Version 87 (neueste) vom 30. September 2024 um 18:34:17 von Jürgen Hensle
< 86 87 Schliessen Alle Versionen
Hinweis: Angaben aus Europa beziehen sich auf die ssp. sacerdos, die zeitweise von manchen Autoren [bis 26. März 2023 auch im Lepiforum] als eigene Art gewertet wurde
VorkommenLinks (0)Fundmeldungen
Länder:+11Kontinente:EUASNA
ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]
asiatische Unterarten
ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]
ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]
ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]
Männchen
Weibchen
Falter
Erstbeschreibung
Beschreibung der europäischen Unterart P. phoebus sacerdos
ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.1.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]
1.1.2. asiatische Unterarten

1.2. Kopula

1.2.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]

1.3. Raupe

1.3.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]

1.4. Ei

1.4.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]

2. Diagnose

2.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]

2.1.1. Männchen
2.1.2. Weibchen
2.1.3. Falter

Im Gegensatz zu P. apollo hat P. sacerdos deutlich schwarz-weiß geringelte Fühler und meist auch auf den Vorderflügeln rote Flecken. In Mitteleuropa kommt P. sacerdos außerhalb der Alpen nicht vor. Zudem trägt P. sacerdos meist zwei rote Flecken am Vorderflügel-Costalrand, die P. apollo fehlen.

2.2. Raupe

2.2.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]

Die Raupe hat gelbe bis gelborange Seitenflecken. Sie ähnelt damit sehr der Raupe von P. apollo, die nicht immer orange, sondern zuweilen ebenfalls gelbe bis gelborange Seitenflecke hat. Wo beide Arten syntop vorkommen, sind ohne Kenntnis der Nahrungspflanze heller gezeichnete Raupen somit nicht sicher zu unterscheiden (Hinweis Jürg Schmid)! Auch die Raupe von P. mnemosyne trägt gelborange Seitenflecken, kommt aber nie im Habitat der P. phoebus ssp. sacerdos-Raupe vor. Letztlich kann sie mit der Raupe von Cucullia lucifuga verwechselt werden. Jedoch hat auch diese rote Seitenflecken.

2.3. Ähnliche Arten in Europa

2.4. Erstbeschreibung

2.5. Beschreibung der europäischen Unterart P. phoebus sacerdos

3. Biologie

3.1. Lebensraum und Lebensweise

3.1.1. ssp. sacerdos [das in Europa vorkommende Taxon]

Die Art hat einen sehr speziellen Lebensraum: Er liegt an Quellen, entlang von Gebirgsbächen und auf überfluteten Wiesen, wo die Nahrungspflanze der Raupe, der Bewimperte Steinbrech (Saxifraga aizoides) wächst. Diese Pflanze kommt nur an solchen nassen Stellen vor, oftmals an flachen Stellen oder auf Steinen im Bach selbst.

Das Weibchen legt die Eier zumeist nicht an die Nahrungspflanze, sondern an Steine oder trockene Pflanzenteile in deren Nähe. Auch dass das Weibchen die Eier in den Sand hineinlegt, wurde schon beobachtet. Meist überwintert die Raupe fertig entwickelt im Ei, zuweilen aber auch die frisch geschlüpfte Raupe. Sonst schlüpft die Raupe im Vorfrühling und lebt bis in den Juni hinein in dieser dauerfeuchten Umgebung. Ob die Raupe wirklich auch an Sempervivum montanum und Rhodiola rosea gefunden werden kann, wie in der Literatur zuweilen vermerkt, muss noch überprüft werden.

Normalerweise fliegt der Falter oberhalb der Baumgrenze in Höhen zwischen 2000 und 2500 m, gelegentlich kann er in den Zentralalpen auch bis auf 2800 m steigen. In Lawinenrunsen und in tief eingeschnittenen, schattig-kühlen Tälern kann er aber auch bis auf ca. 1300 m in die hochmontane Stufe herabsteigen. Der Falter fliegt in einer Generation meist im Juli/August. An besonders warmen Stellen kann er auch schon Mitte Juni erscheinen und in kalten Jahren vereinzelt bis Ende September fliegen.

