Taxon ohne Artberechtigung, hier getrennt behandelt
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Männchen
Weibchen
Geschlecht nicht bestimmt
Balz
Kopula
Eiablage
Raupe
Fraßspuren und Befallsbild
Ei
Habitat
Raupennahrungspflanzen
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Männchen

1.2. Weibchen

1.3. Geschlecht nicht bestimmt

1.4. Balz

1.5. Kopula

1.6. Eiablage

1.7. Raupe

1.8. Fraßspuren und Befallsbild

1.9. Ei

2. Biologie

2.1. Habitat

2.2. Raupennahrungspflanzen

2.3. Nahrung der Raupe

  • [Gentianaceae:] Gentiana cruciata (Kreuz-Enzian) [im Frühstadium, anschließend parasitische Lebensweise in Ameisennestern]

2.4. Lebensweise

Die Raupe lebt im Frühstadium in den Blüten des Kreuzenzians (Gentiana cruciata), wo sie anfangs die Samenanlagen im Innern der bereits etwas grösseren Stempel älterer Blüten frisst (Raupenbild 1). Die etwas grösseren Räupchen leben am Grunde der Blütenkelche und fressen Stempel und Staubbeutel völlig auf (Raupenbilder 2 und 3). Einige bohren sich auch in die kurzen Blütenstengel ein. Etwa Mitte Juli verlassen die Raupen die Enzianblüten, um von ihren Wirtsameisen (Myrmica spec.) adoptiert und in deren Nester verbracht zu werden. Von jetzt an ist die Lebensweise im Ameisennest parasitisch und die Raupen werden von ihren Wirtsameisen gefüttert. Verpuppung und Überwinterung im Ameisennest. (Text überwiegend von Rudolf Bryner)

3. Weitere Informationen

3.1. Andere Kombinationen

  • Maculinea rebeli (Hirschke, 1904) [bis zur Entscheidung der International Commission on Zoological Nomenclature 2017 (Opinion 2399) übliche Kombination]
  • Glaucopsyche rebeli (Hirschke, 1904)

3.2. Synonyme

3.3. Taxonomie

Eller, Pfeifer & Rennwald (2007) [in Schulte et al. (2007): Die Tagfalter der Pfalz] schreiben zu Maculinea rebeli (jetzt Phengaris rebeli): "Bis heute ist nicht abschließend entschieden, ob es sich bei Maculinea alcon, dem Lungenenzian-Ameisenbläuling, und Maculinea rebeli um zwei getrennte Arten handelt oder lediglich um verschiedene Ökotypen. Beide Taxa können nicht mit letzter Sicherheit morphologisch auseinander gehalten werden. Auf die Zugehörigkeit zu einem der Taxa wird daher meistens ausgehend vom Fundort geschlossen. Während Maculinea alcon eher feuchte Standorte mit Lungen- oder Schwalbenwurz-Enzian (Gentiana pneumonanthe, G. asclepiadea) bewohnt, lebt der Kreuzenzian-Ameisenbläuling auf trockeneren Flächen mit seiner namengebenden Wirtspflanze (Gentiana cruciata). Untersuchungen in jüngster Zeit sprechen gegen die Aufrechterhaltung des Artstatus von Maculinea rebeli. Besonders überzeugende Hinweise darauf, dass die Unterschiede zwischen den Formen nur marginal sind, lieferten in den letzten Jahren verschiedene genetische Studien: Pech et al. (2004) verglichen Morphologie und Ökologie, Als et al. (2004) DNA-Sequenzen, Pecsenye et al. (2005) und Bereczki et al. (2005) Allozyme. Steiner et al. (2006) konnten bei der Untersuchung larval-kutikulärer Substanzen keine taxonspezifischen Substanzen finden; lediglich ihre Zusammensetzung ließ ansatzweise eine Gruppierung zu. Auch die Eier wiesen nur sehr geringe morphologische Unterschiede auf. Steiner et al. (2006) sehen dennoch nicht zuletzt aus naturschutzpolitischen Gründen bisher von einer Synonymisierung der beiden Taxa ab."

Erschwert wird die Aufrechterhaltung der beiden Taxa auf Artniveau durch die Tatsache, dass es aus osteuropäischen Ländern auch Beobachtungen gibt, wonach die Falter aus Lungenenzian-Populationen auch ab und zu in angrenzenden Trockenbiotop-Vorkommen an Gentiana cruciata und sogar Gentianella ciliata und Gentianella amarella ablegen (z.B. Sielezniew et al. (2004)).

