Version 2 / 5 vom 23. November 2023 um 7:47:49 von Erwin Rennwald
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2. Biologie

2.1. Nahrung der Raupe

  • [Asteraceae:] Jacobaea maritima [= Senecio cineraria, Cineraria maritima] (Weißfilziges Greiskraut, Silber-Greiskraut, Silberfarbiges Greiskraut, Zweifarbiges Greiskraut)

Nolcken (1882: 183-184) stellte bei der Besprechung von "Eudemis Quaggana Mnn. - jetzt Lobesia quaggana - fest: "Am 10./22. April sammelte ich nach Milliere's Anleitung auf St. Marguerite an den dort in der Gegend der alten runden Thurmruine am Meeresufer zwischen Klippen häufige Büschel von Cineraria maritima mit einer Anzahl halb- und ganz erwachsener Raupen seiner Quaggana Icon. III, p. 420, t. 152, fig. 4—7. Schon nach 10 Tagen am 2. Mai erschienen 2 Stücke, und später kamen noch einige; die meisten Raupen jedoch kamen um, da ich ihnen auf der Reise kein Futter reichen konnte." Es waren die Raupen seiner neuen Art: "Eudemis cinerariae".

Varenne & Nel (2023: 357) an der selben Pflanzenart, die sie unter dem nicht mehr ganz aktuellen Namen Senecio cineraria führen.

Die nahe verwandte Lobesia helichrysana scheint hingegen an Helichrysum-Arten gebunden zu sein.

(Autor: Erwin Rennwald)

3. Weitere Informationen

3.1. Etymologie (Namenserklärung)

Nolcken (1882: 183-184) fand seine Raupen an "Cineraria maritima".

3.2. Andere Kombinationen

  • Eudemis cinerariae Nolcken, 1882 [Originalkombination]

3.3. Taxonomie

Nolcken (1882: 183-184) verglich seine neue Art, die er auf der Insel St. Marguerite 2 km südlich von Cannes fand, sowohl mit Lobesia quaggana als auch mit Lobesia helichrysana und kam zum Schluss, dass sie mit keiner der beiden identisch ist. Er stellte bei der Besprechung von "Eudemis Quaggana Mnn." - jetzt Lobesia quaggana - fest: "Am 10./22. April sammelte ich nach Milliere's Anleitung auf St. Marguerite an den dort in der Gegend der alten runden Thurmruine am Meeresufer zwischen Klippen häufige Büschel von Cineraria maritima mit einer Anzahl halb- und ganz erwachsener Raupen seiner Quaggana Icon. III, p. 420, t. 152, fig. 4—7. Schon nach 10 Tagen am 2. Mai erschienen 2 Stücke, und später kamen noch einige; die meisten Raupen jedoch kamen um, da ich ihnen auf der Reise kein Futter reichen konnte." Aber er fand doch auch eine längere Reihe von Unterschieden seiner Tiere gegenüber jener Art. Und dann kommt es: "Da Quaggana Mnn. nach seiner Angabe wahrscheinlich auch eine ganz verschiedene Nährpflanze, nämlich Elichrysum angustifolium hat, so möchte ich Milliere's Art für specifisch verschieden halten und sie Cinerariae nennen." Er führt weiter aus: "Herrich-Schäffer's fig. 352 und 353 zeigen, daß dieselbe weder zu Indusiana Z., noch zu Porrectana Z. gehören kann. Vor mehreren Jahren erhielt ich von Staudinger als Quaggana Mn. ein aus Frankreich (Landes) stammendes Pärchen. Genau dieselbe Art, gleichfalls aus den Landes, besaß Constant als Quaggana Mn. und war so freundlich, mir zwei Stücke derselben zu überlassen bei der Mittheilung, daß dieselbe ganz verschieden von Quaggana Mill. und von einer Elichrysum-Art erzogen sei, weshalb sie vielleicht die ächte Mann'sche Art sein könnte, was ihm aber Ragonot verneint und zugleich vorgeschlagen habe, diese Art Elichrysana zu nennen. Auch ich finde diese Art specifisch verschieden von Quaggana Mn. Ich kann von dem Zeichnungstypus dieser letzteren bei meinen 4 Elichrysana Rag. kaum Spuren ganz lichter Andeutungen finden, und ihre Färbung ist ein reines Aschgrau, ohne den bräunlichen Ton der Quaggana. Ebenso wenig macht sie den Eindruck des Buntscheckigen meiner Cinerariae, ist düsterer aschgrau, mit viel weniger Weiß, mit auffallend scharfer, dunkler (bei einem Exemplar in dichtstehende Punkte aufgelösten) Saumlinie. Auch ihre Htfl. sind düsterer aschgrau. An der Costa stehen 4 Paare undeutlicher, weißlicher Häkchen, deren innerstes ein Doppelpaar ist. Die weißliche Grundfarbe wird fast überall durch schlechtbegrenzte, schattenartige, mehr oder weniger dunkle, aschgraue Gebilde verdeckt, die so verworren und verwaschen in einander übergehen, nur stellenweise einige auffallendere Flecke bildend, daß ich daran verzweifle, sie einigermaßen erkennbar zu beschreiben. Wenn diese Art nicht mit der mir ganz unbekannten Fuligana Haw. (Cat. Staudinger & Wocke No. 1021) zusammenfällt, so wäre der Name Elichrysana passend."