(Autor: Jürgen Hensle)

4. Weitere Informationen

4.1. Etymologie (Namenserklärung)

Synonym delius: „Beiname des Apollo, der auf Delos geboren sei.“

Spuler 1 (1908: 4R)

4.2. Andere Kombinationen

4.3. Synonyme

  • Papilio delius Esper, [1804]
  • Parnassius delius (Esper, [1804])
  • Parnassius corybas Fischer von Waldheim, 1823
  • Parnassius corybas ssp. sacerdos Stichel, 1906
  • Parnassius sacerdos Stichel, 1906

4.4. Unterarten

  • Parnassius phoebus ssp. sacerdos Stichel, 1906 [das in Europa vorkommende Taxon]

4.5. Taxonomie und Nomenklatur

Einige Untersuchungen der 1990er Jahre gingen davon aus, dass der asiatisch-nordamerikanische "P. phoebus" (Typenfundort: Sibirien) nicht mit den alpinen Populationen konspezifisch ist. Für die alpine Art wäre dann P. sacerdos Stichel, 1906 der erste verfügbare Name. Literatur hierzu: Häuser 1993, Nardelli 1991 und Shepard & Manley 1998.

[Forumsbeitrag von Axel Steiner]

Huemer (2013) schrieb zu P. phoebus: "Aus Österreich nur in der ssp. sacerdos sowie der aktuell als Synonym eingestuften ssp. styriacus bekannte Art, die Nominatunterart stammt hingegen aus Zentralasien. Umfassende genetische und morphologische Untersuchungen führten zu keinen restlos überzeugenden taxonomischen Rückschlüssen (Todisco et al., 2012; Weiss, 2005) und das Taxon P. phoebus sacerdos wird daher in Anlehung an Fauna Europaea (Karsholt & Nieukerken, 2011) vorerst nur als Unterart behandelt und nicht als valide Art P. sacerdos."

Im "Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands" von Gaedike et al. (2017) wird Parnassius sacerdos Stichel, 1906 als Artname verwendet. Egal, ob man es nun als Unterart oder als Art akzeptiert: das Taxon sacerdos vertritt den Hochalpen-Apollo in Europa.

Der Hochalpen-Apollo wurde in Europa lange unter dem Namen Parnassius delius (Esper, [1804]) geführt. Dieser Name war aber weder der älteste Name, noch stand er überhaupt als Taxon-Name zur Verfügung, da die Originalkombination Papilio delius (Esper, [1804]) jüngeres primäres Homonym zu Papilio delius Drury, [1782] (jetzt Antanartia delius (Drury, [1782]) ist. Daraufhin fand der ältere Name Parnassius phoebus (Fabricius, 1793) breite Anwendung, bis dann genetische Studien andeuteten, dass die Populationen von Asien und Nordamerika artverschieden zu denen der Alpen sein könnten. Daraufhin wurde das Taxon der Alpen je nach Autor Parnassius phoebus ssp. sacerdos oder auch Papilio sacerdos (Stichel, 1906) genannt.

Doch es sollte noch mehr Verwirrung um die Namensgebung geben: Hanus & Theye (2010) überraschten mit einer Arbeit mit Titel "Parnassius phoebus (Fabricius, 1793), a misidentified species". Darin wiesen sie überzeugend nach, dass Parnassius phoebus (Fabricius, 1793) etwas anderes war als Parnassius phoebus aller späterer Autoren, also nicht unser oder der asiatische bzw. nordamerikanische Alpenapollo, sondern das, was bis dahin als Parnassius ariadne (Kindermann, 1853) geführt wurde. Parnassius phoebus sensu de Prunner, 1798 und späterer Autoren brauchte also einen neuen Namen, den Hanus & Theye (2010) in Parnassius phoebus corybas Fischer de Waldheim fand, einem zunächst als Unterart aus Kamtschatka beschriebenen Taxon. In der Konsequenz müssten die europäischen Tiere - wenn man sie nicht als artverschieden von den Tieren aus Kamtschatka ansieht - also als Parnassius corybas ssp. sacerdos geführt werden.

