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Länder:+56Kontinente:EUASAFNA
Falter
Kopula
Ausgewachsene Raupe
Jüngere Raupenstadien
Fraßspuren und Befallsbild
Puppe
Ei
Männchen
Weibchen
Männchen
Weibchen
Erstbeschreibung
Habitat
Prädatoren
Parasitoide
Lebensweise
Inhalt

1. Falter

Anmerkung: Schuppen im Elektronenmikroskop kann man hier sehen: [Forum]

2. Kopula

3. Ausgewachsene Raupe

4. Jüngere Raupenstadien

5. Fraßspuren und Befallsbild

6. Puppe

7. Ei

8. Diagnose

8.1. Männchen

8.2. Weibchen

8.3. Genitalien

8.3.1. Männchen
8.3.2. Weibchen

8.4. Erstbeschreibung

9. Biologie

9.1. Nahrung der Raupe

  • [Buxaceae:] Buxus sempervirens (Gewöhnlicher Buchsbaum, Europäischer Buchsbaum) [in Europa bei Weitem meistgenutzte Pflanze]
  • [Buxaceae:] Buxus microphylla (Japanischer Buchsbaum, Kleinblättriger Buchsbaum)
  • [Buxaceae:] Buxus sinica (Chinesischer Buchsbaum)
  • [Buxaceae:] Buxus colchica (Kolchischer Buchsbaum) [Erstnachweis der Nutzung dieses aus dem westlichen Kaukasus stammenden Baums im Botanischen Garten von Straßburg durch Ch. Brua ( [http://sites.estvideo.net/sae/pyrale_du_buis.html] ), später massive Schäden im Kaukasus]

Einiges zur Biologie der Art ist dem Abstract des unten erwähnten Artikels von Zhou et al. (2005) zu entnehmen: So entwickelten sich in den Jahren 2001 und 2002 demnach in Shanghai 3 Generationen pro Jahr und es kam zur Überwinterung im Raupenstadium. Befressen wurden in erster Linie Blätter des Chinesischen Buchsbaums (Buxus sinica).

Der Gewöhnliche Buchsbaum (Buxus sempervirens) ist in Europa hauptsächlich von Nordspanien bis Südfrankreich, Südalpen und Jura, sowie von Albanien bis Mittelgriechenland verbreitet. Einzelne (ob indigene?) Vorkommen finden sich im Elsaß bei Colmar sowie im Sundgau, im Pariser Becken, in Belgien und Südengland. In Mitteleuropa ist die Pflanze im Schweizer Jura weit verbreitet. In Deutschland tritt sie - im Anschluss daran - nur ganz im Süden, am Grenzacher Horn, hauptsächlich im Naturschutzgebiet Buchswald bei Grenzach und im Naturschutzgebiet Ruschbachtal auf ("Buxo-Quercetum"). Weitere wahrscheinlich indigene Bestände mit teilweise sehr alten Buchsbäumen gibt es auch an den Hängen der Mosel (im "Aceri-Quercetum"). Unklar ist die Indigenität des Buchsbaums in Österreich; in Frage kommen hier einige wenige Vorkommen in warmen Lagen der Nördlichen Kalkalpen, ansonsten ist der Buchs in Österreich als Garten- und Friedhofspflanze ebensoweit verbreitet wie in Süddeutschland. Buxus sempervirens ist auch die mit Abstand häufigste in Gärten gepflanzte Buchsart (mit vielen Gartenformen). Insbesondere "in katholischen Gegenden" wird die Pflanze seit Jahrhunderten als wichtige Brauchtumspflanze gehegt (kleine Zweiglein an den Kirchenbänken, größerer Einsatz an "Palmsonntag"). Daher gibt es auch immer wieder außerhalb der genannten Gebiete verwilderte Buchsbüsche. Buxus sempervirens ist auch die einzige bisher in Europa gemeldete Fraßpflanze der Raupe (wobei allerdings fraglich ist, ob hier immer eine Unterscheidung gegenüber Buxus microphylla vorgenommen wurde).

Wie die japanische Studie von Maruyama, T. (1993) zeigt, ist auch der in Mitteleuropa sehr viel seltener gepflanzte Kleinblättrige Buchsbaum (Buxus microphylla) prinzipiell bestens als Fraßpflanze geeignet. Da Buxus sempervirens in Asien fehlt, ist es aber durchaus wahrscheinlich, dass Buxus microphylla (in den Sorten "var. koreana" und "var. japonica") als Topfpflanze mit Raupen nach Europa kam und erst hier die "Impfung" des europäischen Buchs erfolgte. Hier sollte insbesondere in den Gartenzentren geprüft werden, ob, und wenn ja, von wo, Buxus microphylla eingeführt wurde.

Wild tritt aus der Gattung in Europa nur noch der Balearen-Buchs (Buxus balearica) auf; von dort gibt es bisher aber noch keinen Nachweis des Zünslers.

Aus Europa sind bisher nur Raupen an Buchs gefunden worden. In der japanischen und chinesischen Literatur wird aber auch auf (gelegentliche?) Nutzung der Purpur-Stechpalme (Ilex purpurea), des Japanischen und des Geflügelten Pfaffenhütchens (Euonymus japonicus, E. alata [= Geflügelter Spindelbaum]) hingewiesen. Falls die Beobachtungen zuträfen - was sehr anzuzweifeln ist -, wäre also nicht auszuschließen, dass auch bei uns Raupen an den einheimischen Arten jener Gattungen (also Ilex aquifolium, Euonymus europaeus) gefunden werden können. Falls es hierzu Beobachtungen gibt, wären wir für Meldungen sehr dankbar. Insgesamt ist hier aber sehr viel eher von Fehlbestimmungen auszugehen!

