Version 18 (neueste) vom 4. Februar 2023 um 0:02:28 von Erwin Rennwald
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Erstbeschreibung
Inhalt

2. Diagnose

2.1. Erstbeschreibung

3. Biologie

3.1. Nahrung der Raupe

  • [Apiaceae:] Deverra chloranthus [nach Pittaway et al. (1995) wichtigste Eiablagepflanze in Nordafrika]
  • [Apiaceae:] Deverra tortuosa [= Pithuranthos tortuosus] [Sinai]
  • [Apiaceae:] Deverra scoparia [= "Deverra scopularia" bei Leraut (2016)]
  • [Apiaceae:] Ferula communis [nach Pittaway et al. (1995) wichtige Eiablagepflanze der ssp. rathjensi im Jemen]
  • [Apiaceae:] Pycnocyla glauca [nach Pittaway et al. (1995) wichtige Eiablagepflanze der ssp. rathjensi in Saudi-Arabien]
  • [Apiaceae:] Seseli varium

Es werden nur stark xerophytische Doldenblütler belegt.

4. Weitere Informationen

4.1. Taxonomie

Pittaway et al. (1994) erheben das zuvor meist als Unterart von P. machaon angesehene Taxon saharae in den Artrang. Neben kleineren äußeren Unterschieden und ebenfalls kleinen Unterschieden in den Genitalien begründen sie das vor allem mit der stark abweichenden Raupen-Zeichnung und Raupen-Färbung sowie mit einer klaren Abgrenzung genutzter Eiablagepflanzen und Eiablagehabitate.

4.2. Faunistik

Alle Angaben zu P. saharae aus Europa (Malta, Sizilien) betreffen Papilio machaon!

P. saharae ist in einem Streifen in Nordafrika von Marokko bis zu Sinai-Halbinsel und Jordanien, in der Unterart ssp. rathjense bis zum Jemen verbreitet, aber stets nur ganz lokal zu finden. Locus typicus ist Laghouat, ca. 300 km südlich von Algier in Algerien.

Moonen (2012) sortierte Teile der Papilioniden-Sammlung im Museum in Amsterdam und machte dabei einen überraschenden Fund: "While sorting the Palaearctic Papilionidae collection in the Zoological Museum Amsterdam, the following species in the Papilio machaon group have been acknowledged: [...] Surprisingly, the collection contained a male specimen of P. saharae, found in Lentini, Sicily, whereas in Sicily until now only P. machaon sphyrus was found while P. saharae saharae was found in North Africa only." Das völlig frische Männchen trug ein Etikett: "Italia, Sicilia, Lentini 20.ix.1978. don H. v. Oorschot" - und von Oorschot bestätigte auf Anfrage, dass er das Tier auch genau dort gefangen hatte, also keine Fehletikettierung vorlag: "There is no doubt about the locality (H. van Oorschot personal communication) and therefore it is the first record for Europe."

Und damit begannen die Fragen: War das Tier (von Tunesien?) hierher verflogen? Oder gibt es in den Trockenflächen bei Lentini gar eine Population von P. saharae? Moonen (2012) hielt Letzteres für gut möglich, wollte auf der Basis eines Einzeltiers aber auch nicht weiter spekulieren.

Angeregt durch diesen Bericht meldete Leraut (2016) den Fund mehrerer ("several") weiterer Exemplare von Sizilien im Naturkundemuseum in Paris (MNHN); abgebildet wurde davon ein frisches Weibchen - genauere Fundorte oder Funddaten wurden nicht genannt. Man konnte also glauben, was man wollte. Den Vogel schoss er dann mit dem Umgang des auf dürftiger Datengrundlage beschriebenen Taxons Papilio machaon melitensis Eller, 1936, von Malta ab. Rein auf der Basis nicht konkret bezeichneter Schwalbenschwanz-Fotos von Malta im Internet nahm er eine Neukombination mit P. saharae vor, so dass es jene Art jetzt auch auf Malta gab: "Illustrations on the Internet of melitensis Eller from Malta convinced me that it is indeed P. saharae melitensis Eller, 1936, stat. rev.". Begründung: Keine! Angeführte Merkmale die für die Zugehörigkeit zu P. machaon oder P. saharae sprechen: Keine! Genannte Unterschiede der angeblichen "ssp. melitensis" gegenüber P. saharae saharae: Keine! Das einzige was daraus abzuleiten war: Es könnte sich lohnen, auf Sizilien und Malta gezielt nach Eiern und Raupen von P. saharae zu suchen und "verdächtige" Falter von dort genetisch zu untersuchen.

Cassar (2018) meldete eine neue Falterbeobachtung von Sizilien - genetisch untersucht wurde aber auch dieses Tier nicht und Funde entsprechender Präimaginalstadien fehlen bislang noch immer. Doch dies hat sich mittlerweile mehr oder weniger erledigt.

Wiemers et al. (2018) gehen nicht auf die Fundmeldungen der Art aus Europa ein.

Coutsis et al. (2018) untersuchten endlich einmal die Genitalien der angeblichen P. saharae aus Malta und Sizilien, verglichen sie mit echten P. saharae aus der Negev-Wüste Israels, mit P. machaon und Zucht-Hybriden ebenfalls aus Israel - und siehe da: die Tiere von Malta und Sizilien erwiesen sich als klare Papilio machaon! Damit ist klar, dass die genannten äußeren Merkmale nicht zur sicheren Identifizierung taugen, aber auch, dass P. saharae in Europa vollständig fehlt! "P. saharae melitensis" ist nichts anderes als ein von Leraut (2016) auf mehr als dubioser Grundlage produziertes Synonym zu Papilio machaon.

Das war der Stand von Ende 2020, als ich die Frage zu Papilio saharae für Europa als erledigt ansah. Nicht so Cassar & Catania (2022), die jetzt auf Lampedusa verdächtige Tiere fanden. Dann der Schock am 26. Januar 2023. Cassar et al. (2023) meldeten nicht nur, dass die Tiere von Lampedusa Merkmale beider Arten zeigen würden, sondern sie beschrieben die Tiere auch gleich noch als neue Unterart von P. saharae: Papilio saharae aferpilaggi Cassar, Catania & Cotton, 2023. Wieder alles nur nach angeblichen äußeren und Genitalmerkmalen. Barcoding wurde zwar gemacht, darüber wollte man aber später in einer eigenen Publikation berichten. Die schnelle Namensvergabe war da viel zu wichtig, um solche Ergebnisse abzuwarten. Aber wieso ausgerechnet Lampedusa? Weil Lampedusa beim letzten Eiszeit-Maximum durch eine Landbrücke mit Nordafrika verbunden, aber von Sizilien getrennt war. Und warum dann eine eigene Unterart ? Weil das Mittelmeer seit Jahrtausenden wieder eine Grenze bildet. Komisch, dass fast jeden Herbst auf Lampedusa (als auch auf Malta und Sizilien) so viele Insektenarten aus Nordafrika angeweht werden - nur so starke Flieger wie Papilio saharae bzw. Papilio machaon schaffen es nie über das Meer? An so eine Isolation kann ich nicht glauben. Die Arbeit von Domagala & Lis (2022) hätte eigentlich Warnung genug sein müssen: ihre genetische Studie (bisher nur mitochondriale DNA) zeigt ganz klar, dass die europäischen Schwalbenschwanz-Populationen von England bis zum Ural und von Skandinavien bis Sizilien in regelmäßigem Austausch miteinander standen, so dass hier keine getrennten Unterarten gerechtfertigt sind. Könnte das nicht auch noch für Lampedusa gelten?

(Autor: Erwin Rennwald)

4.3. Literatur