1. Lebendfotos
1.1. Falter
1.2. Kopula
1.3. Ssp. orientalis
1.4. Eiablage
1.5. Ausgewachsene Raupe
1.6. Jüngere Raupenstadien
1.7. Puppe
1.8. Ei
2. Diagnose
2.1. Ssp. orientalis
2.1.1. Männchen
Grundsätzlich sehen sich alle Perlmuttfalterarten mehr oder weniger ähnlich. Ein genauer Blick auf die Zeichnung, speziell der Hinterflügel-Unterseite, grenzt die Zuordnung aber sehr schnell stark ein, so daß nur noch ein oder zwei Arten in Betracht kommen. Fabriciana niobe ist F. adippe sehr ähnlich. Beim ♂ letztgenannter Art, wirken die Hauptadern auf der Vorderflügel-Oberseite durch breite Duftschuppenstreifen stark verdickt, ein Merkmal, das F. niobe fehlt. Beim ♀ von F. niobe schließlich, ist die Spitze des Vorderflügels meist mehr oder weniger stark aufgehellt, die dunklen Zeichnungselemente oberseits sind, speziell entlang der Flügeladern, ausgeprägt. Gebietsweise, so z. B. in Skandinavien, kann ersteres Erkennungszeichen aber auch fehlen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die etwas unterschiedlich gezeichnete Hinterflügel-Unterseite. Beide Arten können in einer Variante mit und ohne Perlmuttflecken auftreten. Bei F. niobe aber befindet sich an der Basis der Hinterflügel-Unterseite stets ein kleiner, heller, meist schwarz gekernter Fleck. Der schwarze Kern fehlt F. adippe (fast) immer. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal findet sich an der Basis von Zelle 5 (zwischen Ader M1 und M2) auf der Hinterflügel-Unterseite. Diese Basis ist bei F. niobe stets hell, also je nach Farbmorphe silberweiß oder hellgelb gefärbt. Bei F. adippe ist die Zellbasis meist braun.
2.2. Unterscheidungsmerkmale in der Gattung Argynnis s.l. (inkl. Speyeria und Fabriciana)
Oberseite ♂ | Oberseite ♀ | Unterseite | Unterscheidungsmerkmale | |
A. paphia | Oberseite 1 - bei ♂ 4 Duftschuppenstreifen auf M3, Cu1, Cu2 und A 2 - relativ große Postdiskalflecken 3 - bei ♀ Diskalflecken getrennt 4 - i.d.R. ohne Schimmer (außer bei f. valesina) Unterseite 5 - Vorderflügel bräunlich 6 - durchgehender, meist deutlicher Silberstreifen | |||
A. pandora | Oberseite 1 - bei ♂ 2 Duftschuppenstreifen auf Cu1 und Cu2 2 - relativ kleine Postdiskalflecken 3 - bei ♀ Diskalflecken meist verbunden 4 - grünlicher Schimmer Unterseite 5 - Vorderflügel orangerot, kardinalrot 6 - Silberstreifen oft nur schwach ausgeprägt, manchmal unterbrochen | |||
S. aglaja | Oberseite 1 - bei ♂ meist 2-3 undeutliche Duftschuppenstreifen, manchmal auf Cu2 und A verstärkt 2 - bei ♀ Apex meist aufgehellt 3 - bei ♀ vereinzelt blaugrüne Bestäubung Unterseite 4 - postdiskale Fleckenreihe fehlt 5 - grüne Bestäubung | |||
F. adippe | Oberseite 1 - bei ♂ 2 deutliche Duftschuppenstreifen auf Cu1 und Cu2 2 - bei ♀ Apex nicht aufgehellt 3 - ♀ nie mit blaugrüner Bestäubung Unterseite 4 - weiße, braungerandete Postdiskalflecken 5 - meist kleiner (oft fehlender) weißer Fleck an Basis der Hinterflügel, extrem selten schwarz gekernt 6 - Marginallinie undeutlich 7 - bei ♀ 3 Perlmuttflecken im Apikalbereich | |||