Bemerkenswert ist der Umgang mit der chinesischen Arbeit von Wang (2008) mit dem an sich eindeutigen Titel: "The biological character and control of a new pest (Diaphania perspectalis) on Murraya paniculata". Wan et al. (2014) zitieren diese Arbeit in ihrem Literaturverzeichnis, in ihrer Tabelle "Host plants of Cydalima perspectalis in Asia" wird die Pflanze und die Arbeit aber nicht erwähnt. Die Orangenraute (Murraya paniculata, aus der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) fehlt einfach - was nichts anderes heißt, als dass man die Angabe für falsch hielt und sie deshalb höflich nicht erwähnt. Die Stechpalmen und der Spindelbaum werden hingegen in die Tabelle aufgenommen, aber es fällt auf, dass für Ilex purpurea und Euonymus japonicus jeweils "Uezumi (1975)" als Quelle für Japan und dann für Ilex purpurea und Euonymus alatus jeweils "Shi & Hu (2007)" als Quelle für China genannt werden. Im Text heißt es dann "Other host plants reported from China and Japan include Euonymus alatus (Thunberg) Siebold, Ilex purpurea Hasskarl (Aquifoliaceae) and Euonymus japonicus Thunberg (Celastraceae) (Uezumi 1975; Shi and Hu 2007). However, Van der Straten and Muus (2010) questioned the latter two records, based on unpublished negative tests by the Plant Protection Service in the Netherlands, reproducing these data with European populations of C. perspectalis." Die Autoren müssen also nicht sagen, dass sie selbst auch Zweifel an den Angaben aus Japan und China haben - man darf dies aber durchaus herauslesen!

Die relativ häufig zu findende Angaben zu Ilex crenata und zu Euonymus sp. sind definitiv falsch - möglicherweise betreffen sie verwandte Zünsler-Arten. Angaben zu anderen Pflanzen entstammen in der Regel der Forstliteratur und beruhen darauf, dass Fraßschäden an anderen Pflanzen einfach auch diesem "Schädling" angedichtet werden. Es ist nach meinen eigenen Erfahrungen mit dem Buchsbaum-Zünsler zwingend davon auszugehen, dass - außer dem Buchs - alle diese Pflanzen nicht als Nahrungspflanze der Raupe geeignet sind!

Die bemerkenswert vollständigste Auflistung dieser Irrtümer erfolgte durch Matsiakh (2016): "The main host plants of C. perspectalis are Buxus species, including B. sempervirens L., B. microphylla Siebold & Zucc., B. sinica (Rehder and Wils.) M. Cheng and B. colchica Pojark (Buxaceae). In its origin countries, the pest has also been reported on Euonymus japonicus Thunb., E. alatus (Thunb.) Siebold (Celastraceae), Ilex purpurea Hassk. (Aquifoliaceae), Pachysandra terminalis Siebold & Zucc. and Murraya paniculata (L.) Jack (Rutaceae), but still there are no reports of these plant species being attacked in Europe (Wang, 2008; Hizal et al. 2012; Bella, 2013). Nevertheless, infestation of C. perspectalis also was discovered on Ruscus colchicus, R. aculeatus, Eriobotrya japonica, Acer campestre, Fraxinus excelsior and Rubus spp. in Sochi (Trokhov and Kaurova, 2015)."

Die Arbeit von Trochov & Kaurova (2015) ist der Bericht eines Studenten der Universität Sankt Petersburg, den er zusammen mit seinem Professor publizierte; Grundlage war eine Geländestudie des Befallsgebiets bei Sotchi mit zugehöriger Literaturrecherche. Was steht wirklich da? Im Russischen Original heißt es: "На отдельных участках нами отмечено, что в случае недостатка листвы самшита, как основного источника питания, огневки поедают кору. Истощив первичный источник, вредитель начал паразитировать и на других растениях. Погрызы личинок теперь встречаются на лавровишне, колхидской лиственнице. Сильно повреждена мушмула японская. Встречают погрызы на клене и на ясене. Так вредитель нарушает целостность листовой пластинки, что препятствует нормальному осуществлению процессов фотосинтеза и циркуляции питательных веществ. Растения ослабевают и даже гибнут. Таким образом, фитофаги оказывают воздействия не только на единичный вид, но и на весь фитоценоз."

Festgestellt wurde, dass die Raupen bei Massenbefall nach dem Fraß aller Blätter auch die grüne Rinde des Buchsbaums zu fressen beginnen – also genau so, wie es vielfach auch bei Massenbefall am Dinkelberg in Südbaden beobachtet wurde. Erst danach begann „der Schädling“ auch „andere Pflanzen“ zu „parasitieren“. Und konkret? Raupen wurden jetzt auf Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) und „Kaukasischer Lärche“ (Larix, wohl eine lokale Varietät von Larix decidua) „gefunden“. Von Fressen ist bis hier nichts zu lesen. Was mit "на лавровишне, колхидской лиственнице" genau gemeint war, ist mir nicht klar - ich lese hier „auf Kirschlorbeer und Kaukasischer Lärche" heraus. Die beiden genannten Ruscus-Arten und Brombeer-Arten finde ich - anders als Matsiakh (2016) - in der Arbeit überhaupt nicht. Immerhin passen alle 3 gut in den Unterwuchs der Buchswälder.

Weiter bei Trochov & Kaurova (2015): Die Japanische Wollmispel (Eriobotrya japonica) „ist schwer beschädigt“. Und Ahorn (Acer sp.) und Esche (Fraxinus sp.) werden "angenagt" oder "benagt". Das ist genau das Bild, wie ich es von Massenbefall beim Schwammspinner kenne: Nachdem alle geeigneten Nahrungspflanzen völlig kahl gefressen sind und sich die Raupen bei der Nahrungssuche laufend gegenseitig begegnen, statt auf Nahrung zu stoßen, werden auch Blätter völlig ungeeigneter Pflanzen – dort häufig Maiglöckchen und auch Moose – sichtbar randlich angenagt und so durchaus geschädigt, aber eben nicht wirklich als Nahrungspflanze genutzt. Es handelt sich bei diesem Um-Sich-Beißen also um ein reines Stressphänomen und nicht um eine Nahrungsaufnahme.

