


1. Lebendfotos
1.1. Falter
1.2. Raupe
2. Diagnose
2.1. Geschlecht nicht bestimmt
2.2. Erstbeschreibung
3. Biologie
3.1. Habitat
3.2. Nahrung der Raupe
- [Pedaliaceae:] Sesamum indicum [= Sesamum orientale] (Sesam)
- [Pedaliaceae:] Sesamum angolense
- [Plantaginaceae:] Kickxia elatine [= Linaria elatine] (Spießblättriges Tännelkraut, Echtes Tännelkraut)
- [Plantaginaceae:] Kickxia spuria ? [= Linaria spuria ?] (Eiblättriges Tännelkraut, Eiblättriges Leinkraut ?)
- [Plantaginaceae:] Kickxia aegyptiaca subsp. fruticosa [= Linaria fruticosa]
- [Plantaginaceae:] Linaria vulgaris ?? (Echtes Leinkraut ??)
- [Plantaginaceae:] Anarrhinum fruticosum subsp. brevifolium [= Anarrhinum brevifolium] (ob identisch mit vorhergehendem Taxon?)
- [Plantaginaceae:] Antirrhinum majus (Großes Löwenmaul)
- [Plantaginaceae:] Antirrhinum latifolium ? (Breitblättriges Löwenmaul ?)
- [Verbenaceae:] Duranta erecta ??? (Taubenbeere, Duftende Himmelsblüte ???)
- [Poaceae:] Oryza sativa ??? (Reis ???)
Antigastra catalaunalis gilt insbesondere in Indien schon lange als Schädling an Sesam (Sesamum indicum). Der Sesam kam als Kulturpflanze schon in der Phase des griechischen Reiches nach Ägypten und andere Länder im Nahen Osten und in Nordafrika. Auch dort ist der Falter, bzw. dessen Raupe, seit Langem als Schädling an dieser Kulturpflanze bekannt. Mit dem Anbau dieser Pflanze in weiteren tropischen bis subtropischen Gebieten wurde die Art auch dorthin verschleppt. Sesam wird teilweise auch in Südeuropa angebaut und auch für Deutschland wird der Anbau im eigenen Garten mittlerweile beworben. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, wenn in einer Sesam-Anbaufläche im Norden Griechenlands jetzt erstmals auch über größere Schäden an dieser Pflanze in Griechenland berichtet wird. Sesamum indicum als Nahrungspflanze der Raupe von Antigastra catalaunalis ist also bestens abgesichert. In der Datenbank [Hosts (abgefragt 27. Dezember 2018)] findet sich noch ein Eintrag zu Sesamum angolense aus Ost-Afrika, der sicher plausibel ist. Aber gibt es weitere Nahrungspflanzen?
In der Datenbank "Hosts" werden drei Arten bzw. Gattungen der Scrophulariaceae aufgelistet - sie gehören heute alle zu den Plantaginaceae: Anarrhinum brevifolium (Afrotropis), Antirrhinum (Ost-Afrika, Pan-Tropis), Linaria fruticosa (Afrotropis). Ich vermute, dass das alles auf eine einzige Beobachtung zu Kickxia aegyptiaca subsp. fruticosa zurückzuführen sein könnte, allenfalls auf zwei, wenn Anarrhinum fruticosum subsp. brevifolium eigenständige Art ist.
Dem Abstract von Singh & Cheema (1984) aus dem indischen Punjab ist zu entnehmen: "Field surveys were carried out in the Punjab, India, to determine the alternative food-plants of the sesame pest Antigastra catalaunalis, and 12 species were tested in the laboratory. Antirrhinum majus was the only species on which the pest was found feeding in the field and also bred successfully in the laboratory." Antirrhinum majus ist die Pflanze, die auch in Europas Gärten häufig als Großes Löwenmaul angepflanzt wird.
Lerauts (2012: 485) Angabe lautet: "Host plants: Sesamum indicum, Linaria spuria, Antirrhinum latifolium." Wie immer werden hier keine Quellen genannt - auch nicht, ob es sich um Zuchtbeobachtungen hadelt oder Freiland-Funde.
Interessanterweise gibt es zu dieser Gruppe innerhalb der Plantaginaceae aber doch auch eine plausible Angabe aus Europa; so schreibt Slamka (2013: 111): "The larva lives 9-3 in spun leaves, feeds on young shoots and leaves, later in the seeds of Linaria spp. (bred from Linaria elatine (Murria & King, 1999), Antirrhinum spp. and Sesamum indicum. In the South and in the tropics harmfull to sesame." Nach Studium der Originalarbeit von Murria & King (1999) aus Spanien wurde klar, dass hier Ende Oktober neben Faltern auch noch einige Raupen und Puppen gefunden wurden und es sich ansonsten um die Ergebnisse einer ex-ovo-Zucht mit Kickxia elatine handelt; Kickxia elatine [= Linaria elatine] und Kickxia spuria passen als Ackerunkräuter warmer Kalkscherbenäcker bestens in das Habitat des Falters, so dass ihre Nutzung auch im Freiland wenig überrascht.