F. niobe | Oberseite 1 - bei ♂ fehlende oder 2 undeutliche Duftschuppenstreifen auf Cu1 und Cu2 2 - bei ♀ Apex meist aufgehellt 3 - bei ♀ oft blaugrüne Bestäubung Unterseite 4 - weiße, braungerandete Postdiskalflecken 5 - weißer, oft schwarzgekernter Fleck an Basis der Hinterflügel 6 - deutliche Marginallinie | |||
A. laodice | Oberseite 1 - bei ♂ 2 Duftschuppenstreifen auf Cu2 und A 2 - Diskalflecken rund/oval 3 - bei ♀ meist kleiner weißer Fleck in Gabelung von R4 und R5 Unterseite 4 - braunrote bis violette Grundfärbung im Außenbereich der Hinterflügel 5 - grünliche bis gelbliche Grundfarbe im Innenbereich der Hinterflügel |
(Farbtafeln und Text: Jens Philipp)
2.3. Ähnliche Arten
2.4. Erstbeschreibung
3. Biologie
3.1. Habitat
Der Mittlere Perlmuttfalter löst sich noch etwas mehr vom Wald, als die anderen größeren Perlmuttfalterarten. Er fliegt meist auf mageren Wiesen, die in oder in der Nähe von Wald liegen, aber auch weit von diesem entfernt sein können. Vereinzelt kann man ihn am Rande von Hochmooren oder auf Feuchtwiesen finden, meist sind jedoch trockene Wiesen sein Lebensraum. An Nord- und Ostsee findet man ihn oft in den Küstendünen. In Norddeutschland und in Osteuropa im Flachland, nach Süden und Westen zu aber immer mehr im Gebirge. Er meidet in Mitteleuropa wärmere Klimagebiete und fühlt sich in kühleren Regionen mit rauhen Wintern deutlich wohler. Erstaunlich daher, daß man ihn im Mittelmeerraum auch an ausgesprochen trockenheißen Stellen finden kann. In den Alpen und den Gebirgen Südeuropas steigt F. niobe bis auf 2500 m.
3.2. Lebensweise
Aufgrund ihrer unterschiedlichen Standortansprüche fliegt die Art in Südeuropa oft schon Anfang Mai, weiter im Norden selten vor Ende Juni und je nach Höhenlage bis Ende August oder Anfang September.
Wie bei F. adippe, werden auch bei F. niobe die Eier nicht an die Nahrungspflanze, sondern an meist trockene Pflanzenteile in deren Nähe abgelegt. Denn auch die Raupe dieser Art überwintert fertig ausgebildet im Ei und schlüpft dann erst im Frühjahr. Die Raupe frisst an Veilchen, wobei es jedoch noch weitgehend unbekannt ist, an welchen. Eine häufige Nahrungspflanze ist das Rauhhaarige Veilchen (Viola hirta), aus Israel ist Viola modesta bekannt geworden, aus niederländischen Küstendünen Viola canina. Sehr wahrscheinlich werden aber auch noch andere Veilchenarten befressen.
(Autor: Jürgen Hensle)
Auf den ostriesischen Inseln findet man Raupen nur an solchen Stellen, wo Veilchen auf Moos wachsen. Weil die bodennahen Temperaturen auf den niedrig bewachsenen Graudünen nämlich tagsüber recht hoch werden können, müssen die Raupen die Möglichkeit haben, sich vor Austrocknung zu schützen.Als Raupenwirtspflanzen werden hier Viola tricolor und Viola canina genutzt [Carsten Heinecke im Forum].