Das Weiterschleppen irriger Nahrungsangaben erinnert mich an das "Stille-Post"-Spiel: Sicher ist, dass am Ende etwas anderes herauskommt, als am Anfang stand. Beispiel? Agius (2018) schreibt zu seinem Erstnachweis für Malta: "Worst still, it has been noted that in Georgia, apart from Buxus tress [sic!], C. perspectalis attacks Rubus sp. as well (Matsiakh, 2016). In Malta Rubus ulmifolius Schott 1818 is native and quite widespread so it will not come as a surprise if more specimens of C. perspectalis are recorded in the future." Auch ich rechne mit weiteren Funden auf Malta, denn die Einschleppungen laufen ja fort. Aber mit der Ulmenblatt-Brombeere hat das nicht das Geringste zu tun, denn sonst wäre die Brombeeren im Rest Europas ja auch längst befallen worden. Und dass der Buchsbaumzünsler Brombeeren in Georgien befällt, hat auch niemand behauptet: Die entsprechenden Angabe bei Matsiakh (2016) beruht nicht auf ihren Beobachtungen in Georgen, sondern auf einem Literaturhinweis auf Trochov & Kaurova (2015) - doch in der Arbeit aus Sotchi werden Brombeeren gar nicht erwähnt.

9.2. Habitat

9.3. Prädatoren

9.4. Parasitoide

9.5. Lebensweise

Beobachtungen zur Nektarpflanzen der Falter wurden hier gemeldet: [Forum].

9.6. Zum aktuellen Kenntnisstand der Verbreitung in Europa

         (aktualisiert 21. Januar 2020)

Beim Buchsbaumzünsler handelt es sich um ein Neozoon, das aus Ostasien eingeschleppt wurde. Nach Mitteilung von Dr. Klaus Sattler, London, an Eckard O. Krüger war die die Art bis Mai 2007 nicht aus Europa bekannt. [Lepiforumsbeitrag E. O. Krüger] hat das Manuskript einer Publikation Mitte August 2007 bei der Entomologischen Zeitschrift eingereicht [Lepiforumsbeitrag E. O. Krüger], der Beitrag erschien im Aprilheft 2008 dieser Zeitschrift unter dem Titel "Glyphodes perspectalis (Walker 1859) - neu für die Fauna Europas (Lepidoptera: Crambidae)" (Krüger 2008).

Mittlerweile gibt es Angaben aus Deutschland (alle Bundesländer: Baden-Württemberg [44 Kreise], Rheinland-Pfalz [29 Kreise], Hessen [18 Kreise], Nordrhein-Westfalen [48 Kreise], Niedersachsen [12 Kreise], Bayern [67 Kreise], Sachsen [7 Kreise], Brandenburg [11 Kreise], Thüringen [3 Kreise], Saarland [5 Kreise], Mecklenburg-Vorpommern [2 Kreise], Berlin [9 Bezirke], Schleswig-Holstein [3 Kreise], Sachsen-Anhalt [2 Kreise], Hamburg [1 Bezirk]), der Schweiz (23 Kantone; zunächst besonders Raum Basel und Kanton Zürich), den Niederlanden, Frankreich (Elsass und südwestlich von Paris, viele neuere Angaben aus Südfrankreich) und Großbritannien (bes. im Südosten in Küstennähe), sowie seit 2009 auch Österreich (Vorarlberg, Steiermark, Wien und Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, als letztes Bundesland 2016 auch Tirol) und Liechtenstein. Die 2009 belegten Raupenfundstellen im Osten Österreichs (Graz, Wien) und in schon nordwestlichen Frankreich (Orsay SW Paris) liegen rund 1200 km Luftlinie auseinander. Bis zu den beiden Einzelfalter-Fundstellen im Südwesten Englands sind es gar mehr als 1400 km. 2010 und 2011 kamen Funde aus weiteren Staaten hinzu: Belgien, Italien, Ungarn, Slowenien, Tschechische Republik, Rumänien und Türkei (europäischer Teil), 2012 aus Kroatien und Russland (Schwarzmeerküste), 2013 dann die Slowakei (wohl schon 2012), Spanien, Dänemark und Griechenland. 2014 kam auch Bulgarien (mit gleich mehreren Städten) als 20. europäischer Staat zur Liste der europäischen Länder mit Nachweisen des Buchsbaumzünslers hinzu. Wie sich zeigen sollte wurden Funde aus Polen (21. Staat) zwar erst 2016 publiziert, sie gingen aber bis 2012 zurück.

Mittlerweile hat sich die Art in Russland quer durch den Nordkaukasus bis hin zum Kaspischen Meer (bei Makhachkala) ausgebreitet (Poltavsky & Ilyina 2017). A. von Scholley-Pfab [Forumsbeitrag 21. Juni 2018] meldet sie zudem als neu für Portugal. Es folgten: Montenegro (seit 2014), Bosnien und Herzegowina (seit 2014), Serbien (seit 2014), Ukraine (seit 2015), Luxemburg (seit 2015), Portugal (seit 2018 [sicher schon 2017]), Gibraltar (seit 2018) [hier aus faunistischen Gründen als eigenes "Land" geführt], Albanien (seit 2018), Litauen (seit 2018) und Malta (seit 2018) - außerhalb der Grenzen Europas ist noch Georgien (seit 2014) zu erwähnen.

Es ist weiterhin davon auszugehen, dass sich die Art in den derzeit besiedelten Gebieten etabliert und langsam ausbreitet und dass zwischenzeitlich viele neue Kolonien durch Verschleppung von Eiern und Jungraupen entstehen werden bzw. schon unbemerkt entstanden sind.