Die weiteren Angaben in Hosts sind sehr fraglich und können ohne Studium der Primärquellen nicht nachvollzogen werden: Duranta erecta aus Ostafrika (wo die Art natürlicherweise nicht vorkommt) und Duranta sp. ohne nähere Angabe aus der Pan-Tropis könnte ja noch sein, Reis (Oryza sativa) aus Bangladesch bezieht sich aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf einen anderen Zünsler.
(Autor: Erwin Rennwald)
4. Weitere Informationen
4.1. Etymologie (Namenserklärung)
„Catalaunum Chalons.“
4.2. Andere Kombinationen
- Botys catalaunalis Duponchel, [1833] [Originalkombination]
4.3. Synonyme
- Botys venosalis Walker, [1866]
- Antigastra sionensis Caradja, 1929
4.4. Faunistik
Der unter 2-3 gezeigte Falter ist der Erstnachweis dieser Art aus Österreich. Huemer (2013) schreibt dazu: „Der Erstnachweis dieses Wanderfalters für Österreich gelang Buchner (2008) mit einem Beleg aus Niederösterreich (Ternitz-Doppling, 460 m, 31.8.2007, leg. Buchner).“
Aus Deutschland war bis Ende August 2017 noch kein Nachweis bekannt, aber H. P. Matter [Forumsbeitrag 30. August 2017] machte darauf aufmerksam: «Noch konnte die deutsche Flagge in der BH nicht gehisst werden. Doch bald dürfte es so weit sein. Gestern Abend hat Antigastra catalaunalis schon fast den höchsten Norden der Schweiz erreicht. Ganz, ganz wenige Kilometer fehlen noch bis zur deutsch/schweizerischen Grenze. Fundangaben: 29.VIII.2017, 21:40; Nordschweiz, Schaffhausen, Büttenhardt, in naturnaher Gartenanlage, 640 m, am Licht. Liebe Forumteilnehmerinnen und –teilnehmer im grenznahen Baden, Eure besondere Aufmerksamkeit ist gefragt.»
Wie sich herausstellen sollte, war der Deutschland-Nachweis schon drei Wochen zuvor – am 5. August 2017 – erfolgt, allerdings nicht in Südbaden, sondern im Altmühltal in Bayern. Segerer et al. (2017: 88) zeigen den Falter und berichten dazu: „Jetzt in einem aufgelassenen Steinbruchgelände bei Eichstätt gefunden: SL: Mörnsheim, LF 5.8.2017 (Haslberger).“ Schon im übernächsten Monat wurde in Bayern ein zweites Tier gefunden, wie die Arbeitsgemeinschaft Microlepidoptera in Bayern (2017: 70) berichtet: „Lkr. Würzburg, Oberzell, Hettstadter Steige, 25.x.2017, 1 (frischer) Totfund, leg. et det. Th. Stühmer, conf. W. Wolf.“
Ein weiterer Fund in Deutschland gelang Ulrich Feldmeier in Baden-Württemberg am 28. August 2020 [Forum] in Sigmaringendorf/Donau: "flog aus Beet mit diversen Stauden auf die Wiese, 560 m". E. Rennwald gelang am 28. September 2023 der Fund eines Falters innen an der Glasscheibe der Eingangstür zu einem Döner-Laden in Rheinstetten-Forchheim. Noch ist die Art in Süddeutschland nicht etabliert, aber das könnte sich durchaus ändern.
Schaffers (2009) unternahm den Versuch, den Herkunftsbereich der Falter vom September 2006 in den Niederlanden (und darüber hinaus) anhand der Luftströmungen in den Tagen und Wochen zuvor zu rekonstruieren. Er kam zum Schluss, dass alle diese Falter aus Südfrankreich, konkret aus dem Aude- und Rhonetal kamen. Bemerkebswerterweise liefen diese Lufttransporte aber ganz unterschiedlich schnell - von weniger als 3 Tagen bis zu über einer Woche. Zunächst zu den Funden: "In September and October 2006, A. catalaunalis moths were repeatedly captured in Belgium, England, Guernsey, The Netherlands, Ireland, Denmark and Sweden (table 1), indicating extraordinary northward migration. For Belgium and The Netherlands the species was new to the fauna. In The Netherlands it was first captured on 16 September in St. Kruis (Henk Bondewel and Pieter Simpelaar, pers. comm.), and then on 18 September in Retranchement (Anna Almekinders and Hans van Kuijk, pers. comm.), on 25 September in Bathmen (Harrie Groenink, pers. In England, 72 specimens were recorded in 2006 (table 1) (Anonymous 2006), but there may have been more than 100 (Mark Parsons, pers. comm.). The remarkable number of 19 specimens on 23 September coincides with the National Moth Night. Most of the records in Denmark were made with light-traps in which the catches were collected and identified over a period of several days (Bjarne Skule, pers. comm.). The record in Sweden is also made with a light-trap during the period of 30 September to 11 October 2006 (Nils Ryrholm, pers. comm.). Inquiry in Germany indicated there were no records (Willy Biesenbaum, pers. comm.)." Aus dem Rechenmodell war u.a. zu erfahren: "Two periods with favourable wind directions for migration from southern France to northern Europe occur, one for the Rhône delta (10-20 September) and the other for the Aude delta (9-20 September) (table 2). However, probably only the moths that took off on day 1 or 2 of these periods could have made it to northern Europe. This is because after each north-ward step (= night), the wind must be from the south again at the starting place for the next evening. The development of the two depressions west of Ireland made this possible. " Aber klar ist auch: "Not every attempt with backtracking was a success. The arrival in Guernsey and Portland (England) on 12 September could not be explained. In addition, many questions remain." Nicht alle Annahmen für das Rechenmodell müssen für jedes Individuum genau zutreffen. Und noch eine Frage bleibt offen, die nach den Beständen im (wahrscheinlichen) Ursprungsgebiet: "It is not easy to estimate how many moths must have taken off in southern France to make so many records possible in the Northern Europe, but it must have been a very large number. It is a great deficiency – and ever so much surprising – that there are no observations whatsoever of the species in France." Und die Faszination bleibt: "Is it not amazing to see such a tiny (sub)tropical moth, after a journey of ten days, covering a distance of 1725 km, arrive on a very small island in southern Sweden?"
