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Falter
Balz
Ausgewachsene Raupe
Jüngere Raupenstadien
Puppe
Ei
Diagnose
Vergleich: Hipparchia genava (links) - Hipparchia fagi (Mitte) - Hipparchia alcyone (rechts)
Eiervergleich: links Hipparchia fagi mit Chazara briseis rechts
Erstbeschreibung
Habitat
Parasitoide
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Balz

1.3. Ausgewachsene Raupe

1.4. Jüngere Raupenstadien

1.5. Puppe

1.6. Ei

2. Diagnose

2.1. Vergleich: Hipparchia genava (links) - Hipparchia fagi (Mitte) - Hipparchia alcyone (rechts)

2.2. Falter

Hipparchia fagi ähnelt sehr Hipparchia alcyone und Hipparchia genava. Die beiden letzteren haben durchschnittlich eine über einen Zentimeter geringere Spannweite. Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit findet sich in der Binde der Hinterflügel-Unterseite. Diese hat bei H. fagi eine mehr oder weniger gerade Innenbegrenzung, bei H. alcyone und H. genava hingegen ist sie meist in der Mitte etwas stärker geknickt, bzw. die V- oder U-förmige Einbuchtung der Binde ist bei diesen markanter und tiefer. Absolut sicher sind diese Unterscheidungsmerkmale jedoch nicht. Jedoch sollte es möglich sein, dort wo eine der Arten in größerer Anzahl fliegt, zu erkennen, ob es sich um den Großen Waldportier oder eine der beiden kleineren Verwandten handelt. Für eine sichere Unterscheidung muss man die Stäbchenschuppen am Hinterleibsende der Männchen (Julliensches Organ) freilegen. H. fagi hat hier zwei bis vier Stäbchen, H. genava 8-12 und H. alcyone 15-30.

Ebenfalls sehr ähnlich ist die südosteuropäisch-vorderasiatische Hipparchia syriaca. Auch hier hilft ein Blick auf die Hinterflügel-Unterseite. Bei H. syriaca ist dort wo die Binde der Zelle gegenüberliegt, meist ein deutlicher Vorsprung zu erkennen. Bei dieser Art beträgt die Anzahl der Stäbchenschuppen vier bis 13 auf jeder Seite des letzten Tergits.

2.3. Raupe

Die Raupe von H. fagi hat eine schwache, unterbrochene dunkle Rückenlinie. Sie ist lediglich im hinteren Drittel durchgängig angelegt. Dahingegen ist die Rückenlinie bei der Raupe von H. alcyone durchgängig gezeichnet, so dass beide Arten im Larvalstadium problemlos und sicher zu unterscheiden sind.

2.4. Eiervergleich: links Hipparchia fagi mit Chazara briseis rechts

Rechts: Deutschland, Bayern, Altmühltal, 31. August 2011 (cult., det. & fot.: Mario Peluso) [Forum]

2.5. Ähnliche Arten

2.6. Erstbeschreibung

3. Biologie

3.1. Habitat

Der Falter fliegt auf Halb- und Volltrockenrasen, meist angelehnt an Wälder oder Gebüsche.

3.2. Lebensweise

Je nach Lokalklima kann die Flugzeit in Südeuropa schon Anfang Juni beginnen. In Mitteleuropa hingegen sieht man die Falter kaum vor Ende Juni, meist erst Anfang Juli. Hier fliegen sie ununterbrochen bis etwa Mitte September. In Südeuropa wird hingegen oft eine Sommerdiapause eingelegt, nach der die Falter erst wieder im September erscheinen. Dort kann die Flugzeit dann bis Mitte Oktober andauern. In Südeuropa kann der Große Waldportier auf Felsensteppen und in der Garrigue zuweilen sehr häufig sein. In Mitteleuropa und im nördlichen Südeuropa bevorzugt er tiefere Lagen, meist unterhalb 1000 m, wenngleich er in den Südalpen vereinzelt auch einmal bis 1700 m steigen kann. Hierdurch kann er oftmals schon von H. genava unterschieden werden, denn diese Art tritt vor der Übersommerung in Südeuropa unterhalb 900 m kaum wo auf. Im südlichen Südeuropa steigt H. fagi viel weiter ins Gebirge, vereinzelt bis über 2000 m. Und nach der Übersommerung fliegen die Falter generell weit umher, sodass auch einmal Tiere weit entfernt ihres Entwicklungshabitats von der Meeresküste bis in höhere Gebirgslagen angetroffen werden können.