Wir diskutierten dies auch im [Lepiforum 7. Februar 2011 und Folgebeitrag]. Balletto & Bonelli (2014) nahmen sich der Sache an und beantragten bei der Internationalen Nomenklaturkommission die Unterdrückung des praktisch nie im Sinne der Erstbeschreibung verwendeten Namens Papilio phoebus Fabricius, 1793, wodurch Papilio phoebus de Prunner, 1798 aus der Homonymie befreit würde. Parnassius ariadne könnte dann seinen gewohnten Namen behalten und das, was bisher Parnassius phoebus hieß, bräuchte dann nur einen neuen Autor: "Parnassius phoebus (de Prunner, 1798)". Im Sinne der Namensstabilität ein sehr naheliegender Vorschlag. Doch wie auch im Fall "Maculinea" schien die Nomenklaturkommission ihre Aufgabe nicht in der Stabilisierung von Namen zu sehen. Der Antrag wurde (mit eher knapper Mehrheit) abgelehnt (ICZN 2017).

Für uns hatte das die Konsequenz, dass uns für unser Tier aus den Alpen nur noch die Auswahl zwischen Parnassius corybas sacerdos und Parnassius sacerdos blieb! In diesem Fall entschied ich mich für die in Europa zwischenzeitlich eingeführte Kombination "Parnassius sacerdos" mit dem Hinweis, dass die Artberechtigung umstritten ist. "Parnassius sacerdos" hatte bis dahin in einige europäische Faunenwerke Eingang gefunden, "Parnassius corybas" hingegen gar nicht.

Wiemers et al. (2018: 15) überraschten mit dem Hinweis auf einen - durchaus sinnvollen - neuen Antrag der Verlierer: "In a few cases, necessary changes due to new nomenclatural findings have not been carried out yet, because they would result in the replacement of a well-established name by an (almost) unknown synonym. Such cases should be referred to the International Commission on Zoological Nomenclature for ruling, and changes implemented only after a decision has been made by the Commission. One such case is the wellestablished name Parnassius phoebus, which has turned out to represent another Asian Parnassius species which is currently known as Parnassius ariadne (Lederer, 1853) (see Hanus and Thèye 2010) and would thus need to be replaced. After the first attempt to preserve this name (Balletto and Bonelli 2014) failed (ICZN 2017), a second proposal has recently been submitted to the Commission (Lukhtanov et al. in press). According to article 82.1 of the code, prevailing usage has to be maintained until the case has been decided by the Commission." Letzteres hatte aber noch nie funktioniert - siehe das Beispiel "Maculinea". Wir fühlten uns daher frei, den mittlerweile in Ansätzen "etablierten" Namen P. sacerdos für die europäischen Tiere beizubehalten. Der Artikel von Lukhtanov et al. (2019) wurde am 30. April 2019 publiziert. Es folgten 4 unterstützende Anträge an die ICZN und ein ablehnender Antrag. Der Antrag verlangte jetzt nicht mehr eine Unterdrückung des Namens Parnassius phoebus (Fabricius, 1793), sondern die Unterdrückung aller bisheriger Neotypen zu diesem Namen und die Fixierung auf einen neuen Neotypus: "To stabilize the prevailing usage of the name phoebus Fabricius, 1793 as required by the Art. 75.6, we propose that all previous neotype designations are set aside and the following specimen be designated as the neotype of Papilio phoebus Fabricius, 1793: male, labeled “Altai, Ongudai”, “к. Авинова” (in Russian; translation = “c[ollection] of Avinoff”), “Chosen as prospective | Neotype of Papilio phoebus | Fabricius, 1793 | by VL under an application to the ICZN” and “Zoological Institute | St. Petersburg INS_LEP_0000940”, deposited in the Zoological Institute, Russian Academy of Sciences, St. Petersburg (Fig. 2). This specimen was acquired with the collection of Andrey Avinoff (1884–1949) and was collected near the village of Ongudai in central Altai (50°45' N; 86°08' E). This locality (Ongudai) was described by Elwes (1899: 298) and corresponds exactly to the prevailing opinion regarding the type locality of Papilio phoebus Fabricius, 1793 (Bryk, 1935; Kaabak et al., 1997; Gorbunov, 2001; Churkin, 2003)." Eine solche Neotypen-Festlegung war prinzipiell möglich, denn Fabricius (1793) hatte nicht nur kein Typusexemplar hinterlassen, sondern in seiner Arbeit selbst auch gar keinen Falter der Art abgebildet. Die von Hanus & Theye (2010) herangezogene Abbildung wurde von Fabricius (1793) lediglich als Indikation herangezogen - gut möglich, dass ihm bei seiner knappen Beschreibung ein P. phoebus späterer Autoren vorgelegen hatte und er nicht merkte, dass auf dem indizierten Bild eine andere Art dargestellt war.