Die frühfliegende Phengaris rebeli hat mit Gentianella-Arten normalerweise nichts zu tun, da sie erst Monate später zur Blüte gelangen. Auf Gentianella konzentrierte Populationen wurden bisher - auch im Rahmen des europaweiten Projektes "MacMan" - anscheinend nicht weiter untersucht. Insofern betritt der Beitrag von W. Schweighofer aus dem östlichen Österreich hier im Forum ( [https://www.lepiforum.de/cgi-bin/2_forum.pl?noframes;read=15853] etc.) Neuland. Obwohl ganz eindeutig ein Trockenbiotop-Ökotyp soll er hier aus Gründen der Phänologie (späteste Flugzeit aller Phengaris alcon-Formen) unter Phengaris alcon und nicht unter Phengaris rebeli abgehandelt werden. Noch sind hier die Wirtsameisen und die Artzugehörigkeit der extrem schwierig anzusprechenden Gentianella-Arten (Kranz-Enzian) zu benennen und die genetische Distanz zu typischen Phengaris alcon von Lungenenzian und typischen "P. rebeli" von Kreuzenzian zu bestimmen. Wir legen die zugehörigen Bilder hier unter dem provisorischen Namen "Gentianella-Typ" ab.

P. rebeli wird unter Vorbehalt vorläufig noch als eigene Art geführt.

Weiter erschwert wird das durch das, was Huemer (2013) zusammenfasst: "Eine umfassende Studie über dieses Taxon von Habeler (2008) legt zumindest die Vermutung nahe, dass die aus den steirischen Alpen beschriebene Art M. rebeli nur in der subalpinen und alpinen Zone der Ostalpen vorkommt und alle Angaben aus tieferen Lagen der Alpen und aus anderen Ländern Europas sich nicht auf die echte M. rebeli beziehen. Daher sind auch genetische Untersuchungen der Gruppe M. alcon-rebeli kritisch zu hinterfragen, da sie einerseits zwar keine genetischen Divergenzen belegen konnten, andererseits aber topotypische M. rebeli gar nicht genetisch untersucht wurden. Der Artstatus wäre somit unter diesem Aspekt wiederum zu überprüfen und faunistische Meldungen zu kontrollieren."

Loritz (2007) warnte uns vor: „Nachdem Maculinea zeitweise als Untergattung innerhalb der Gattung Glaucopsyche geführt wurde (Hesselbarth et al. 1995, Nässig 1995, Settele et al. 2000), zeigen neuere genetische Untersuchungen, dass Maculinea nur mit der zentral- bis ostasiatisch verbreitenden Gattung Phengaris sehr nahe verwandt ist (Als et al. 2004). Möglicherweise werden in Zukunft beide Gattungen unter dem erstbeschriebenen Namen Phengaris synonymisiert. Eine solche Gattung Phengaris wäre innerhalb des Tribus der Polyommatini monophyletisch.“ Der formale Schritt wurde dann von Fric et al. (2007) vollzogen. In die deutschsprachige Literatur hatte das bisher noch keinen Eingang gefunden. Das änderte sich schlagartig mit dem Erscheinen der 2. Auflage von „Schmetterlinge. Die Tagfalter Deutschlands“ (Settele et al. 2009) Ende Februar 2009. Dort verrät nur ein winziger Kommentar bei “ Phengaris rebeli”, warum man den Namenswechsel in der Gattung vollzog: “Neue Erkenntnisse veranlassten uns, die Zuordnung des alten Gattungsnamens Maculinea als Untergattung zu Phengaris zu übernehmen (vgl. Fric et al. 2007)."

Brower (2008) erläutert: “Phylogenetic relationships as inferred from combined molecular and morphological evidence by Fric et al. (2007). Note that the former genus Maculinea, which included the European species M. arion and M. rebeli (now viewed as a synonym/subspecies of P. alcon), represents both basal and derived members of Phengaris. The type species of Maculinea is P. alcon, so even if Maculinea were retained as a distinct genus, it would not contain the charismatic European species P. arion.” Tatsächlich zeigt sein – wohl unverändert aus Fric et al. (2007) übernommenes – Kladogramm der verwandtschaftlichen Verhältnisse, dass alcon – also die Art, anhand derer die Gattung Maculinea beschrieben wurde – die Schwestergruppe zu allen anderen 10 Arten der bisherigen Gattungen Maculinea und Phengaris ist. Wenn dem so wäre gäbe es zwei denkbare Lösungen:

Entweder es gibt nur eine Gattung: dann müsste sie – weil klar prioritätsberechtigt – Phengaris heißen, oder aber Maculinea und Phengaris werden als getrennte Gattungen akzeptiert: dann würden nur alcon (und rebeli) zu Maculinea gehören, alle anderen Arten zu Phengaris. Im Falle von Phengaris als einziger Gattung stünde Maculinea nur noch in Kombination mit alcon (und rebeli) als Untergattung zur Verfügung, nicht aber für nausithous, teleius oder arion. Wir müssen uns also schon mal bereit machen, umzulernen, aber ich möchte das nicht überstürzen.