Die Eiablage erfolgt an Gräsern an offenen, fast vegetationslosen Stellen oder erstzweise an die Rinde von Bäumen in der Wiese. Die Raupe überwintert jung und verpuppt sich in einem lockeren Gespinst in der obersten Bodenschicht oder in einem Graswurzelballen.

(Autor: Jürgen Hensle)

3.3. Parasitoide

4. Weitere Informationen

4.1. Andere Kombinationen

4.2. Synonyme

4.3. Anmerkung zu Taxonomie / Nomenklatur

In der faunistischen Literatur vor ca. 1900 wurde die Art meist als „Satyrus hermione Linnaeus, 1764“ geführt, der von Scopoli vergebene Name „Satyrus fagi“ ist aber ein Jahr älter und hat daher Priorität, was in der Literatur bis 1977 dann auch so gehandhabt wurde.

Dann kam Kudrna (1977) zu dem Schluss, dass Satyrus hermione Linnaeus, 1764, aber etwas anderes meinte als Satyrus hermione Linnaeus, 1767, drei Jahre später. Rennwald (2007) erläutert: „Nur Letzteres bezöge sich auf den Großen Waldportier, Ersteres hingegen auf den Kleinen. Beleg dafür war ein einzelner – abdomenloser – Falter in der Sammlung von Linné in London mit von Linné selbst geschriebenem Etikett „hermione“, bei dem es sich nach den äußeren Merkmalen tatsächlich um einen Kleinen Waldportier handelt. Der Kleine Waldportier hieß damit plötzlich Hipparchia hermione Linnaeus, 1764, hatte also den Namen übernommen, den sein „großer Bruder“ mehr als hundert Jahre lang getragen hatte. Diese aus unserer Sicht unglückliche Namensvergabe wurde durch Kudrna (1977) durch die Festlegung des genannten Exemplars als Lectotypus für „Hipparchia hermione (Linnaeus, 1764)“ fixiert, d. h. also, Kudrna (1977) hat aus den vermutlich mehreren Exemplaren, die Linné seiner Urbeschreibung zugrunde gelegt hat (den sog. Syntypen) ein Exemplar ausgewählt, das für die Artbeschreibung in Zukunft alleinige Gültigkeit haben sollte. Dieser Vorgehensweise wurde meist gefolgt, so auch noch in den Feldführern von Settele et al. (2000, 2005). Jutzeler & Volpe (2005) belegten aber sehr überzeugend, dass das Vorgehen von Kudrna (1977) nach den internationalen Regeln für die zoologische Nomenklatur (ICZN-Code) gleich aus mehreren Gründen unzulässig und der Name „hermione“ für den Kleinen Waldportier nicht verfügbar ist. Der wichtigste Hinweis ist der, dass der von Linné persönlich etikettierte Falter diesem bei der Beschreibung der Art wahrscheinlich gar nicht vorlag, er also formal nicht zur Syntypen-Serie gehören kann und damit prinzipiell als Lectotypus ausscheidet (ausführliche Detaildiskussion im genannten Werk von Jutzeler & Volpe 2005). Großer und Kleiner Waldportier müssen demnach Hipparchia fagi (Scopoli, 1763) und Hipparchia alcyone ([Denis & Schiffermüller], 1775) heißen, beides Namen, die noch nie für die jeweils andere Art vorgeschlagen worden waren. Dieser Auffassung schließen wir uns im vorliegenden Werk an.“ Entsprechend wird auch hier in der Bestimmungshilfe des Lepiforum verfahren. Welche Art Linnaeus (1764) mit Hipparchia hermione wirklich meinte, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Da es keine echte Syntypenserie - geschweige denn einen Holotypus - gibt und Hipparchia hermione Linnaeus, 1767 sich sehr wahrscheinlich auf das schon zuvor beschriebenen Taxon Hipparchia fagi Scopoli bezieht, steht "hermione" als Name für keine der beiden Arten zur Verfügung. Das ist auch gut so, denn dieser Name wäre auch mittelfristig nur verwirrend, da er mal für die eine, mal für die andere Art verwendet wurde. Insgesamt ist für die Nutzer des Lepiforum nur wichtig zu wissen, dass, wenn in der alten Literatur von „Hipparchia hermione“ die Rede ist, damit in der Regel der Große Waldportier gemeint war, in der Literatur nach 1977 aber grundsätzlich der Kleine Waldportier, der im Lepiforum unter dem Namen „Hipparchia alcyone“ zu finden ist. Leider haben Settele et al. (2009) dies bei der Neuauflage ihres Feldführers nicht berücksichtigt, und leider wurde dieser Fehler in keiner der bisherigen Versionen der Fauna Europaea (aktuell: Last update 27 January 2011. Version 2.4.) korrigiert. Auch Tshikolovets (2011) und natürlich Kudrna et al. (2011) berufen sich nach wie vor auf die Revision von 1977. Falsch ist sie trotzdem. Wir weichen hier daher von der Fauna Europaea und den anderen genannten Quellen ab.