4. Weitere Informationen
4.1. Etymologie (Namenserklärung)
„griechischer Frauenname.“
4.2. Andere Kombinationen
- Papilio niobe Linnaeus, 1758 [Originalkombination]
- Argynnis niobe (Linnaeus, 1758) [bis De Moya et al. (2017) meistgebrauchte Kombination]
4.3. Synonyme
- Argynnis herse (Hufnagel, 1766)
- Papilio pelopia Borkhausen, 1788
- Papilio cleodoxa Esper, 1789
- Argynnis eris Meigen, 1829
- Argynnis erispallida Collier, 1933
4.4. Unterarten
- Fabriciana niobe gigantea Staudinger, 1871 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe orientalis (Alphéraky, 1881) [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe tekkensis (Christoph, 1893) [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe ornata Staudinger, 1901 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe voraxides Reuss, 1921 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe changaica Reuss, 1922 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe intermedia Reuss, 1925 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe valesinoides Reuss, 1926 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe kurana Wyatt & Omoto, 1966 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe shiva Wyatt & Omoto, 1966 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe demavendis Gross & Ebert, 1975 [Unterart nach funet.fi]
- Fabriciana niobe khusestana Gross & Ebert, 1975 [Unterart nach funet.fi]
4.5. Taxonomie
De Moya et al. (2017) kommen in ihrer sehr umfassenden Studie zum wenig überraschenden Ergebnis, dass die derzeitige Aufteilung in eine amerikanische Gattung Speyeria und eine europäische-asiatische Gattung Argynnis so nicht haltbar ist. Sie kommen zum Schluss, dass man die Arten alle in einer weit gefassten Gattung (die dann Argynnis hieße) zusammenfassen müsste, oder aber die Arten auf drei Gattungen (Argynnis, Fabriciana, Speyeria) zu unterteilen hätte. Die Entscheidung aus europäischer (und wohl auch asiatischer) Sicht wäre die für eine einzige Gattung, die aus nordamerikanischer Sicht für drei Gattungen unter Beibehaltung von Speyeria. Wörtlich: "In our opinion, there are only two ways to interpret the topology for a robust classification: either the entire clade is considered to be the genus Argynnis or the three strongly supported clades can be considered as the genera Argynnis, Fabriciana and Speyeria." Was verspricht die größte nomenklatorische Stabilität? In Amerika spielen viele Speyeria-Arten im amtlichen Naturschutz eine wichtige Rolle – man darf diese Namen nicht einfach verschwinden lassen. Also: "When considering these two alternatives, we need to take into account issues of stability. The current recommendation is for the entire clade to be called Argynnis (Simonsen et al., 2006), yet in North America Speyeria continues to be widely used, especially in matters related to conservation. We thus feel that retaining the name Speyeria is necessary for stability and consistent usage. This would mean that the name Arygnnis would be applied to Argynnis s.s., that is, all traditionally recognized Palearctic subgenera except Mesoacidalia and Fabriciana." Für uns Europäer hat das zur Folge, dass uns Argynnis paphia, Argynnis pandora und Argynnis laodice erhalten bleiben. Die Kombinationen Fabriciana adippe, Fabriciana niobe und Fabriciana elisa kennen wir ja schon aus der nahen Vergangenheit – die lassen sich also leicht wieder reaktivieren. Lediglich Argynnis aglaja, damals Mesoacidalia aglaja, bekommt eine für unsere Ohren ungewöhnliche, wenn auch nicht neue Kombination: Speyeria aglaja! Die Art gehört in den Verwandtschaftskreis der nordamerikanischen Arten.
(Autor: Erwin Rennwald)
4.6. Verbreitung
F. niobe ist von Portugal durch Mittel- und Osteuropa, sowie das nördliche Zentralasien bis ins südliche Ostsibirien verbreitet. In Europa fehlt sie auf fast allen größeren Inseln, von Sizilien einmal abgesehen, sowie in Nordeuropa nördlich etwa des 63. Breitengrades.
4.7. Typenmaterial
Honey & Scoble (2001: 354): “LSL [The Linnean Society of London, Anm. Red. Lepiforum]: 1 ♂ labelled “Niobe” [by Linnaeus], “Niobe 786.” [by Smith], here designated as LECTOTYPE; [...].”
4.8. Literatur
- Erstbeschreibung: Linnaeus, C. (1758): Systema naturae per regna tria naturae, secundum classes, ordines, genera, species, cum characteribus, differentiis, synonymis, locis. Tomus I. Editio decima, reformata. 1-824. Holmiae (Laurentius Salvius).
- De Moya, R.S., Savage, W.K., Tenney, C., Bao, X., Wahlberg, N. & R.I. Hill (2017): Interrelationships and diversification of Argynnis Fabricius and Speyeria Scudder butterflies. - Systematic Entomology, 42: 635–649. [ePDF auf onlinelibrary.wiley.com]
- Schweizerischer Bund Für Naturschutz [Hrsg.] (1987): Tagfalter und ihre Lebensräume. Arten – Gefährdung – Schutz. — XI + 516 S. (hier 195-196), Egg/ZH (Fotorotar AG).