Lobesia cinerariae galt lange Jahre als eigenständige Art, so auch noch mit eigener K+R-Nummer in der Europaliste von Karsholt & Razowski (1996). Dann kam die Synonymisierung, zu der Varenne & Nel (2023: 357) schrieben: "Actuellement, la plus grande confusion règne : alors que Razowski (2003) place L. helichrysana (espèce n° 32) comme synonyme junior de L. cinerariae, les sites internet consultés font exactement l'inverse ; cette dernière position s'explique par l'antériorité de la description, helichrysana datant de 1879 alors que cinerariae a été décrite en 1882." Varenne & Nel (2023: 357) verraten schon im Titel ihrer Arbeit, was sie von dieser Synonymisierung halten: nichts! Sie kommen zum Schluss: "Lobesia cinerariae (Nolcken, 1882) bona species, stat. restaur.".

Doch die Datenlage ist nicht einfach. Die von Varenne & Nel (2023: 358) herausgearbeiteten Genitalunterschiede sind gering. Die Unterschiede im Erscheinungsbild der Falter sind nachvollziehbar, aber eine eindeutige Abgrenzung ist auch hier schwierig. Der Blick auf die Stirn scheint da mehr Klarheit zu bieten: grau mit zweifarbigen Schuppen (Basis beige, Spitze weiß) bei L. helichrysana bzw. rein weiß bei L. cinerariae. Und was sagt die Genetik ? Beim Barcoding gezüchteter Falter wurde ein Abstand von 1,1 % ermittelt - also deutlich weniger als die 2 %, die man als Orientierung zur Unterscheidung von Arten fordert. Was macht die Autoren da so sicher, es mit getrennten Arten zu tun zu haben ? Nun, schon Nolcken (1882) hatte mit unterschiedlichen Raupennahrungspflanzen argumentiert, und Varenne & Nel (2023: 358) schließen sich hier an. Die blassgelben Raupen mit kastanienbrauner Kopfkapsel, die sie an Senecio cineraria gefunden haben, machen doch einen ganz anderen Eindruck als die grauen Raupen mit glänzend schwarzem Kopf, die an Helichrysum zu finden sind. So wie es aussieht, haben wir es in der Tat mit zwei biologisch getrennten Arten mit zwar kleinen, aber dennoch klaren morphologischen Unterschieden zu tun. Für mich ist die Zurückweisung der Synonymisierung hier voll überzeugend.

3.4. Faunistik

Nolcken (1882: 183-184) hatte seine neue Art als Raupe auf der französischen Mittelmeerinsel St. Marguerite 2 km südlich von Cannes gefunden. Varenne & Nel (2023: 357) nennen die eigenen Fundorte nicht, es ist aber klar, dass auch diese von der französischen Mittelmeerküste stammen.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.5. Literatur

  • Erstbeschreibung: Nolcken, J.H.W. (1882): Lepidopterologisclie Notizen. — Entomologische Zeitung, 43 (10-12): 173-201. Stettin. [PDF auf zobodat.at]
  • Varenne, T. & J. Nel (2023): Lobesia helichrysana (Ragonot, 1879) et L. cinerariae Nolcken, 1882), deux espèces bien distnctes (Lepidoptera, Tortricidae, Olethreutinae). — Revue de l'Association Roussillonnaise d'Entomologie, 32 (5): 357-359.