4. Weitere Informationen
4.1. Taxonomie und Faunistik
Könnte es sein, dass eine im "Verzeichniss der im Jahre 1858 in Sicilien gesammelten Schmetterlinge" neu beschriebene Art gar nicht auf Sizilien vorkommt ? Klar. Aber wenn die Beschreibung der neuen Art dann auch noch mit "Im Juni bei Partinico einige an einem Ackerrande gefangen" beginnt? Dann wird es schon heikler. Aber im Falle von C. laticostella muss die Antwort wohl "ja" heißen. Der zweite Satz in der Artbeschreibung von Mann (1859: 175) beginnt mit: "Diese Art, die ich auch bei Brussa sammelte,". Das Problem: nach gegenwärtiger Kenntnis gehören die äußerlich sehr ähnlichen Tiere von Sizilien und der Türkei zu zwei nicht näher verwandten Arten (unterschiedliche Gruppen im System von Toll) der Gattung. Und der Lectotypus ist ohne Fundortetikett.
Baldizzone (1981: 7-8) setzte sich detailliert mit der Problematik auseinander. Er begann mit "Locus typicus: Sicilia, Partinico.", stellte dann aber fest: "Lectotypus ♂ (PG 5114 Bent W. RASMUSSEN = 5913 Mus. Vind.) porta i seguenti cartellini: 1) "Type 1859 W. M.", 2) "latiorella Mn, ? = albicostella Dup.". Esso è conservato presso il Naturhistorisches Museum Wien. I cartellini non permettono di stabilire se si tratta dell' esemplare di Partinico (Sicilia) citato da MANN nella sua descrizione come primo ad essere raccolto, ♀ di uno di Brussa." Es gibt also einen Lectotypus, dessen Etiketten nicht verraten, ob der Fundort Partinico oder Brussa ist. Baldizzone (1981: 7-8) untersuchte Tiere von Mann aus Brussa und stellte dabei fest, dass Toll (1962) das weibliche Genital richtig abbildete, bei den Männchen aber eine falsche C. laticostella abbildete, die Toll (1943: 89) zudem schon als "Coleophora marianii" beschrieben hatte. Damit ergibt sich für C. laticostella: "Distribuzione: La specie, la cui biológia è sconosciuta, è citata di Sicilia, Bitinia, Palestina, Ponto. Personalmente ritengo sicuro solo la località di Brussa." [Verbreitung: Die Art, deren Biologie unbekannt ist, wird aus Sizilien, Bithynien, Palästina und Pontus genannt. Ich persönlich halte nur den Standort von Brussa für sicher.] Daran scheint sich nichts mehr geändert zu haben, denn bei Baldizzone et al. (2006: 74) heißt es zu C. laticostella: "Baldizzone (1981c: 7) clarified the confusion about the identification and distribution of this species. Distribution. Palearctic: Turkey." Mit dem Lectotypus vergleichbare Genitalien wurden bisher nur in der Türkei gefunden, nicht aber auf Sizilien. Es ist damit sehr wahrscheinlich, das der Lectotypus aus "Brussa" stammt.
"Coleophora marianii" - die "falsche albicostella" - gilt mittlerweile als Synonym von Coleophora fretella, eine schon sehr lange - und auch vor C. albicostella beschriebene Art mit locus typicus beim Leuchtturm von Messina auf Sizilien ... C. fretella kommt auh in der Türkei vor, C. albicostella hingegen anscheinend nur in der Türkei und eben nicht auf Sizilien.
(Autor: Erwin Rennwald)
4.2. Literatur
- Baldizzone, G. (1981): Contribuzioni alia conoscenza dei Coleophoridae. XXIV. Le specie descritte da W. Krone, J. Mann, K. Prohaska, H. Zerny. — Folia entomologica hungarica 42 [n.s. 34] (1): 5-21. [PDF auf publication.nhmus.hu]
- Baldizzone, G. van der Wolf, H. & J.-F. Landry (2006): World Catalogue of Insects 8. Coleophoridae, Coleophorinae (Lepidoptera). 1-215. Apollo Books (Stenstrup).
- Erstbeschreibung: Mann, J. (1859): Verzeichniss der im Jahre 1858 in Sicilien gesammelten Schmetterlinge. — Wiener Entomologische Monatschrift 3: 78-96, 97-106, 161-178, pl. 1.
- Toll, S. (1943): Coleophora marianii spec. nova. — Mitteilungen der Deutschen Entomologischen Gesellschaft, 11: 89-90. [Sekundärzitat]
- Toll, S. (1962): Materialien zur Kenntnis der paläarktischen Arten der Familie Coleophoridae (Lepidoptera). — Acta zoologica cracoviensia, 7: 577-719; 133 pl. [PDF auf isez.pan.krakow.pl]