Nach unseren Beobachtungen der ersten Jahre breitet sich die Art in Mitteleuropa von selbst nur ca. 5 km pro Jahr um die bisherigen Befallsgebiete aus. Die Besiedlung weiter entfernter Orte dürfte bisher ausschließlich über Verschleppung von Eiern oder Raupen mit jungen Buchsbäumchen erfolgt sein. Dazu passend berichtet die Basler Zeitung [Basler Zeitung 15. Oktober 2009] — basierend auf der Pressemitteilung der Universität [Pressemitteilung Universität Basel 14. Oktober 2009] — über bisherige Forschungsergebnisse: "Untersuchungen der Universität Basel zeigen, dass die rasante Verbreitung des Kleinschmetterlings nicht ausschliesslich auf sein Flugvermögen zurückzuführen ist, sondern wesentlich durch schädlingsbefallene Pflanzen beeinflusst ist, die durch Menschen verfrachtet wurden. Ein Augenschein in Gartenzentren der Region Basel bestätigte diesen Befund, wurde doch bei drei von sechs Besuchen von Grossverkaufsstellen mit Raupen befallener Buchs in den Verkaufsregalen gefunden."

Die rasante Ausbreitung des Buchsbaumzünslers quer durch Europa ist zu nahezu hundert Prozent den Gartencentern und ähnlichen Einrichtungen zu verdanken. Diese verdienen zunächst am Verkauf von ei- oder raupenbesetztem Buchs, danach am Verkauf der (in der Hand von Hobbygärtnern nur sehr begrenzt wirksamen) Bekämpfungsmittel und schließlich am Verkauf der Ersatzpflanzen, nachdem die Hobbygärtner ihren Buchs frustriert heraus reißen.

Und seit August 2018 gibt es auch erste Hinweise auf eine Verschleppung der Art nach Nordamerika. Am 9. September meldet [inaturalist.org] in seinem wöchentlichen Post unter der Überschrift "An Invasive Moth is Recorded in Ontario, Canada for the First Time - Observation of the Week, 9/9/18" den Nachweis eines Falters von Cydalima perspectalis am 25. August 2018 in Ontario, Kanada. Und es blieb nicht bei diesem Einzeltier, wie aus dem Text hervorgeht: "[...] The moth has not made a splash in the Americas, but several specimens were found in Ontario, Canada in late August of 2018, including the one photographed above, by Karen Yukich. [...] Another observation of a Box Tree Moth in the Toronto area was also posted in a local Facebook group, and just a few days later Dave himself found one (photo below) in his backyard moth trap, explaining “I knew exactly what it was before I even opened the trap!” [...] Mike Burrell (@mikeburrell), a Project Zoologist for the Ontario Natural Heritage Information Centre (NHIC), tells me “[these look like] like the first records for Canada ... This is certainly a great example of Citizen Science for early detection of exotic species.”". Ja, es ist schön, dass via Citizen Science heute Vieles einer sicheren Bestimmung zugeführt wird - aber man könnte im Falle von Cydalima perspectalis auch von Behördenversagen reden, wenn man das Tier dort noch gar nicht registriert und seine Einschleppung auf den nächsten Kontinent verhindert hat. Beruhigend: In Nordamerika gibt es keine natürlichen Buchswälder - es wird also beim gärtnerischen Problem bleiben.

Zwischen August 2020 und April 2021 wurde die Art aus Kanada in die USA eingeschleppt, wie der Animal and Plant Health Inspection Service vom U.S. Department of Agriculture [hier] berichtet.

9.7. Zur Entdeckungsgeschichte

Am 18. April 2007 stellte Walter Schön eine Raupenbestimmungsanfrage von Colette Walter von Weil am Rhein ins Lepiforum, die ihm selbst Bestimmungsprobleme bereitet hatte [Lepiforumsbeitrag W. Schön]. Am 4. Mai 2007 konnte Eckard Krüger melden [Lepiforumsbeitrag E. O. Krüger]: "das Problem ist gelöst". Womit natürlich das Bestimmungsproblem gemeint war, nicht das sich abzeichnende Gartenbauproblem mit der Art.

Weil zunächst noch nicht völlig klar war, ob Cydalima perspectalis dauerhaft als Neozoon in Mitteleuropa überleben würde, wurde die Art hier zunächst mit einem Fragezeichen für Deutschland und die Schweiz geführt. Nachdem auch der Winter 2007 / 2008 in beiden Vorkommensbereichen sehr erfolgreich überstanden wurde, konnte die Art als eingebürgert gelten.

9.8. Unser Kenntnisstand vom 1. Februar 2019

2006 gab es zumindest 2 weit auseinander liegende nachträglich dieser Art zuzuordnende abgesicherte Meldungen aus Weil am Rhein [Lepiforumsbeitrag E. O. Krüger] und aus Kehl-Sundheim, also von 2 Orten der Oberrheinebene im Abstand von ca. 125 km. Am 11. Mai 2008 kam ein Fundort in Nordrhein-Westfalen hinzu, wo die Raupen aber offensichtlich auch in großer Zahl überwintert hatten. Südhessen wurde ebenfalls schon früh als Vorkommensgebiet genannt, konkrete Angaben blieben hier zunächst aus — eine indirekte Raupenmeldung vom Herbst 2007 aus einem Park in Hanau konnte durch eine eigene Beobachtung im Juni 2008 bestätigt und durch weitere Fundorte 2009 ergänzt werden. Die Art kam jetzt auch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen vor (s. u.), ferner in Sachsen und Bayern. Auch 2010 wurden wieder mehrere neue Kolonien entdeckt, z.B. in Rheinland-Pfalz, Bayern und Brandenburg, und die Vorkommen an den anderen Stellen breiten sich allesamt aus. 2013 wurde die Art erstmals im Saarland nachgewiesen, Anfang 2014 in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen, 2014 auch noch in Schleswig-Holstein und 2015 in Sachsen-Anhalt; die früheste Meldung aus dem Stadtstaat Hamburg stammt vom 15. September 2018.

