlgebildet, d.h. Ductus bursae und Corpus bursae können komplett fehlen; solche Tiere sind nicht fortpflanzungsfähig. Eine experimentelle Überprüfung dieser Hypothese durch Kreuzungsversuche stand die Jahre über allerdings noch aus: die schwierige Eizucht an der lebenden Pflanze mit der langwierigen Raupenüberwinterung scheint viele Züchter abzuschrecken, einen solchen Versuch zu wagen.

Huemer (2013) berichtet: "Das Taxon M. remmi wird inzwischen überwiegend als Hybrid von M. secalis und M. didyma angesehen (Segerer & Hausmann, 2012; Zilli et al., 2005). Diese Ansicht bestätigen auch neueste molekulare Ergebnisse (Mutanen, Pühringer & Ronkay, pers. Mitt.)."

Der Erstbeschreiber der Art, Ladislaus Rezbanyai-Reser, hielt die vorgebrachten Argumente für die Deutung als Hybride weiterhin als leicht zu entkräften bzw. unzutreffend. Seine zusammenfassende Argumentation ist im [Forumsbeitrag L. Reser, 13. Februar 2015] nachzulesen.

Da als wahrscheinlicher Hybrid angesehen, wurde das Taxon nicht als Art in das Verzeichnis der Schmetterlingen Deutschlands von Gaedike et al. (2017) aufgenommen.

Dann erschien die Arbeit von Sihvonen et al. (2020). Diese hatten in Finnland sehr viele Mesapamea-Falter genitalisiert und dabei auch 6 Weibchen von "Mesapamea remmi" gefunden. Diese 6 Weibchen und diverse Männchen und Weibchen von Mesapamea secalis und Mesapamea didyma wurden dann auch genetisch untersucht, und zwar nicht nur die mitochondriale DNA durch Barcoding, sondern auch diverse Marker der Kern-DNA. Die Fragestellung war klar: Handelt es sich bei "M. remmi" um eine eigenständige Art, einen Hybriden zwischen M. secalis und M. didyma, oder aber um ein Synonym einer der beiden – genetisch gut getrennten – Arten? Das Ergebnis fiel sehr eindeutig aus: alle 6 "M. remmi"-Weibchen clusterten im Baum von M. secalis. Die Theorie, das Taxon als Hybrid zwischen den beiden anderen Arten zu sehen, erwies sich damit als falsch, ebenso (mit hoher Wahrscheinlichkeit) die Idee einer eigenständigen Art. "M. remmi" ist somit als Synonym zu M. secalis aufzufassen.

Strenggenommen ist noch immer nicht bewiesen, dass die "M. remmi"-Männchen überhaupt zu den "M. remmi"-Weibchen gehören. Da M. remmi aber nach einem weiblichen Holotypus beschrieben wurde, stünde selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass die "M. remmi"-Männchen einer eigenen Art angehören würden, dieser Name nicht mehr zur Verfügung.

(Autoren: Axel Steiner & Erwin Rennwald)

3.5. Literatur

  • Gaedike, R., Nuss, M., Steiner, A. & R. Trusch (2017): Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands (Lepidoptera). 2. überarbeitete Auflage. — Entomologische Nachrichten und Berichte (Dresden), Beiheft 21: 1-362.
  • Huemer, P. (2013): Die Schmetterlinge Österreichs (Lepidoptera). Systematische und faunistische Checkliste. – 304 S. (Studiohefte 12); Innsbruck (Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m.b.H.).
  • Erstbeschreibung: Linnaeus, C. (1758): Systema naturae per regna tria naturae, secundum classes, ordines, genera, species, cum characteribus, differentiis, synonymis, locis. Tomus I. Editio decima, reformata. 1-824. Holmiae (Laurentius Salvius).
  • Remm, H. (1983): New species of Noctuidae (Lepidoptera) from the USSR. – Entomologicheskoe Obozrenie, 62: 596-600.
  • Beschreibung als Mesapamea remmi: Rezbanyai-Reser, L. (1985): Mesapamea-Studien II. Mesapamea remmi sp. n. aus der Schweiz, sowie Beiträge zur Kenntnis der westpalaearktischen Arten der Gattung Mesapamea Heinicke, 1959 (Lep., Noctuidae). — Entomologische Berichte Luzern 14: 127-148. [PDF auf zobodat.at]
  • Rezbanyai-Reser, L. (1989): Mesapamea-Studien III: Angaben zum Vorkommen, zur Häufigkeit und Phänologie von M. secalis L., didyma Esp. (= secalella Remm) und remmi Rezb.-Reser, aufgrund kontinuierlicher Lichtfallenfangergebnisse in der Schweiz von 1983-87 (Lepidoptera, Noctuidae). — Entomologische Berichte Luzern 21: 67-103. [PDF auf zobodat.at]
  • Rezbanyai-Reser, L. (1996): Mesapamea-Studien IX. Mesapamea insolita n. sp. aus der Südschweiz sowie die bisherigen Fundangaben von Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser 1985 in Europa (Lepidoptera: Noctuidae). — Entomologische Zeitschrift 106 (3): 81-92. Essen.
  • Rezbanyai-Reser, L. (2008): Einige verspätete aber noch immer gültige Bemerkungen und Berichtigungen zur Lepidopterenliste Leraut (1997) (Insecta: Lepidoptera, Geometridae, Noctuidae). — Lepidopterologische Mitteilungen aus Luzern, 2: 41-50.
  • Rezbanyai-Reser, L. (2009): Quelques remarques et rectifications tardives mais toujours valables sur la Liste des Lépidoptères de „Leraut 1997“ (Insecta: Lepidoptera, Geometridae, Noctuidae). — Alexanor 23 (3) (2003): 197-206.
  • Rezbanyai-Reser, L. (2011): Mesapamea-Studien XIII. Bemerkungen zum zurzeit grundlos angenommenen Hybridenstatus von Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985 sowie neue Funddaten der Art (Lepidoptera: Noctuidae). — Lepidopterologische Mitteilungen aus Luzern, 7: 1-14.
  • Rezbanyai-Reser, L. (2018): Mesapamea-Studien XV. Einige neue Funddaten von Mesapamea remmi Rezbanyai-Reser, 1985, mitsamt Falter- und Genitalfotos über die Art (Lepidoptera: Noctuidae). — Lepidopterologische Mitteilungen aus Luzern 21: 131-136.
  • Sihvonen, P., Lee, K.M., Lundsten, K.-E. & M. Mutanen (2020): Genomic evidence suggests Mesapamea remmi is an imaginary species (Lepidoptera: Noctuidae). — Systematic Entomology 45: 302-311. — DOI: 10.1111/syen.12397
  • Zilli, A., Ronkay, L. & Fibiger, M. (2005): Noctuidae europaeae. Vol. 8. Apameini. 323 S. mit 16 Farbtafeln. Sorø (Entomological Press).

3.6. Informationen auf anderen Websites (externe Links)