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Falter
Raupe
Puppe
Männchen
Weibchen
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Raupe

1.3. Puppe

2. Diagnose

2.1. Männchen

2.2. Weibchen

2.3. Unterscheidungsmerkmale Hadena bicruris und Hadena capsincola

Die Auftrennung von Hadena bicruris in die beiden Taxa Hadena bicruris (Hufnagel, 1766) (Typenfundort: Berlin) und Hadena capsincola ([Denis & Schiffermüller], 1775) (Typenfundort: Wien) geht auf Hacker (1996) zurück. Vorher wurde H. capsincola als Synonym von H. bicruris betrachtet.

Hacker hat herausgefunden, daß alle Weibchen westlich einer Linie, die ganz grob von der Ostsee zur Adria verläuft, lange Gonapophysen (Apophyses posteriores und A. anteriores) im Ovipositor haben, alle Weibchen östlich davon deutlich kürzere. Die wirkliche Länge läßt sich nicht ermitteln, da die Abbildungen in Hackers Arbeit nicht mit Maßstab versehen sind; auf den abgebildeten Zeichnungen beträgt die gemessene Länge der Apophysen in mm [jeweils auf Fünferstellen abgerundet]:

bei H. bicruris: AP: 80 (2), 85 (3), 90 (2), 95 (1); AA: 25 (3), 30 (5).

bei H. capsincola: AP: 60 (1), 65 (1), 70 (5), 75 (1); AA: 15 (1), 20 (4), 25 (3).

AP = Apophyses posteriores von der Spitze der Papillae anales bis zum Ende der Apophysen

AA = Apophyses anteriores von der Ansatzstelle bis zum Ende der Apophysen

In Klammern die Anzahl der Präparate. Es sind je 8 Weibchen abgebildet.

Und dies sind die kompletten Unterschiede laut Hacker (1996: 38-40):

Hadena bicruris

"Spannweite 33-37 mm, bräunlich, z.T. hellbräunlich bis dunkelbraun. Ring- und Nierenmakel fein gelblich-weiß umrandet. Ringmakel meist rund bis leicht oval und groß. Zapfenmakel (schwarzbraun) distal gelblich-weiß umrandet und gut abgesetzt. Subterminale [= Wellenlinie] ebenfalls gelblich-weiß und deutlich."

Variationsbreite

"Relativ gering, einzelne Tiere sind dunkelbraun "übergossen", einzelne Stücke in verschiedenen Vorderflügelbereichen stärker aufgehellt."

Männliche Genitalien

"Chitinleiste an der Vesica nicht oder nur schwach angedeutet. Cornutibüschel etwas stärker als bei H. capsincola".

Weibliche Genitalien

"Gonapophyses lang, länger als bei den anderen Arten der Gruppe und gut als Unterscheidungsmerkmal geeignet. Appendix bursae nur angedeutet."

Hadena capsincola

"Kleiner als H. bicruris, Spannweite 26-34 mm, meist 30-32 mm. Grundfarbe schwarz-bräunlich, Ring- und Nierenmakel fein gelblich-weiß umrandet und gut erkennbar, ebenso Subterminale. Ringmakel meist leicht bis stärker oval, in einigen Fällen auch zusammengedrückt, meist kleiner als bei H. bicruris. Zapfenmakel (schwarzbraun) distal gelblich-weiß umrandet und gut abgesetzt. Unterseite meist gräulicher als bei H. bicruris."

Variationsbreite

"Größer als bei H. bicruris, neben aufgehellten und bräunlichen Exemplaren (vergleichbar mit H. bicruris; bevorzugt aus Vorderasien) kommen vor allem in Nordeuropa und Zentralasien stark schwärzlich verdunkelte Stücke mit sehr "graziler" Zeichnung vor. Stücke aus dem Kaukasusraum sind teilweise sehr klein und mehr bräunlich, teilweise aufgehellt mit dadurch auffallend dunklem Zapfenmakel."

Männliche Genitalien

"Chitinleiste an der Vesica meist gut ausgeprägt; Cornutibüschel meist etwas schwächer und kürzer als bei H. bicruris"

Weibliche Genitalien

"Apophyses posteriores und anteriores kürzer als bei H. bicruris und gut als Unterscheidungsmerkmal geeignet, Appendix ebenfalls nur angedeutet, jedoch deutlicher als bei H. bicruris."

