Bengtsson, B. Å. (1984): The Scythrididae (Lepidoptera) of Northern Europe. – 137 S.; Fauna Entomologica Scandinavica, Volume 13; Gadstrup (Scandinavian Science Press Ltd.).

Besprechung von Erwin Rennwald

Der „Brohmer“ (Fauna von Deutschland) kommt bei den Ziermotten (Scythrididae) – die bei ihm nicht einmal einen deutschen Namen haben – mit weniger als 2 Zeilen aus: „Wenige Gattungen mit zahlreichen, meist schwer bestimmbaren Arten. Falter oft Tagflieger. Sehr viele Gebirgsbewohner“. Damit weiß er aber sicher schon mehr über diese Tiere, als die meisten Schmetterlingsfreunde oder auch Berufs-Biologen.

Der „Kaltenbach & Küppers“ (Kleinschmetterlinge) benötigt eine Textseite für die Einführung der Familie („in Mitteleuropa sind wenig mehr als 30 Arten bekannt“) und die Kurzbesprechung der einzigen – auf der Folgeseite abgebildeten – Art (Scythris limbella).

Warum die Ziermotten „Ziermotten“ heißen, ist schwer verständlich – farblich oder von der Form her hätten andere Kleinschmetterlingsfamilien diesen Namen viel eher verdient – die Scythrididae sind wahrlich keine Zierde. Als Lepidopterologe kennt man die kleinen Falter, die tagsüber oft auf (oder in) Blüten sitzen, die nach Störung aber nicht davonfliegen, sondern einen Hüpfer machen und wie ein verdorrter Pflanzenrest zu Boden fallen und dort liegen bleiben. Findet man sie dort doch und will sich durch Antippen vergewissern, was man da vor sich hat, entfernen sich die Falter durch heftiges Zappeln einige Zentimeter weit und sind dann oft wirklich nicht mehr auffindbar. „Ziermotten“ sehen nach nichts aus, und deshalb beachtet man sie auch nicht weiter. Ich jedenfalls habe noch nie den Versuch unternommen, eine Art zu bestimmen.

Wer sich in die Gruppe einarbeiten will, der kommt um den „Bengtsson“ nicht herum. Auf 137 Seiten findet er hier schlichtweg „alles“ zu den 35 in Nordeuropa vertretenen Arten – und damit auch sehr viel zu den Arten in Mitteleuropa, denn für 31 dieser Arten gibt es laut der Tabelle im Anhang auch Nachweise aus Deutschland.

Zunächst einmal gibt es hier 3 Artenschlüssel: einer nach äußeren Merkmalen, je einer nach den männlichen und weiblichen Genitalien. Bei den ausführlichen Artentexten liegt der Schwerpunkt – neben der Auflistung aller relevanter Synonyme – in den ausführlichen Beschreibungen von Männchen, Weibchen und der zugehörigen Genitalien. Wichtige differentialdiagnostische Merkmale werden getrennt genannt. Ein Abschnitt betrifft die Verbreitung innerhalb Nordeuropas, wobei der Abschluss in einer Aussage über die Verbreitung im restlichen Europa und darüber hinaus besteht. Die Beschreibungen von Raupe und Puppe fallen knapp aus, wichtiger sind hier die Beschreibung der Nahrungspflanzen und der Lebensweise von Falter und Raupe (nur leider mehrfach: „the larva is unknown“), wobei hier erfreulicherweise zitiert wird, wo die einzelnen Angaben herkommen!). Die Habitate werden knapp beschrieben, außerdem gibt es Angaben zur Phänologie von Falter und Präimaginalstadien.

Auf 11 Farbtafeln werden alle Arten anhand 5-fach vergrößerter, exakter Zeichnungen gespannter Sammlungsexemplare abgebildet. Danach folgen Schwarzweiß-Tafeln mit Zeichnungen der Genitalien beider Geschlechter aller Arten. In der Abschlusstabelle zu den Vorkommen in den einzelnen Regionen gibt es auch eine Spalte „Germany“.

Wer sich überhaupt jemals mit diesen Tieren anfreunden will, findet hier alles, was im Moment zu haben ist. Nur schade, dass der Band nicht ganz Mitteleuropa abdeckt ...