Sonderegger, P. (2005): Die Erebien der Schweiz (Lepidoptera: Satyrinae, Genus Erebia). – 712 S.; Brügg bei Biel (Verlag: Peter Sonderegger).

Preis: 140 Franken (Schweiz) bzw. 90 € (Sonstige), jeweils zzgl. Porto. Prospekt und Bezugsadresse siehe: [http://www.schmetterlinge.ch/buecher/erebien_der_schweiz.pdf]

Besprechung von Erwin Rennwald

Die Zusammenfassung im Band sagt aus technischer Sicht eigentlich fast alles: „Es werden 26 Arten des Genus Erebia (Lepidoptera: Satyrinae) abgehandelt. Zuerst werden Aspekte über Morphologie und Ökologie von Ei, Raupe, Puppe und Imago beschrieben (46 Seiten). Dann folgen einige Erkenntnisse zur Verbreitung/Zoogeografie (37 Seiten). Erstmals werden kalkliebende Arten und nacheiszeitliche Rückwanderungswege sowie sich ausschliessende Arten erkannt. Im Kapitel Systematik / Klassifikation / Taxonomie werden spezifische und infraspezifische Kategorien sowie individuelle und geografische Variation dargestellt und beschrieben (30 Seiten). Dann werden die 26 Arten der Schweiz abgehandelt (459 Seiten) und zwar nach folgendem Muster: Taxa, Identifikation, individuelle und geografische Variation, Klassifikation / Nomenklatur, Verbreitung mit 5 km-Netz-Karte, Lebensräume, jahreszeitliche Entwicklung, Ei, Raupe, Puppe, Literatur und Gefährdung der Art. Die Imagines werden auf 50, die Raupe auf 8 und die männlichen Genitalstrukturen auf 15 Tafeln (farbig und schwarzweiss) dargestellt. Am Schluss folgen Literatur und Stichwortverzeichnis. 712 Seiten, über 500 Strichzeichnungen, 115 Karten, 73 Tafeln.“

Eigentlich sollte dieser Band nach 20 Jahren Forschung 1986 erscheinen – doch dann wurde Peter Sonderegger genötigt, die Erebien (und mehr) am schweizerischen Tagfalterband über „Schmetterlinge und ihre Lebensräume“ zu übernehmen. Nachdem jener Band 1988 erschien, war klar, dass P. Sonderegger erst einmal die Hesperiiden für Band 2 jener Reihe übernehmen sollte; und auch mit Band 3 war er wieder mehr als beschäftigt. Aber dann fand er wieder Zeit. Und Ende 2005 war der Band endlich zu bekommen. Zu einem für die Ausstattung und ohne Förderung von außen schon fast unverschämt günstigen Preis.

Peter Sonderegger und Erebien? Peter hat nur wenige kleine Artikel zu dieser Gattung veröffentlicht. Und dass er die Erebien im Schweizer Tagfalterband von 1988 bearbeitet hat, wissen auch nur Insider oder solche, die genau hinsehen und kombinieren. Und trotzdem war seit Jahrzehnten klar: wer in Mitteleuropa über Erebien arbeitet, tut gut daran, Peter Sonderegger „anzuzapfen“. Im Vorwort, lässt er den Leser ein bisschen in sein Inneres blicken: „Als 13-jähriger Knabe war ich begeistert von den Schmetterlingswerken von Seitz und Eckstein und mit etlichem Stolz habe ich bei meinen Schülervorträgen am Progymnasium Thun das Versprechen abgegeben, dass ich später auch solche Bücher verfassen und auch solche Abbildungen wie mein Ururgrossvater, der bekannte appenzellische Maler Johann Ulrich Fitzi (1798-1855), liefern werde. Hiermit wäre das Versprechen eingelöst, reichlich spät …“. Und er fragt selbst: „Was bringt die vorliegende Arbeit, die nun auf über 700 Seiten angewachsen ist? Sie bringt sicher mehr als 100 Einzelpublikationen, die gleichwohl nie ein Ganzes ergeben, jedoch meinen Namen stets präsent gehalten hätten.“ Ja, das ist es, was diese Arbeit so wohltuend von vielem abhebt, was heute als Massenware nur aus letzterem Grund auf den Markt kommt. Da wurde fundiert recherchiert, ohne Zeitdruck, da wird nichts aufgebläht. Und weiter: „Für Freizeitentomologen und Spezialisten sollen hier einige Fakten hervorgehoben werden, die mir bei der 40-jährigen Forschungsarbeit besonders Freude gemacht haben oder mir als besonders wertvoll erscheinen: in der Faunistik wurde ein ganz besonderer Beitrag erreicht; viele Verbreitungskarten haben reichlich Futter erhalten! Sehr viel Genugtuung haben die Feldbeobachtungen gebracht, insbesondere das Auffinden der nachtaktiven Raupen, das Ermitteln von Präferenzen der Nahrungspflanzen und Habitaten aber auch das Abbilden und Beschreiben von Ei, Raupe und Puppe. Besondere Leckerbissen waren natürlich die Erstbeschreibungen und die knifflige Ermittlung der jahreszeitlichen Entwicklung aller Arten“. Dass die Bearbeitung der Erebien nicht nur unendliche Geduld (wer hat die heute schon noch?) bei den Zuchten forderten, sondern auch sonst anstrengend waren, wird nicht verheimlicht: „Sehr spannend war jeweils das Kartieren der Grenzen zwischen Unterarten und das Einpeilen der Kontaktstellen der Arten aus der Erebia tyndarus-Gruppe, was meistens mit einem physischen Härtetest verbunden war, liegen diese Flächen doch weit ab von Gebirgspfaden.“

Und noch eines wird uns verraten: „Beruhigend war immer das Zeichnen von Ei, Raupe und Puppe sowie das Erstellen der vielen Grafiken …“ Das merkt man den minutiös genauen Bildern auch an, sie wurden ohne Zeitdruck und mit viel Liebe erstellt.

Mein Fazit: Wer sich mit Erebien beschäftigt und meint, an diesem Buch sparen zu können, ist selbst Schuld.

Auch wenn Peter Sonderegger noch keineswegs alt und sehr rüstig ist und sicher noch manche interessanten Ergebnisse zusammentragen wird: es ist hier nicht übertrieben, von seinem „Lebenswerk“, ja seinem „Vermächtnis“ zu schreiben. Ich bin gespannt, ob Peter sehr bald einen Nachdruck zur kleinen Auflage (300 Exemplare) vorlegen muss, weil die Nachfrage zu groß wird, oder ob es bei der kleinen Auflage bleibt und die Exemplare in 30 Jahren dann nur noch zum absoluten Liebhaberpreis zu bekommen sind.