Mein Problem: Im Kladogramm, das BROWER (2008) zeigt, werden alle Äste als schwarze Striche durchgezogen, d.h. es wird nicht differenziert zwischen statistisch hochsignifikant abgesicherten und nur ganz vagen Verwandtschaftsverhältnissen. Man kann es glauben oder auch nicht. Ich weiß nicht, ob das im Original anders ist – ich hoffe es. Und dann mag ich Kladogramme überhaupt nicht. Gegenüber Phylogrammen, die auf den exakt gleichen Daten basieren, haben sie zwei Vorteile: Da alle Verästelungen rechtsbündig sind, lassen sie sich zum einen leicht beschriften, zum anderen sind sie prächtig geeignet, alles, was den Baum in Frage stellen könnte, zu vertuschen. Wahrscheinlich sind es beide Gründe, warum man bei Verwandtschaftsstudien auf genetischer Basis fast nur Kladogramm und eben keine Phylogramme findet. Ich möchte jetzt erst einmal wissen, wie viele Gene und welche hier für den Baum genutzt wurden – und natürlich auch, ob es beim Zugrundelegen verschiedener Gene zu verschiedenen Bäumen gekommen ist, von denen aber nur der angenehmste gezeigt wurde. [Hier haben wir in den letzten Jahren zunehmend das Problem, dass bei der Untersuchung von mehr Genen es in vielen Fällen zu konkurrierenden Bäumen kommt, die aber beide als statistisch hochgradig abgesichert gelten … ]. Mal sehen, wie das weitergeht.

Huemer (2013) benutzt ebenfalls weiter den Gattungsnamen Maculinea und schreibt dazu: "Die Gattung Maculinea ist ein jüngeres Synonym von Phengaris. Allerdings haben Balletto et al. (2010) auf Grund der Bedeutung von Maculinea in der entomologischen Literatur einen Antrag an die Internationale Kommission für Zoologische Nomenklatur gestellt, diesen Namen zu bewahren, und es wird hier bis zu einer Entscheidung der bisherig überwiegend gebräuchlichen Namensgebung gefolgt."

Ergänzung 5. Mai 2017: Die Zeit vergeht und die Kommission rührt sich nicht ... Aarvik et al. (2017) schließen daraus: "Fric et al. (2007) introduced Phengaris Doherty (1891) as the senior synonym of the genus that in Europe has been known as Maculinea Van Eecke, 1915. An application was sent to ICZN (Balletto et al. 2010) to conserve Maculinea. After six years ICZN still has not made a decision. In the meantime Phengaris has become more accepted, and we think it is unlikely that ICZN will vote in favour of the application. For this reason we follow simple priority in the present list." Ich fürchte, dass die Autoren Recht behalten werden und wir uns an den Namen Phengaris gewöhnen müssen - noch warte ich hier aber auf eine Entscheidung der Kommission (wozu haben wir die eigentlich?) und bleibe bei Maculinea.

Ergänzung 30. Oktober 2017:

Es kam, wie es zu befürchten war ...

Im Juni 2010 wurde von der Antrag auf Konservierung des Gattungsnamens Maculinea gestellt: "The purpose of this application, under Article 23.9.3 of the Code, is to conserve the widely used generic name Maculinea Van Eecke, 1915 in its accustomed usage. The name Maculinea Van Eecke, 1915 is threatened by its senior synonym Phengaris Doherty, 1891. It is proposed that Maculinea be given precedence over the other name whenever the two are considered to be synonyms." Und weil es kaum einen klassischeren Fall als hier gibt, wegen dem Artikel 23.9.3 überhaupt ins Leben gerufen wurde (immerhin ist Maculinea weit über wissenschaftliche Kreise hinaus zum Begriff geworden!), wäre eine rasche positive Entscheidung der Kommission eigentlich zu erwarten gewesen. Eigentlich ... Doch es zögerte sich alles über viele Jahre hinaus. Ich denke, die Diskussionskultur läuft hier grundsätzlich schief: Zugang zu den Artikel-Details auf bioone.org hat nur, wer entweder Teil eines registrierten Instituts ist, oder eben selber genug Geld hinlegt. Die "Praktiker" werden hier grundsätzlich nicht gefragt. Immerhin: Es gab diverse Diskussionsbeiträge und dabei zeichnete sich schon ab, was zu erwarten war. Doch nicht einmal die Entscheidungen der (geheim zusammengesetzten, sich selbst erwählenden) Kommission sind öffentlich frei zugänglich - freie Wissenschaft stelle ich mir da anders vor.

Im August 2017 wurde von dieser International Commission on Zoological Nomenclature das Ergebnis verkündet (Opinion 2399): "The International Commission on Zoological Nomenclature has declined to use its plenary power to conserve the generic name Maculinea Van Eecke, 1915 in its accustomed usage. As a result the generic name Phengaris Doherty, 1891 has priority over Maculinea Van Eecke, 1915 whenever the two are considered to be synonyms." Basta!

Und jetzt? Müssen wir dieser anonymen Altherrenrunde folgen? Rechtlich gesehen sicher nicht. Aber im Sinne der nomenklatorischen Stabilität eben doch. Also stelle ich hier jetzt doch auf Phengaris um - auch wenn Maculinea in der Praxis sicher noch lange Bestand haben wird.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.4. Literatur