Ergänzung (15. Oktober 2022): Am 13. September 2022 erschien der Artikel von Russell & Vane-Wright (2022) zum Thema "Papilio hermione Linnaeus, type species of Hipparchia Fabricius (Lepidoptera, Satyrinae): restoring stability to the application of these names". Die Autoren bestätigten darin zunächst, dass der "Lectotypus" von Kudrna (1977) mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zur Syntypenserie gehört, der ganze nomenklatorische Akt des Autors also ungültig war. Sie erläuterten überzeugend, dass es hier wohl gar keinen Syntypus gibt, also prinzipiell gar kein Lectotypus ausgewählt werden kann. Letzteres gilt auch für H. fagi. Um nomenklatorische Stabilität zu erreichen legten sie für H. fagi einen Neotypus fest und erklärten ihn gleichzeitig zum Neotypus von H. hermione. Damit wird H. hermione unwiderruflich zum jüngeren Synonym von H. fagi und der Kleine Waldportier darf (und muss) wieder Hipparchia alcyone heißen. Dazu ist kein Beschluss der Nomenklaturkomission der ICZN nötig. Und im Lepiforum ändert sich nichts.

(Autor: Erwin Rennwald)

4.4. Verbreitung

H. fagi ist in erster Linie eine südeuropäische Art tieferer und mittlerer Lagen. Die Verbreitung zieht sich vom Kantabrischen Gebirge in Nordspanien über den Mittelmeerraum bis zum Nordkaukasus und dem Südural. Sie fehlt im östlichen Mittelmeerraum von der Türkei an südwärts.

Nördlich der Alpen ist die Art in den letzten Jahrzehnten extrem zurückgegangen. Letzte Vorkommen finden sich hier heute vor allem noch im Schweizer Jura, in den Südostvogesen, am Kaiserstuhl und im Osten Österreichs.

(Autor: Jürgen Hensle)

4.5. Typenmaterial

Kudrna (1977) legte für Hipparchia hermione einen Lectotypus fest, von dem aber schon bald klar war, dass er nicht zur Typenserie von Linné gehören konnte, es also prinzipiell gar keinen Lectotypus geben konnte.

Russell & Vane-Wright (2022) lösten das dadurch ausgelöste nomenklatorische Dilemma dadurch, dass sie für Hipparchia fagi einen Neotypus auswählten und diesen zugleich als Neotypus für Hipparchia hermione festlegten. Die beiden Taxa sind daher zwangsläufig Synonyme. Das Exemplar trägt die Daten: "Neotype: AUSTRIA ● ♂; Styria, Kreuzberg; 400 m a.s.l.; 17 Jun. 1979; H. Habeler leg.; DNA Barcode/TLMF Lep 22537; TLMF ID no.: 1867722."

(Autor: Erwin Rennwald)

4.6. Literatur

4.7. Informationen auf anderen Websites (externe Links)