Und wieder vergingen Jahre. Man munkelte, aber es gab nichts Schriftliches. Dann erschien am 29. Dezember 2023 das "Bulletin of Zoological Nomenclature 80" mit "Opinion 2488 (Case 3767) – Papilio phoebus Fabricius, 1793 (currently Parnassius phoebus; Insecta, Lepidoptera): usage conserved for the specific name and that of Doritis ariadne Lederer, 1853 (currently Parnassius ariadne) by the designation of a neotype". Man folgte dem Vorschlag diesmal mit großer Mehrheit. Das hat die Konsequenzen:

"The International Commission on Zoological Nomenclature has hereby:

  • (1) used its plenary power to set aside all previous fixations of type specimens for the nominal species Papilio phoebus Fabricius, 1793, and to designate the specimen INS_LEP_0000940, deposited in the Zoological Institute, Russian Academy of Sciences, St. Petersburg, as the neotype;
  • (2) placed the following names on the Official List of Specific Names in Zoology:
  • (a) phoebus Fabricius, 1793, as published in the binomen Papilio phoebus and as defined by the neotype designated in (1) above; and
  • (b) ariadne Lederer, 1853, as published in the binomen Doritis ariadne."

Im Antrag wurde mehrfach betont, dass die europäischen Hochalpen-Apollos wieder P. phoebus heißen sollte. Und tatsächlich legt die gründliche Studie von Todisco et al. (2012) nahe, dass es mit 3 % Barcoding-Abstand zwar eine gewisse Berechtigung für die artliche Trennung von P. smintheus aus Nordamerika von der europäisch-asiatisch und bis Alaska verbreiteten P. phoebus gibt, dass das europäische Taxon aber nicht als eigene Art, sondern viel eher als Untart abzutrennen ist: Parnassius phoebus ssp. sacerdos Stichel, 1906. Dem schließen wir uns an.

Ganz ohne Kritik geht das aber nicht: Dass Entscheidungen der Komission derart lange auf sich warten lassen, ist im Internet-Zeitalter untragbar. Noch viel unverständlicher ist es, dass zwischen endgültigem Beschluss der Komission (am 30. Juni 2022) und der Publikation dieses Ergebnissen (am 29. Dezember 2023) nochmals 18 Monate vergingen. Als Beitrag zur nomenklatorischen Stabilität kann man das ganz sicher nicht verstehen.

(Autor: Erwin Rennwald [ergänzt 26. März 2024])

4.6. Verbreitung

Der Hochalpen-Apollo lebt in den Hochlagen der Alpen (ssp. sacerdos), im Ural, in Zentralasien sowie in den Bergen Sibiriens und im nördlichen Nordamerika (Alaska, weiter südlich in Nordamerika wird er durch Papilio smintheus abgelöst). In den Alpen ist er auf die zentralen Gebirgskämme von den Alpes Maritimes bis in die Steiermark beschränkt. In den nördlichen und südlichen Kalkalpen fehlt er weitestgehend.

Das Vorkommen in Deutschland ist auf die bayerischen Alpen-Hochlagen begrenzt und nach den wenigen Falterdaten möglicherweise gar nicht autochthon, sondern von gelegentlicher Zuwanderung aus grenznahen österreichischen Vorkommen abhängig. (Siehe hierzu auch Diskussion von A. Steiner in Gaedike et al. (2017)).

4.7. Literatur

4.8. Informationen auf anderen Websites (externe Links)