Version 2 / 6 vom 18. Dezember 2023 um 23:15:50 von Erwin Rennwald
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2. Biologie

2.1. Nahrung der Raupe

Noch unbekannt! Haxaire et al. (2023: 630) äußern aber einen naheliegenden Verdacht: "To the best of our knowledge, the early stages of H. corsica n. sp. have not been described and we have also observed no female specimens in collections. There is little doubt, considering the hostplants of its close relatives and the habitats where specimens were collected that the caterpillars of H. corsica n. sp. feed on pine trees and most likely on the Corsican Pine (Pinus nigra laricio Palib. Ex Maire, 1928). Interestingly, an image of a caterpillar of “Sphinx maurorum” (fig. 7) observed in the municipality of Zonza in Southern-Corsica is publicly available in iNaturalist (https://www.inaturalist.org/observations/132633821). One of the paratypes of H. corsica n. sp. was captured in this same municipality and so there is little doubt that the image represents what looks like a fully-grown caterpillar of this species." Das Bild zeigt eine braune Raupenform.

(Autor: Erwin Rennwald)

3. Weitere Informationen

3.1. Taxonomie und Faunistik

Es war alles einmal so einfach: Sphinx pinastri, von Linné (1758) beschrieben, war unverwechselbar und kam von Spanien bis Schweden und ostwärts bis Ostasien vor. Die Art wurde in eine Reihe geographischer Unterarten zerlegt, neben der nord-, mittel-, west- und osteuropäisch verbreiteten Nominatunterart u.a. ssp. morio Rothschild & Jordan, 1903 aus Japan und ssp. maurorum Jordan, 1931 aus Spanien. Später wurden alle drei genannten Taxa zu Arten erklärt: Sphinx pinastri Linnaeus, 1758, Sphinx morio (Rothschild & Jordan, 1903) und Sphinx maurorum (Jordan, 1931) bzw. - in eine eigene Gattung gesteckt - Hyloicus pinastri (Linnaeus, 1758), Hyloicus morio Rothschild & Jordan, 1903 und Hyloicus maurorum Jordan, 1931. Die Gattung Hyloicus wurde später wieder mit Sphinx synonymisiert - nicht alle Forscher erkannten dies an, und auch Haxaire et al. (2023) glauben, Hyloicus als Gattung verteidigen zu müssen. Sie begründen das damit, dass Sphinx" s.l. sonst nicht monophyletisch wäre - aber das ließe sich auch dadurch lösen, dass Isoparce und Lapara als weitere Synonyme in Sphix integriert würden. Doch es geht hier nicht primär um die Berechtigung von Hyloicus als Gattung. [Im Lepiforum bleiben wir bei Sphinx, müssen hier für die neue Art also eine Neukombination vornehmen.]

Haxaire et al. (2023: 622) schrieben: "In the present paper, we first give an historical account of the species forming the “H. pinastri-complex” within genus Hyloicus. This complex comprises three species distributed over the entire Palaearctic region, from western Europe to the Japanese archipelago: H. pinastri, H. maurorum and H. morio Rothschild & Jordan, 1903. We carefully investigated the nomenclatural status of these species and relevant synonyms, with reference to type specimens the status of which is also discussed. All three species are almost indistinguishable on the basis of adult habitus, and are here considered as representatives of a single, monophyletic lineage that has undergone recent diversification in the Palaearctic." Okay, äußere Merkmale helfen wenig bei der Trennung der Taxa - aber es gibt auch noch die Genitalien. Und da unterscheiden sich "Hyloicus pinastri" und "Hyloicus maurorum" zumindest bei den Männchen doch ziemlich auffällig ! Und was sagt die Genetik dazu ? Die Unterschiede beim COI-Barcoding sind gering, aber doch vorhanden. In der Tabelle von Haxaire et al. (2023: 632) wird ein Mindestabstand von lediglich 1,1 % zwischen H. pinastri und H. maurorum gemeldet, bei innerartlichen Varianzen von 0,6 bzw. 0,5 %. Das ist kein Beweis für Artglichheit, spricht aber eher für den Status als Unterarten einer einzigen Art. Jetzt kommen Fragen zu gemeinsamen Vorkommen der Taxa auf (die für getrennten Artstatus sprechen würden) und Fragen zu Übergangszonen mit Hybriden (die je nach Ausdehnung für die ein oder andere Interpretation sprechen würden). Und da wird es spannend: die typischen Männchen-Genitalien schienen bisher klar getrennt: maurorum auf der Iberischen Halbinsel und im direkten Mediterranbereich Südfrankreichs, sonst in Europa S. pinastri. Und dann wurde S. maurorum per Barcoding bei einem Männchen aus Nord-Italien festgestellt - während das Genital dieses Exemplars zu S. pinastri gehörte. Und auch aus der Schweiz gibt es mittlerweile mitochondriale S. maurorum-DNA aus Fledermauskot. In Südwestfrankreich ist S. pinastri verschwunden und wurde durch S. maurorum ersetzt. Verschieben sich hier die Areale von 2 Arten klimawandelbedingt ? Oder schluckt eine Unterart die andere auf ? Noch ist Vieles unklar.

Im Übrigen liegt auch der Barcoding-Abstand zwischen der japanischen "H. morio" und den beiden europäischen Taxa bei leicht unter 2 % - es ließe sich also alles in eine Art integrieren.

Vor diesem Hintergrund sind jetzt die Beobachtungen aus Korsika zu sehen. Eigentlich wäre hier eher "H. maurorum" zu erwarten, aber die Männchen-Genitalien sprachen hier eindeutig für "H. pinastri" - und zwar nicht bei einem Tier, sondern bei etlichen. Die von Haxaire et al. (2023: 632) vorgelegten Barcoding-Ergebnisse verblüffen: Sie zeigen Abstände von 2,9 % zu "H. pinastri", 3,2 % zu "H. maurorum" und 3,6 % zu "H. morio" - wenn die anderen drei Taxa Artberechtigung haben, dann gilt das für die Tiere aus Korsika erst Recht (9 Exemplare von 4 Fundorten zeigen eine innerartliche Varianz von 0,1 % auf). Aber kann es sein, dass so flugstarke Tiere Inselendemiten so nahe am europäischen Festland ausbilden können ? Schwer vorstellbar, aber sicher nicht unmöglich. Ist dieses Ergebnis eindeutig ? Oder könnte hier doch auch die Verwendung eines anderen Protokolls bei der Barcode-Ermittlung mitgespielt haben ? Und wohin gehören die Tiere von Sardinien ? Und gibt es auf Korsika keine Introgression von "H. pinastri und H. maurorum ? Noch sind hier viele Fragen ungeklärt. Und einen Zwang dafür, dass das eine eigene Art sein muss, sehe ich trotz allem noch immer nicht. In diesem ganzen Komplex muss wohl doch auch die Kern-DNA mit in die Untersuchungen einbezogen werden - und Zuchtversuche sind sicher auch nicht uninteressant.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.2. Literatur

  • Erstbeschreibung: Haxaire, J., Melichar, T. & R. Rougerie (2023): Notes on the use of genus Hyloicus Hübner, 1819, with the description of a new species of the “H. pinastri complex” from Corsica (Lepidoptera, Sphingidae). — Bulletin de la Société entomologique de France, 128 (4): 621-634. https://doi.org/10.32475/bsef_2299. [PDF auf lasef.org]