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Männchen
Erstbeschreibung
Inhalt

2. Diagnose

2.1. Männchen

2.2. Erstbeschreibung

3. Weitere Informationen

3.1. Andere Kombinationen

3.2. Synonyme

3.3. Taxonomie und Faunistik

Tiere dieser Art wurden sehr lange unter dem Namen "Ptilocephala agrostidis (Schrank, 1802)" geführt.

Nach der Erstbeschreibung von "Ptilocephala agrostidis" lagen dieser Tiere und Erfahrungen aus Bayern (Tegernsee und Umgebung) zu Grunde. Entsprechend wurde in der Fauna Europaea [Fauna Europaea, last update 27 january 2011] selbstverständlich Deutschland bei den Ländern mit Vorkommensnachweisen geführt. Pretscher et al. (1998) führen "Ptilocephala agrostidis" in ihrer Roten Liste für Deutschland in Kategorie „R“ (sehr seltene Art bzw. Art mit geographischer Restriktion) an.

Wer – ausgehend von dieser Vorinformation – ins „Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands“ (Gaedike & Heinicke 1999) schaute, konnte sich wundern, dass er den Artnamen dort gar nicht erwähnt fand. Gleiches passierte ihm, wenn er in die „Rote Liste der Kleinschmetterlinge (Lepidoptera: Microlepidoptera) Bayerns“ (Pröse et al. 2003[2004]) schaute – obwohl dort eine lange Fußnotenliste der aus verschiedenen Gründen angezweifelten und daher in der Roten Liste nicht berücksichtigten Arten existiert. Auch eine Suche nach diesem Namen in der Checkliste der „Kleinschmetterlinge“ Bayerns (Pröse & Segerer 1999 – Bearbeitung der Psychidae dort durch H. Kolbeck & A. H. Segerer) oder den Nachträgen dazu (Pröse et al. 2003) verlief ergebnislos.

In der Neufassung der Roten Liste der Spinnerartigen Falter Deutschlands (Rennwald et al. 2012) wird die Art nicht mehr eingestuft. Sie findet sich dort in einer Auflistung unter: „Gegenüber der Vorläuferliste (Pretscher 1998) bzw. der letzten Roten Liste zugrunde liegenden Gesamtartenliste gestrichen wurden Arten mit unverifizierbaren oder dubiosen Einzelnachweisen“. Warum? Und wie ist der Eintrag im World-Katalog von Sobczyk (2011) zu verstehen, der einerseits den Typenfundort ebenfalls in Bayern sieht, andererseits Funde in Deutschland negiert?

Die Lösung lautet, dass die in Deutschland arbeitenden Sackträger-Spezialisten seit Längerem davon überzeugt waren, dass das, was bis 2012 als "Ptilocephala agrostidis" angesprochen wurde, etwas anderes ist, als das, was Schrank (1802) bei seiner Erstbeschreibung vor sich hatte. Ptilocephala agrostidis sensu auct. nec (Schrank, 1802) musste also erst einmal einen neuen Namen bekommen, die Gattung eine neue Typusart.

Von Thomas Sobczyk bekam ich am 20. Januar 2012 dazu folgende Zeilen:

„Hallo Erwin,
das ist so eine Sache für sich...

Ptilocephala agrostidis Schrank, 1802 ist aus meiner Sicht eine fehlinterpretierte Art. Typen sind meines Wissens nicht vorhanden, die Beschreibung ist uneindeutig. So ist die Art in der Vergangenheit sehr unterschiedlich behandelt worden, beispielsweise als Synonym zu P. plumifera bei Strand 1929 (dem stehen jedoch die Flugzeit und der Sackbau entgegen).

Ich habe aus Deutschland nie einen Falter der gegenwärtig als P. agrostidis betrachteten Art gesehen. Nach der Beschreibung halte ich es für äußerst wahrscheinlich, dass dieses Taxon identisch mit P. muscella ([Denis & Schiffermüller], 1775) und damit als ein Synonym dazu zu betrachten ist. Eine korrekte Synonymisierung ist bisher nicht erfolgt.

Das wäre an sich einfach, wenn man in Südwesteuropa nicht etwas anderes unter P. agrostidis verstehen würde. Dabei handelt es sich nicht um P. muscella. Als ältester Name steht bei einer Synonymisierung von P. agrostidis (Schrank, 1802) mit P. muscella ([Denis & Schiffermüller]) erst einmal Bombyx atra Esper 1785. Dies ist aber nun ein Homonym zu Bombyx atra Linnaeus, 1761 und somit nicht verfügbar. Wenn man die Synonymliste durchgeht, kommt man zu P. atrella (Meigen, 1832) als möglicherweise nächst verfügbaren Namen. Darauf weist schon Hacker 1999 (bei der Bearbeitung zu Bombyx atra Esper, 1785) mit Hinweis auf eine Information von Helmut Kolbeck hin. Von Helmut Kolbeck stammt auch die Information aus meiner 1997 erschienenen Checklist der Psychidae Deutschlands, wonach die Nachweise von P. agrostidis in Bayern vermutlich auf Verwechslungen mit P. muscella beruhen.

