Artberechtigung unklar!
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3. Weitere Informationen

3.1. Etymologie (Namenserklärung)

Nel et al. (2019: 218) erläutern: « « spathulella » pour rappeler la forme plus ou moins spatulée caractéristique du processus latéral de l’aedeagus.. »

3.2. Taxonomie

Die Beschreibung von S. spathulella ist wieder einmal ein Paradebeispiel dafür, wie man neue Arten nicht beschreiben sollte!

Die Ausgangsbasis: Huemer (2013: 213) hatte vermerkt: „Die Taxonomie von S. remissella ist noch unzureichend gelöst und wird aktuell von Huemer & Karsholt (in Vorb.) bearbeitet. Es handelt sich nach phänotypischen Merkmalen und erheblichen DNA Barcode Divergenzen wahrscheinlich um einen Komplex kryptischer Arten.“ Die Aufgabenstellung vor jeder neuen Namensvergabe war demnach klar:

  • Sammeln weiterer Exemplare für das Barcoding, insbesondere vom Typenfundort von S. remisella (Syrakus auf Sizilien), von den Typenfundorten aller derzeitigen Synonyme und Unterarten von S. remisella und überhaupt von möglichst vielen Stellen aus dem derzeit bekannten Gesamtverbreitungsgebiet von S. remisella s.l.
  • Barcoding von Tieren, die sich (genital-)morphologisch zu verschieden Gruppen zusammenzuschließen scheinen mit dem Ziel, diese Gruppenbildung genetisch zu bestätigen (oder zu verwerfen) und weitere Argumente für ihrer taxonomische Bewertung (als Arten oder Unterarten) zu sammeln.
  • Weitere Suche nach konstanten morphologischen Unterschieden zwischen Tieren, die beim Barcoding zu unterschiedlichen BINs gehören.
  • Versuch der Ableitung geographischer und/ oder phänologischer Muster der so ermittelten Taxa.
  • Versuch der Klärung der Biologie der so ermittelten Taxa mit dem Ziel, hier konstante Unterschiede zu erkennen.
  • Ggf. noch Heranziehung weiterer DNA-Marker (Kern-DNA).
  • Falls sich Unterschiede ergeben: (genital-)morphologische Überprüfung aller Typenexemplare der derzeitigen Synonyme von S. remisella.
  • Ggf. Festlegung von Lectotypen oder auch Neotypen für alle diese Namen unter Beachtung der Erreichung einer möglichst großen Stabilität in der Verwendung dieser Namen.
  • Und falls dann noch Taxa auf Artebene oder Unterartebene übrig bleiben, die noch keinen Namen tragen: Benennung derselben!

Die Autoren machen das anders: Sie stellen (gut nachvollziehbare) genitalmorphologische Unterschiede fest und beschreiben dann eben eine neue Art. Dabei untersuchten sie nur Tiere aus einer einzigen Region (Südost-Frankreich), kümmerten sich nicht um bekannte Synonyme zur Art, kümmerten sich nicht um eine Absicherung ihrer Ergebnisse durch Barcoding, entdeckten in der Literatur Hinweise auf sehr unterschiedliche Raupennahrungspflanzen, gingen diesen Angaben aber nicht weiter nach. Anders als bei den meisten neueren Artbeschreibungen dieser Autoren beruhte ihre Neubeschreibung diesmal nicht auf einem einzigen Exemplar oder ganz wenigen Individuen, sondern auf der Basis von immerhin 19 Exemplaren verschiedener Fundorte.

Und - ebenfalls ärgerlich und nicht den Standards entsprechend: Der (männliche) Holotypus bleibt in der Privatsammlung eines der Autoren - nur der (weibliche) "Allotypus" landet in einem Museum. Dabei wurde nicht einmal versucht per Barcoding zu klären, ob Männchen und Weibchen denn tatsächlich zum gleichen Taxon gehören, oder eventuell verschiedene Taxa betreffen! Denn immerhin liegen diese Fundorte weit über 100 km auseinander in verschiedenen Departements und verschiedenen Naturräumen.

Und was wissen wir jetzt? Eigentlich nichts Neues. Die Autoren (Nel et al. (2019: 217)) erwarten selbst, dass sie die Gruppe um S. remissella noch nicht verstanden haben: "Il est fort vraisemblable que d’autres espèces cryptiques avec S. remissella, non encore détectées, volent en France et des études ADN pourront peut-être le démontrer." Doch ohne Barcoding des Holotypus von S. spathulella geht hier nichts mehr.

Huemer & Karsholt (2020: 120) ergänzen: "Stomopteryx remissella. This species represents an unresolved species complex. DNA barcodes show an extraordinarily high and largely geographic variation, reflected by eight different BINs and differences in phenotype. The recently described Stomopteryx spathulella (Nel et al. 2019) probably belongs to one of the BINs summarized for S. remissella. However, the whole complex requires thorough revisionary work and a re-evaluation of available names."

Huemer & van Nieukerken (2021: 327) wiederholen: "Stomopteryx spathulella was described from several specimens of both sexes (Nel et al. 2019). DNA barcoding of the holotype failed but the species belongs to an unresolved species complex, reflected in the extraordinarily divergent barcodes comprising eight different BINs as well as differences in phenotype. However, as pointed by Huemer & Karsholt (2020), the whole complex requires thorough revisionary work and a re-evaluation of available names."

3.3. Faunistik

Vorerst nur durch das Typenmaterial aus Südostfrankreich bekannt. Nel et al. (2019: 217) schreiben aber: "Avec les exemplaires cités ci-dessus, dans la série-type, des départements des Alpes-Maritimes, Var, Hérault, Drôme et Haute-Loire, S. spathulella nous est également connue du Vaucluse et des Alpes-de-Haute-Provence." Sie verraten uns aber nicht einmal, ob S. remissella hier auch vorkommt.

3.4. Typenmaterial

Nel et al. (2019: 218): « HOLOTYPE mâle : France, Alpes-Maritimes, Courségoules, 945 m, 06.VII.1995, Th. Varenne leg., prép. gen. JN n° 4082, coll. Th. Varenne (Nice). »

Eine etwas größere Serie an Paratypen stammt ebenfalls von verschiedenen Fundorten im Südosten Frankreichs (Départements Var, Hérault, Drôme und Haute-Loire), soweit angegeben aus Höhenlagen zwischen 360 und 1000 m.

(Autor: Erwin Rennwald (28. November 2019, ergänzt 5. April 2020 und 27. März 2021))

3.5. Literatur