Die Leser des Lepiforums werden gebeten zu beobachten, ob und wie schnell sich die Art in ihrer Region in Mitteleuropa und darüber hinaus in ganz Europa weiter etabliert.Weitere Fundmeldungen werden ausdrücklich erbeten! Erwünscht sind auch immer wieder "Wasserstandsmeldungen" aus schon länger besiedelten Gebieten!

9.9. Übersicht über die bisher besiedelten Länder, Bundesländer, Kantone und Kreise

Die West-Ost-Ausdehnung des europäischen Vorkommens vom nordspanischen Santander bis zum tschetschenischen Grosny erstreckt sich jetzt über fast 5000 km, die Nord-Süd-Ausdehnung von Sizilien bis Dänemark über fast 2500 km.

Eine detaillierte Diskussion der Funde aller 20 bisher besiedelter europäischer Staaten, sowie eine Detailbesprechung der Nachweise aller Bundesländer, Kreise und Kantone ist auf den folgenden Seiten zu finden:

Eine (nicht mehr) aktuelle Verbreitungskarte für Mitteleuropa ist hier zu finden: [Verbreitungskarte Buchsbaumzünsler Mitteleuropa, Stand 20.10.2010]. Eine aktuelle Übersichtskarte zur Verbreitung in Europa gibt es hier: [Verbreitungsübersichtskarte Buchsbaumzünsler Europa, Stand 3. März 2014]

9.10. Schadpotential von Cydalima perspectalis und Möglichkeiten einer Bekämpfung

Die Art wurde im Herbst 2007 in die EPPO-Liste aufgenommen: [http://www.eppo.org], mittlerweile aber wieder von dort entfernt, da es sich beim Buchs nicht um eine landwirtschaftlich genutzte Pflanze handelt.

Dass die Art schädlich an Buchs werden kann, war in Ostasien schon vor der Einschleppung nach Europa seit langem bekannt. So beschäftigen sich Zhou et al. (2005) vor allem mit der Effektivität verschiedener Insektizide gegen Raupen dieser Art. Für Nordamerika und Europa ist das Schadpotential bis Mitte 2007 für niedrig gehalten oder völlig ignoriert worden. Jetzt ist die Hoffnung, Diaphania perspectalis wieder aus Europa verbannen zu können, bei realistischer Betrachtung sehr, sehr gering. Schon aus den Erfahrungen von Kehl und Weil am Rhein wissen wir, dass der Befall in der Regel erst bemerkt wird, wenn die Raupen ausgewachsen sind, aber auch, dass die Falter praktisch jeden Buchsstrauch eines Ortes zur Eiablage finden. Es reicht also aus, wenn die Raupen in einem einzigen Garten eines Ortes durchkommen um im Folgejahr den Rest des Ortes wieder zu besiedeln. Trotz der an sich guten Bekämpfungsmöglichkeit mit Pyrethroiden dürfte die Bekämpfung de facto daran scheitern, dass nie alle Buchsbäume eines Ortes gleichzeitig und unter zusagenden Witterungsbedingungen begiftet werden können. Außerdem verfügt der Privatgärtner nur über ein sehr viel eingeschränkteres Arsenal an genehmigten Pyrethroiden als Gartenbau-Fachbetriebe. Insgesamt ist hier zur Kenntnis zu nehmen, dass durch Hobbygärtner bisher nicht eine einzige der lokalen Populationen wieder ausgerottet werden konnte - und auch Fachgärtner waren nur in Ausnahmefällen erfolgreich. Die Bekämpfung mit Giften – zumal durch den Hobbygärtner – ist also ein völlig aussichtsloses Unternehmen.

Im Faltblatt der Stadt Kehl wurden 3 Varianten zur Bekämpfung empfohlen:

„1) Manuelles Absammeln: Funktioniert am Anfang und bei geringem Befall; Schwierigkeit: die Raupen sind oft zwischen den Buchsblättern versteckt und werden nicht alle gefunden.

2) Bacillus thuringiensis: Biologisches Pflanzenschutzmittel; gibt es als Pulver portioniert zu kaufen; wird auf städtischen Flächen eingesetzt (auch gegen Schnaken wirksam). Wirkt nur bei sehr gezielter und regelmäßiger Anwendung durch Spezialisten.

3) Schädlingsfrei "Neem" (Neembaum-Öl): Von Seiten des Landratsamtes empfohlen; Einsatz am besten, wenn die Raupen noch klein sind.“ Mittelfristiger Erfolg nicht gegeben.

Ein effektiver Bacillus thuringensis-Einsatz dürfte nur von Amts wegen in Frage kommen. Angesichts der langfristig sehr negativen Erfahrungen mit der Bekämpfung von Schwammspinner oder Eichen-Prozessionsspinner – letzten Endes werden die natürlichen Gegenspieler ausgeschaltet, weshalb der nächsten Gradation Tür und Tor geöffnet werden – ist ein mittelfristiger Bekämpfungserfolg auch keineswegs gesichert.

Dr. T. Brand, selbst Pflanzenschutzexperte (Pflanzenschutzamt Niedersachsen, Kontaktdaten siehe: [Lepiforumsbeitrag T. Brand (Kontaktdaten)]) stellt in einem Forumsbeitrag zusammen [Lepiforumsbeitrag T. Brand]:

Wissenschaftlich durchgeführte Bekämpfungsversuche gibt es mit diesem Falter sicherlich noch nicht, aber es handelt sich ja um einen völlig normalen Schmetterling und nicht um ein Untier, das die Welt auffrisst. Von daher gehe ich davon aus, dass Präparate, die gegen andere Schmetterlingsraupen wirken auch hier nicht versagen - wenn man rechtzeitig handelt! Große, kurz vor der Verpuppung stehende Raupen sind schwerer bekämpfbar als jüngere Raupen.