Die für H. bicruris genannten östlichsten Fundorte genitaluntersuchter Tiere sind:

D, Berlin, Lichtenrade

D, NS, Braunschweig

D, BAY, Fränk. Jura, Pottenstein

D, BAY, Unterfranken, Gambach/Main

D, BAY, Unterfranken, Hollstadt/Frän. Saale

D, BAY, Nordbayern, Staffelberg

D, BW, Fetsachmoos

(ferner Algerien, Marokko, Spanien, Frankreich, Italien, Sardinien, England, Dänemark.)

Die für H. capsincola genannten westlichsten Fundorte genitaluntersuchter Tiere sind:

D, BAY, Mittenwald, NWR Wettersteinwald

D, S, "Sachsen"

A, Kärnten, Sachsenburg

(ferner Ungarn, Estland, Finnland, Kroatien, Bosnien, Mazedonien, Griechenland sowie vorder- und zentralasiatische Länder.)

Im Noctuidae-europaeae-Band 4 werden im wesentlichen diese Angaben wiederholt, zusätzlich gibt es noch folgende Angabe für das männliche Genital: "Valva of Hadena capsincola broader, its ventral margin medially angled while valva of H. bicruris is narrower, its ventral margin smoothly curved; harpe of H. capsincola somewhat longer than in its relative although on average short and borad in both species."

Offensichtlich handelt es sich hier um einen Fall, in dem der gemeinsame Vorfahr von H. bicruris und H. capsincola durch die letzte Kaltzeit (Würmglazial) in Refugialgebiete im Südwesten (NW-Afrika, SW-Europ) und im Südosten (Vorder-/Zentralasien) aufgespalten wurde und sich in der Isolation differenziert hat. Bei der späteren Wiederbesiedlung Europas sind H. bicruris und H. capsincola in Deutschland, Österreich und Norditalien wieder zusammengetroffen. Ob sie sich an dieser Verbreitungsgrenze vermischen können und somit als Subspezies angesehen werden sollten, oder ob sie sich nicht oder kaum vermischen und somit als getrennte Arten angesehen werden sollten, ist unbekannt. Ein analoges Beispiel bieten Pyrgus malvae und P. malvoides.

Bisher hat sich leider noch niemand dazu bereit gefunden, zu untersuchen,

1. ob und wie sich die beiden Taxa molekulargenetisch unterscheiden,

2. ob es an den postulierten Verbreitungsgrenzen der beiden Taxa Übergänge in der Gonapophysenlänge gibt, ob also eine Übergangszone besteht, innerhalb derer die Taxa hybridisieren oder nicht,

3. wie überhaupt der genaue Verlauf der Verbreitungsgrenze ist,

4. ob sich die Entwicklungsstadien, insbesondere die Raupen, unterscheiden,

5. ob sich die Biologie unterscheidet (Nahrungspflanzenpräferenzen, Flugzeiten usw.).

(Text: Axel Steiner [Forum])

Hinsichtlich Punkt 1 gibt es mittlerweile Hinweise. Haslberger & Segerer (2016) lassen zu H. capsincola wissen: "Artliche Eigenständigkeit nach unserer Auffassung bisher unzureichend belegt, insbesondere auch im DNA-Barcode identisch mit H. bicruris (Mutanen, pers. Mitteilung), möglicherweise Synonym."

(Autor der Ergänzung: Erwin Rennwald)

3. Weitere Informationen

3.1. Etymologie (Namenserklärung)

capsa Kapsel, incola Bewohner, wegen der Lebensweise der Raupe.

(Spuler 1908)

3.2. Andere Kombinationen

3.3. Synonyme

3.4. Faunistik

Nach der [Fauna Europaea] kommt die Art in Albanien, Österreich, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Lettland, Litauen, Luxemburg, Mazedonien, Polen und Rumänien, im euroäpischen Teil Russlands, Schweden, Jugoslawien und in der Ukraine vor.

3.5. Verbreitung

Über die Verbreitung von Hadena bicruris und Hadena capsincola in Ungarn. [PDF] von S. Simonyi

3.6. Literatur