Version 21 (neueste) vom 8. Januar 2022 um 18:01:31 von Erwin Rennwald
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Artberechtigung (noch immer?) umstritten! Wohl Korsika-Endemit.
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3. Weitere Informationen

3.1. Etymologie (Namenserklärung)

Die Autoren der Erstbeschreibung (Nel & Varenne 2012) erläutern ihre Namenswahl: "« cyrneo » (Corse) + « chalcopepla », pour rappeler ses fortes affinités avec chalcopepla".

3.2. Taxonomie

2015 hatte ich hier formuliert: "Die Autoren der Erstbeschreibung (Nel & Varenne 2012) begründen die Abtrennung dieses Taxons von Pseudopostega chalcopepla mit sehr geringen äußeren Unterschieden und etwas deutlicheren Genital-Unterschieden. Eine Barcode-Überprüfung wäre hier in jedem Fall sinnvoll." Diese ist mittlerweile in Form der Untersuchung des Paratypus erfolgt, doch sie führte nicht zu einer klaren Lösung. Auf der inzwischen gesperrten Website pathpiva.fr, abgerufen 12.11.2016, war zu erfahren: "Le barcoding de cette espèce a été réalisé et un écart de 4,5 % constaté avec Pseudopostega chalcopepla (Erik van Nieukerken in litteris)."

Nieukerken et al. (2016) kamen auf der Basis der genau gleichen Untersuchung zu einem ganz anderen Schluss: "Pseudopostega chalcopepla (Walsingham, 1908). We synonymize Pseudopostega cyrneochalcopepla Nel & Varenne, 2012 on the basis of virtual identical genitalia (Figs 113, 114) and external characters. We examined and barcoded the paratype. The variable species, until more is known of these and other island populations. Island populations often have large barcoding gaps to mainland populations, which taken alone is in our opinion not sufficient for species status. Material: Pseudopostega cyrneochalcopepla: 1♂ paratype, [France, Corsica] Pertusato, Bonifacio, 24.v.2011, P. Varenne, DNA extracted from 1 leg, RMNH.INS.550071, collection J. Nel (later to be deposited in the Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum)."

4,5 % Unterschied beim Barcoding ist allerdings ein recht großer genetischer Abstand, der normalerweise klar für getrennte Arten spricht. Bei den angeblichen kleinen Unterschieden in den Genitalien kann man auf der Basis von 2 Exemplaren natürlich noch nicht sagen, wie sehr es hier in den Populationen Überschneidungen der herausgehobenen Merkmale gibt. Wenn die Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild und im Männchen-Genital, die man an den 2 Exemplaren der neuen Art gefunden haben will, aber durchaus in die Variationsbreite der Vergleichsart passen - und das legen die Worte von Nieukerken et al. (2016) nahe - dann ist es schwierig, daraus auf unterschiedliche Arten zu schließen. Dass auch die 4,5 % Unterschied beim Barcoding zwar ein Hinweis auf, aber kein Beweis für getrennte Arten sind, ist nachvollziehbar. Wenn sich die (Genital- und Barcoding-)Unterschiede anhand größerer Serien und eventuell weiteren Funden auf anderen Inseln erhärten, vor allem aber, wenn dazu noch Unterschiede in der Biologie kämen und die Taxa sich nicht, oder nur bedingt, kreuzen ließen, hätte P. cyrneochalcopepla doch Artberechtigung. Bis dahin ist die Synonymisierung die vermutlich zutreffendere Lösung. Hier im Lepiforum führen wir das Taxon vorerst als Art mit unklarer Artberechtigung weiter.

Soweit meine Zeilen von Ende 2016. Mittlerweile ist in der Zeitschrift R.A.R.E. ein Aufsatz von Nel & Varenne (2017) erschienen mit dem Titel: "Pseudopostega cyrneochalcopepla Nel & Varenne, 2012, bona species, stat. rest. [...]". Insgesamt bringt er wenig Neues. Die Autoren gehen noch einmal detaillierter auf die Genitalunterschiede der Männchen ein, diesmal unter Einbeziehung aller drei weiteren europäischen Arten. Weitere Exemplare von P. cyrneochalcopepla konnten dabei leider nicht gefunden werden, so dass über die Variationsbreite weiterhin wenig zuverlässiges gesagt werden kann. Wichtigstes Argument für eine Führung als eigene Art bleiben daher die 4,5, % Unterschied beim Barcoding. Diese aber sind zunächst nicht mehr als ein konkreter Hinweis, sicher kein Beweis für eine Eigenständigkeit des Taxons auf Artebene.

Nachtrag 8. Januar 2021: Nel & Varenne (2021) beschrieben mit Pseudopostega gnathosmagnella gleich noch eine fünfte Pseudopostega-Art für Frankreich und nutzten die Mitteilung, für eine weitere vergleichende Diskussion dieser Taxa. In Bezug auf den Paratypus von P. cyrneochalcopepla hatten Nieukerken et al. (2016) sämtliche genitalmorpologischen Unterschiede gegenüber P. chalcopepla pauschal bestritten, Nel & Varenne (2021) listen jetzt aber noch einmal alle Details auf, wo sie Unterschiede sehen und versuchen das auch anhand von Präparatefotos nachvollziehbar zu machen. Um die Unterschiede ihrer neuen Art (P. gnathosmagnella) gegenüber P. crepusculella nachvollziehbar zu machen, stellen sie anhand mehrerer Präparate die Variationsbreite von P. crepusculella dar. Bei P. cyrneochalcopepla / C. chalcopepla erfolgte dies nicht, aber die Autoren sammelten ihre Detaildaten an (mindestens) 10 männlichen Genitalpräparaten von C. chalcopepla und den beiden (leider immer noch!) einzigen bekannten Exemplaren von P. cyrneochalcopepla. Da ich hier keine Präparations-Artefakte unterstellen möchte, muss ich diese Unterschiede zur Kenntnis nehmen. Wie groß ihr diagnostischer Wert ist, können andere sicher besser beurteilen als ich, aber in Verbindung mit den 4,5 % Unterschied beim Barcoding spricht für mich hier doch Vieles für einen schon lange isolierten Inselendemiten Korsikas.

Den Hinweis darauf, dass die Artberechtigung von P. cyrneochalcopepla umstritten ist, lasse ich vorerst stehen - falls keine erneute Synonymisierung erfolgt, werde ich den Hiweis streichen. Ich persönlich gehöre mittlerweile zu denen, die von der Artberechtigung dieses Inselendemiten überzeugt sind. Schön wäre es trotzdem, wenn dies anhand weiterer Exemplare von Korsika (oder auch Sardinien) noch stärker belegt werden könnte - und auch die Biologie der Art endlich geklärt werden könnte.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.3. Typenmaterial

Nel & Varenne (2012) teilen mit:

"Holotype mâle : Pertusato, Bonifacio, 80 m, Corse du Sud, uv, 24 mai 2011, Th. Varenne leg., prép. gen. JN n° 25033, collection Th. Varenne à Nice.

Paratypes : 1 mâle, idem, prép. gen. JN n° 24980, collection J. Nel à La Ciotat."

3.4. Faunistik

Die Art ist bisher nur vom Typenfundort ganz im Süden Korsikas bekannt; Nel & Varenne (2012) vermuten, dass die Art auch noch auf Sardinien gefunden werden könnte, und dass es sich bei ihr um einen Endemiten handelt, der hier Pseudopostega chalcopepla ersetzt. Nel & Varenne (2021) können aber leider noch immer nicht über weitere Exemplare der Art berichten.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.5. Literatur