Außerdem ist es wichtig, dass die Präparate dorthin kommen, wo sie wirken sollen, sprich: auf oder in die Raupe. Dazu ist richtiges Spritzen wichtig. Also gute Benetzung (nicht alles runterlaufen lassen!) im Pflanzeninneren.

Als Präparate sind im Haus- und Kleingarten zulässig:

- Runner, Bayer Garten Raupenfrei (Methoxyfenozide) = Häutungsbeschleuniger (Kontakt) --> Wirkung besonders auf Eier und Jungtiere

- Xen Tari (Bacillus thuringiensis) = Fraßgift

- Schädlingsfrei Neem (Azadirachtin) = Fraß- und Kontaktgift

- Spruzit (Pyrthrine + Rapsöl) = Fraß- und Kontaktgift (nur kurzzeitig wirksam, nicht über ca. 23 °C wirksam)

Ich mache darauf aufmerksam, dass die beiden erstgenannten keine Zulassung haben gegen Schmetterlingsraupen an Zierpflanzen im Freiland, aber z.B. an Kernobst schon.“

Nicht für die Anwendung im Garten zugelassen – und bei derart unsachgemäßer Anwendung im Garten auch höchst problematisch – sind für den Innenbereich (und auch dort nur für spezielle Umstände) zugelassene Pyrethroide wie Permethrin („Clean Kill Insektenspray“).

Eine Reihe von Mitteln hat zwar eine Zulassung für den Außenbereich, es ist aber mit wenig Wirkung auf fressende Raupen zu rechnen. So etwa schreibt T. Brand zu Celaflor Careo: „Careo ist gut gegen saugende Insekten und einige beißende, aber kaum gegen Raupen.“

Grundsätzlich gilt: Keines dieser Mittel bietet einen länger- oder gar langfristigen Schutz. Solange in irgendeinem Garten Ihres Ortes ein paar Buchsbaumzünsler überleben, können Sie (fast) sicher sein, dass auch Ihr Buchsbaum bald wieder besiedelt wird.

In einer Kurzmitteilung der DEGA ( [http://www.dega.de/QUlEPTM4ODU4OSZNSUQ9NTAyNzgmVElYPTI.html] ) ist u. a. zu lesen: „Zur biologischen Bekämpfung können insektenparasitäre Nematoden der Arten Steinernema carpocapsae und Heterorhabditis bacteriophora eingesetzt werden.“ Welche konkreten Erfahren mit Glyphodes perspectalis dieser Angabe zu Grunde liegen, blieb zunächst offen. Auch hier handelt es sich um eine Methode, die nur bei jährlich mehrfacher Anwendung durch Fachleute wenigstens mäßige Erfolge zeigt.

Ausgerechnet von einer Stadtgärtnerei in einem der Befallszentren ( [http://www.stadtgaertnerei.bs.ch/pflanzenschutz.htm] ) kommt der Rat:

"Es wird empfohlen, die Raupen abzusammeln und mit kochendem Wasser zu übergiessen oder sie den Hühnern zum Fressen zu geben."

Auch sonst herrscht bei den Pflanzenschutzdiensten und anderen Praktikern die Einschätzung vor, dass der Privatgärtner weit mehr Chancen hat, die "Plage" durch konsequentes Absammeln der Raupen in den Griff zu bekommen als durch den Einsatz irgendwelcher zugelassener oder auch verbotener Mittel. Es ist einfach so, dass auch Stadtgärtnereien etc. mit geschulten und erfahrenen Mitarbeitern mindestens 6 systematisch geplante und nach allen Regeln der Kunst durchgeführte Einsätze pro Jahr benötigen, um den immer wieder erfolgenden Neubefall einer Buchshecke nicht ausufern zu lassen. Da braucht also kein Hobbygärtner darauf hoffen, dass ein einmaliger Einsatz einer Wunderwaffe alle seine Probleme klärt und er sogar darum herum kommt, die Packungsbeilage zu lesen ...

Wer seine wenigen Buchsbäume im Garten jede Woche einmal systematisch besammelt, wird diese Bäume auch längerfristig erhalten können. Nur wenn das Absammeln wegen einer großen Zahl von Buchspflanzen unmöglich wird, sollte überhaupt eine chemische Bekämpfung in Betracht gezogen werden - dann aber sollte hier ein Fachbetrieb beauftragt werden.

Wie Beobachtungen in einem vielgestaltigen Garten mit strukturreichem Umfeld in einem Kehler Vorort zeigen (R., M. u. E. Rennwald) gibt es zum manuellen Absammeln noch eine vielversprechende Variante oder auch Ergänzung: Haussperlinge scheinen die Raupen sehr zu mögen und auch recht effektiv abzusuchen. Gleiches beobachtete Aistleitner (2010) auch in Vorarlberg: "Mehrfach wurde beobachtet, wie Haussperlinge (Passer domesticus) gezielt Zünsler-Raupen aus Buchsbüschen herauspickten." Eigentlich muss man den Spatzen nur ausreichend Wohnraum bieten … Und möglicherweise war Prädation auch genau der Grund, warum die Art im natürlichen Buchswald bei Grenzach-Wyhlen in den ersten beiden Jahren des Vorkommens kaum in Erscheinung getreten ist - 2010 war das dort allerdings anders. Die alte, seit 2007 befallene Buchshecke in Kehl-Marlen sah Ende August 2010 wieder sehr viel prächtiger aus als zwischendurch - und das ganz ohne Eingreifen des Gärtners. Unklar dabei ist noch, ob neben den Spatzen auch die vielen Skorpionsfliegen die Buchsbaumzünsler-Raupen nützen. Unklar ist ebenfalls, ob der vielfach befresene Strauch sich mittlerweile selbst chemisch (also durch Erhöhung der Dosis der Buchsgifte) gegen stärkeren Fraß wehrt.