Wenn P. atrella nicht zur Verfügung stände, wäre als jüngerer Name dann P. bicolorella (Boisduval, 1840) mit dem Typenfundort „Gallia“ verfügbar.

Diese taxonomischen Änderungen setzen natürlich weitere Recherchen und eine korrekte Publikation der Änderungen voraus. In diesem Zusammenhang muss auch die Typusart der Gattung Ptilocephala neu interpretiert werden. Da ich gegenwärtig nicht an dieser Gattung arbeite, habe ich mir pragmatisch damit beholfen, das Vorkommen einer eigenständigen Art P. agrostidis (Schrank, 1802) für Deutschland zu ignorieren. Damit entsteht für RL und Checklisten kein Schaden, da P. muscella jeweils enthalten ist. Vollständige Synonymlisten werden für solche Arbeiten traditionell nicht gedruckt.

Im Weltkatalog ist dem gegenwärtigen Stand entsprechend die Art genannt, der Typenfundort mit Bayern verzeichnet, die Art bei der Verbreitung in Deutschland jedoch nicht gemeldet. Ich hoffe, der Spezialist wird dies zu deuten wissen. Für umfangreiche Erläuterungen und Revisionen war im Buch kein Platz. Dies ist auch nicht Ziel eines solchen Kataloges.

Gern kannst Du diese Angaben zur Klarstellung im lepiforum zitieren.

Herzliche Grüße

Thomas“

(Autor: Erwin Rennwald [Stand 20. Januar 2012])

Konkret bedeutete das, dass wir die Seite Ptilocephala agrostidis hier zunächst weiterführten mit dem Inhalt, der Ptilocephala agrostidis sensu auct. nec (Schrank, 1802) meinte, also das, was jetzt P. atrella heißt.

Arnscheid & Sobczyk (2012) nahmen bald darauf die formale Synonymisierung von Ptilocephala agrostidis Schrank, 1802 mit Ptilocephala muscella vor. Für Ptilocephala agrostidis sensu auct. nec (Schrank, 1802) ermittelten sie als nächsten verfügbaren Namen Bombyx atrella Meigen, 1832.

Ptilocephala atrella - also Ptilocephala agrostidis sensu auct. nec (Schrank, 1802) - kommt in Südwesteuropa vor. Arnscheid & Sobczyk (2012) schreiben: "Verläßliche, durch Imagines belegte Nachweise liegen aus folgenden Ländern vor: Frankreich, Pyrenäen, unterhalb Port d´ Envalira (leg. et coll. W. Arnscheid), Andorra, Soldeu (leg. P. Hättttenschwiler, coll. M. Weidlich), Spanien (Agenjo, 1966) und Italien. Die Angaben zu P. atrella (Meig.) stat. rev. et comb. nov. [als P. agrostidis (Schrk.)] für Italien (Bertataccini, 2005) beziehen sich auf ein Gebiet im Norden des Landes in den Regionen Emilia-Romagna und Toscana." Die Angaben aus Österreich beziehen sich demnach (alle?) auf das Synonym Psyche angustella Herrich-Schäffer, [1847] mit angeblichem Typenfundort Wien. Die Autoren schreiben dazu: "Dubios bleibt in diesem Zusammenhang aber die Typenlokalität „Wien“. Diese war vermutlich selbst Herrich-Schäffer nicht sicher: „Aus Gysselens Sammlung, wo sie als atrella bezeichnet war; wohl aus der Wiener Gegend“. Diese Angabe wird bereits kurz darauf von Lederer (1858) bezweifelt und als plausible Herkunft Südfrankreich angenommen. In diesem Zusammenhang erscheint erwähnenswert, dass Döllinger (1838) über die Sammlung von Gysselen schreibt, daß dieser Material (u.a. Heuschrecken) aus Südfrankreich in seiner Sammlung habe. Hier drängt sich wieder der Gedanke auf, daß die Typenlokalität von P. angustella (H.-S.) eher in Südfrankreich als in Österreich zu suchen ist." Die älteren Angaben zu Wien und Kärnten sind beide sehr fraglich, wahrscheinlich falsch.

(Autor: Erwin Rennwald [Stand 4. Oktober 2017])

Auch nach Arnscheid & Weidlich (2017) erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Art von Spanien, Andorra, dem Süden und mittleren Teil Frankreichs ostwärts bis in die Mitte von Italien. Literaturangaben aus Österreich, Polen (Schlesien) und Rumänien werden ausdrücklich als Fehlbestimmungen bewertet, so dass es keinen Grund gibt, die Art länger als D-CH-A-Art zu führen.

(Autor: Erwin Rennwald [Nachtrag 27. Dezember 2017])

Bertaccini & Hausmann (2021) liefern Details zur Verbreitung der Art in Italien und vieles weitere Wissenswerte darüber hinaus.

(Autor: Erwin Rennwald [Nachtrag 19. Dezember 2022])

3.4. Publikationsdatum der Erstbeschreibung

Nach Griffin (1931) wurden die Seiten 1-48 des dritten Bandes 1830 herausgegeben. Ein genaueres Datum gibt Griffin nicht an, auch keine Publikationsjahre der Tafeln.

(Autor: Jürgen Rodeland)

3.5. Literatur

3.6. Informationen auf anderen Websites (externe Links)