In Großbritannien ist die Art (fast) sichernicht bodenständig, aber die Einwanderungen sind hier so zahlreich, dass nicht mehr von Einzelfunden gesprochen werden kann. Auch in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Dänemerk nehmen die Fundereignisse zu, hier wie auch in Schweden ist die Art bisher aber weder etabliert noch ein regelmäßiger Einwanderer in etwas größerer Zahl - hier wird im Kartenbild noch das Symbol "Einzelfund(e)" verwendet - das könnte sich aber ändern.
(Autoren: Erwin Rennwald & Jürgen Rodeland)
4.5. Publikationsjahr der Erstbeschreibung
Woodward (1922: 379) [Digitalisat auf biodiversitylibrary.org] teilt die Publikationsjahre des Bandes mit: 1-224 und pl. 211-224 1832, 225-336 und pl. 225-232 1833, 337-“[403]” [sic, recte: 400] und pl. 233-236 1834.
(Autor: Jürgen Rodeland)
4.6. Literatur
- Arbeitsgemeinschaft Microlepidoptera in Bayern (2017): Neue Ergebnisse in der bayerischen Kleinschmetterlingsfaunistik – 5. Beitrag. — Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 17: 61-72.
- Erstbeschreibung: Duponchel, P.-A.-J. („1831“) [1832-1834]: Histoire naturelle des lépidoptères ou papillons de France. Tome huitième. IIe Partie: 1-400, pl. CCXI-CCXXXVI. Paris (Méquignon-Marvis).
- Huemer, P. (2013): Die Schmetterlinge Österreichs (Lepidoptera). Systematische und faunistische Checkliste. – 304 S. (Studiohefte 12); Innsbruck (Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m.b.H.).
- Leraut, P. (2012): Moths of Europe. Volume 3. Zygaenids, Pyralids 1 and Brachodids. - 599 S.; Verrières-le-Buisson (N.A.P Editions).
- Murria, E. & G. King (1999): Observaciones sobre la biología de Antigastra catalaunalis (Duponchel, 1833) en el valle medio del Ebro, España (Lepidoptera: Pyralidae, Pyraustinae). — SHILAP Revista de Lepidopterología 27 (105): 139-143.
- Schaffer, J. (2009): Reconstruction of the origin of Antigastra catalaunalis, a new moth for the Dutch fauna (Lepidoptera: Crambidae). — Entomologische Berichten, 69 (2): 36-45. [PDF auf edepot.wur.nl]
- Segerer, A. H., Haslberger, A., Guggemoos, T. & P. Lichtmannecker (2017): Ergänzungen, Aktualisierungen und Korrekturen zur Checkliste der Schmetterlinge Bayerns (3. Beitrag) (Insecta: Lepidoptera). — Nachrichtenblatt bayerischer Entomologen 66 (3/4): 78-93.
- Simoglou, K.B., Sanastasiades, A.I., Sbaixeras, J. & E. Sroditakis (2017): First report of Antigastra catalaunalis on sesame in Greece. — Entomologia Hellenica, 26: 6-12. [zum Artikel auf researchgate.net]
- Singh, G. & J.S. Cheema (1984): Alternate host of sesame shoot and leaf-webber Antigastra catalaunalis (Duponchel) in Punjab [India]. — Journal of Research, Punjab Agricultural University, 21 (4): 645-646. [Sekundärzitat nach dem abstract auf cabi.org]
- Slamka, F. (2013): Pyraloidea of Europe (Lepidoptera). Volume 3. Pyraustinae & Spilomelinae. Identification - Distribution - Habitat - Biology. — 357 S., 133 Taf. mit Genitalabb., 31 Farbtaf. mit fast 1100 Bildern – Bratislava (Eigenverlag František Slamka).
- Woodward, B. B. (1922): Catalogue of the Books, Manuscripts, Maps and Drawings in the British Museum (Natural History). Vol. VI. Supplement: A–I: i-iv, 1-511, 1-48. London.