Und noch eine Methode hat Manfred aus Steinen im Wiesental entdeckt: Wo vorhanden können Wespen zu einem effektiven Feind für Puppen des Buchsbaumzünslers werden [Lepiforumsbeitrag "Manfred"]. Das nicht entfernte Wespennest am Haus ist also bares Geld Wert ...

Kawazu et al. (2007) [Zitiert nach dem Abstract in PUBMED ID 17885794 (aktuell nicht mehr verfügbar?)] berichten im Oktober 2007 von der Isolierung und chemischen Analyse von Pheromon-Bestandteilen. Tatsächlich wirkte im Feldversuch eine Mischung zweier Komponenten attraktiv auf Männchen von Glyphodes perspectalis. Damit steht vermutlich bald ein wirksames Mittel zur spezifischen Bekämpfung dieses Falters zur Verfügung. Das wird den Falter sicher nicht ausrotten, aber im Hinblick auf die Schäden doch möglicherweise wirksam begrenzen können. In Kehl und Weil am Rhein — und wohl auch andernorts — laufen mittlerweile Versuche mit entsprechenden Pheromonfallen. Sehr ergiebig scheinen sie bisher nicht zu sein. Derzeit besteht ihre wesentliche Funktion noch immer darin, die Phänologie der Imagines zu dokumentieren und Spritzmitteleinsätze zeitlich zu optimieren.

Diskussionen zu den Mitteln gibt es z.B. bei Albert & Lehneis [Albert & Lehneis, Landinfo 3/2010] , bei der Landwirtschaftskammer Österreich [Landwirtschaftskammer Österreich: Möglichkeiten gegen den Buchsbaumzünsler] , oder auch hier im Lepiforum: [Lepiforumsbeitrag M. de Roche, 20. August 2010]

F. Neuthardt stellte, basierend auf einem Studium der Art in Basel, ein Merkblatt zum Thema: "Grundlagen zu Ausbreitung und Bekämpfung von Diaphania perspectalis - Wie kann der Buchsbaumzünsler bekämpft werden?" zusammen [Merkblatt g'plus die Gärtner-Fachzeitschrift 8/2010].

Mittlerweile sind einige weitere "Mittel" im Gespräch - sie nützen allesamt wohl in erster Linie den Herstellern und dem Handel.

Bis zur ersten Anfrage hier im Lepiforum hatte noch kein Pflanzenschutzdienst etwas von diesem Falter in Südwestdeutschland mitbekommen — dabei muss die Art sich bereits festgesetzt haben. Erst seit Sommer 2007 wurden verstärkt auch Pflanzenschutzdienste und Fachzeitschriften für Gartenbaubetriebe auf den Neuankömmling aufmerksam. Siehe hierzu:

  • Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen (2007)
  • DEGA Online (19.09.2007)
  • Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg (13.08.2007)

Ausdrücklich gewarnt werden soll hier vor dem Einsatz von Thiacloprid, einem Neonicotinoid, das unter dem häufigsten Handelsnamen "Calypso" tausendfach in Gartenforen etc. zum Einsatz gegen die Raupen des Buchsbaumzünslers empfohlen wurde. Schon dem Bayer CropScience "SICHERHEITSDATENBLATT gemäß Verordnung (EG) Nr. 1907/2006" ([http://www.tredeundvonpein.de/fileadmin/Datenblaetter/Pflanzenschutz/Calypso.pdf]) sind genug Gefahrenhinweise zu entnehmen, die vor einer Anwendung durch Privatpersonen im eigenen Hausgarten warnen müssten: "Gefahrenhinweise

  • H351 Kann vermutlich Krebs erzeugen.
  • H302 + H332 Gesundheitsschädlich bei Verschlucken oder Einatmen.
  • H317 Kann allergische Hautreaktionen verursachen.
  • H410 Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung.
  • EUH401 Zur Vermeidung von Risiken für Mensch und Umwelt die Gebrauchsanleitung einhalten."

Sicherheitshinweise

  • P102 Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen.
  • P261 Einatmen von Staub/Rauch/Gas/Nebel/Dampf/Aerosol vermeiden.
  • P271 Nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen verwenden.
  • P280 Schutzhandschuhe/Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen.
  • P302 + P352 BEI KONTAKT MIT DER HAUT: Mit viel Wasser und Seife waschen.
  • P309 + P311 BEI Exposition oder Unwohlsein: GIFTINFORMATIONSZENTRUM oder Arzt anrufen."

Als besondere Problematik kommt hinzu, dass Neonicotinoide (dort dann besonders Clothianidin) sehr wahrscheinlich ganz zentral zum Bienensterben in der Oberrheinebene (und weit darüber hinaus) beigetragen haben. Ich kann mich den Warnungen und Empfehlungen des BUND [bund-rhein-neckar-odenwald.de, Pressemitteilung 28. Mai 2013], [bund-rvso.de, Erklärung 21.05.2016] nur anschließen.

Ich denke, meine Methode ist für den Hausgarten am Besten: Ein paar Bäume mit Totholzpartien stehen lassen, Nistkasten aufhängen, Wespen und Hornissen gewähren lassen, vielleicht mal ein paar Raupen absammeln (wenn der Buchs zu sehr nach Gerippe auszusehen droht und ich dann zufällig noch Zeit habe) - und ansonsten staunen, wie schnell und effektiv sich so ein Gerippe wieder begrünt. :)

9.11. Anmerkungen zur Phänologie

Cydalima perspectalis tritt auch in Deutschland in mehreren Generationen pro Jahr auf. Im wesentlichen handelt es sich um 2 volle und eine dritte partielle Generation. 2. und partielle 3. Generation sind zeitlich nicht klar zu trennen.

2008: Die ersten jungen Raupen wurden bei Kehl 2008 Mitte März aktiv; im nasskalten April verzögerte sich die Entwicklung, ging aber insgesamt weiter. Ende April 2008 fiel auf, dass es in Kehl schon deutlich mehr ausgewachsene Raupen gab als in Weil am Rhein. Das könnte aber schlicht mit dem eigenen geringen Stichprobenumfang bei Weil am Rhein zusammenhängen. In Kehl flog der erste Falter des Jahres am 1. Juni 2008 in eine Pheromonfalle (R. u. K. Rennwald). Colette Walter meldete dann am 3. Juni 2008 auch den ersten Falter von Weil am Rhein [Lepiforumsbeitrag C. Walter]. M. Dischinger teilte mit, dass er Ende Juni 2008 bei Grenzach-Wyhlen 2 Falter in den Pheromon-Fallen fing und ein Entomologe aus der Region weitere Falter beobachtete. In den Pheromonfallen bei Kehl am Rhein landete am 9. Juli ein zweiter Falter, nachdem es schon wieder halberwachsene Raupen am nahen Buchsbaum gab. Schon die erste Generation ist also über mehr als 6 Wochen gestreckt — eine saubere Zählung der Generationenzahl über das Jahr hinweg dürfte also sehr erschwert sein. Mit Faltern und Raupen ist bis in den Herbst hinein grundsätzlich immer zu rechnen. Mitte bis Ende August 2008 dürfte der Peak der 2. Generation erreicht worden sein. Rein rechnerisch dürfte sich die 3. Generation nahtlos anschließen.

2009 wurden in den meisten Gebieten eine deutliche 3. Generation festgestellt. 2010 kam es in den meisten Gebieten erst Anfang der 2. Augusthälfte zur Verpuppung der Raupen zur 2. Generation, die dann also erst Ende August / Anfang September flog. Die 3. Gen. dürfte demnach dieses Jahr recht unvollständig ausgefallen sein. Gleiches gilt für 2013, wo die ersten Falter der 2. Gen. zwar schon Ende Juli flogen, das Gros der Tiere aber erst 3-4 Wochen später.

9.12. Offene Fragen

... gibt es leider mehr als genug. Sie betreffen Details zur aktuellen Verbreitung, Details zu den Ausbreitungswegen in Europa, das tatsächliche Schadpotential, die Winterhärte der Art, mögliche Feinde und nicht zuletzt auch die Nahrungspflanze. Nach den ostasiatischen Quellen ist nicht völlig auszuschließen, dass die Art auch weitere Gehölze befallen könnte (was aber zu belegen wäre). Die bisherigen Angaben aus Europa (und hier ausschließlich Deutschland) sind allesamt unbelegt und sehr wahrscheinlich falsch, dies gilt ausdrücklich auch für Ilex crenata. Beiträge sind hier sehr erwünscht!

(Autor: Erwin Rennwald, mit Ergänzung (USA) von Jürgen Rodeland)

10. Weitere Informationen

10.1. Andere Kombinationen

Der Buchsbaumzünsler wurde in der Literatur und im Internet seit seinem Erscheinen in Europa je zur Hälfte in den Gattungen Glyphodes und Diaphania geführt, zwei weitere Gattungen, Palpita und Cydalima, wurden nur im Hintergrund diskutiert. Alle vier Namen sind offensichtlich verfügbar. Alle vier Einordnungen blieben umstritten. Im Lepiforum wurde die Art bis zum 23. Januar 2010 unter dem Namen Glyphodes perspectalis geführt. Danach folgten wir (etwas widerstrebend) der Fauna Europaea (Fauna Europaea Web Service. Last update 22 December 2009. Version 2.1. Available online at [http://fauna.naturkundemuseum-berlin.de]) die die Einordnung der Art in die Gattungen Glyphodes und Palpita als "erroneousely" ansieht und die Art Diaphania perspectalis nennt.

Das "global information system on pyraloidea" (GLOBIZ) [GLOBIZ] führte die Art (Stand 1. März 2010) unter Neoglyphodes perspectalis mit dem Hinweis: "Diaphania perspectalis (Walker, 1859) has been variously placed in Diaphania Hübner, 1818, Glyphodes Guenée, 1854 and Palpita Hübner, 1808 (= Phakellura Guilding, 1830). Among all these taxa, perspectalis seems to have closest affinities to Diaphania. Streltzov (2008) established the new, monotypic genus Neoglyphodes for perspectalis."

Im April folgten wir im Lepiforum der Arbeit von streltzov (2008), der für die Art eine eigene Gattung aufstellt: Neoglyphodes. Anfang Juli 2010 erschien dann die Arbeit von Mally & Nuss, die Neoglyphodes wieder kassierten und ausführlich begründen, warum die Art ihrer Ansicht nach in die Gattung Cydalima gehört. Seit 5. Juli 2010 wird der Buchsbaumzünsler im Lepiforum daher ebenfalls unter Cydalima perspectalis geführt.

  • Diaphania perspectalis [in der europäischen Literatur häufig verwendeter Name]
  • Glyphodes perspectalis [in der europäischen Literatur häufig verwendeter Name]
  • Neoglyphodes perspectalis
  • Palpita perspectalis
  • Phakellura perspectalis Walker, 1859 [Originalkombination]

10.2. Abweichende Schreibweisen

  • Cydalima perspectabilis [lapsus linguae, in der Pflanzenschutzliteratur mehrfach verwendete falsche Schreibweise]

10.3. Literatur

10.4. Informationen auf anderen Websites (externe Links)