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Falter
Balz
Ei
Diagnose
Vergleich: Hipparchia genava (links) - Hipparchia fagi (Mitte) - Hipparchia alcyone (rechts)
Habitat
Lebensweise
Prädatoren
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Balz

1.3. Ei

2. Diagnose

2.1. Vergleich: Hipparchia genava (links) - Hipparchia fagi (Mitte) - Hipparchia alcyone (rechts)

3. Biologie

3.1. Habitat

3.2. Lebensweise

3.3. Prädatoren

4. Weitere Informationen

4.1. Etymologie (Namenserklärung)

„griechischer Frauenname.“

Spuler 1 (1908: 42L)

hermione: „griechischer Frauenname.“

Spuler 1 (1908: 42L)

4.2. Synonyme

4.3. Taxonomie und Nomenklatur

Rennwald (2007) fasst die Diskussion um den gültigen wissenschaftlichen Namen der Art zusammen: "Großer und Kleiner Waldportier sind schwierig auseinander zu halten. Lange Zeit wurden sie auch von etlichen Größen der Entomologie zusammengeworfen oder verwechselt. Satyrus hermione Linnaeus, 1764 galt – nachdem der Name zunächst über mehr als hundert Jahre gebraucht worden war – längere Zeit als jüngeres Synonym zu Satyrus fagi Scopoli, 1763, also dem Großen Waldportier. Kudrna (1977) kam zu dem Schluss, dass Satyrus hermione Linnaeus, 1764, aber etwas anderes meinte als Satyrus hermione Linnaeus, 1767, drei Jahre später. Nur Letzteres bezöge sich auf den Großen Waldportier, Ersteres hingegen auf den Kleinen. Beleg dafür war ein einzelner – abdomenloser – Falter in der Sammlung von Linné in London mit von Linné selbst geschriebenem Etikett „hermione“, bei dem es sich nach den äußeren Merkmalen tatsächlich um einen Kleinen Waldportier handelt. Der Kleine Waldportier hieß damit plötzlich Hipparchia hermione Linnaeus, 1764, hatte also den Namen übernommen, den sein „großer Bruder“ mehr als hundert Jahre lang getragen hatte. Diese aus unserer Sicht unglückliche Namensvergabe wurde durch Kudrna (1977) durch die Festlegung des genannten Exemplars als Lectotypus für „Hipparchia hermione (Linnaeus, 1764)“ fixiert, d. h. also, Kudrna (1977) hat aus den vermutlich mehreren Exemplaren, die Linné seiner Urbeschreibung zugrunde gelegt hat (den sog. Syntypen) ein Exemplar ausgewählt, das für die Artbeschreibung in Zukunft alleinige Gültigkeit haben sollte. Dieser Vorgehensweise wurde meist gefolgt, so auch noch in den Feldführern von Settele et al. (2000, 2005). Jutzeler & Volpe (2005) belegten aber sehr überzeugend, dass das Vorgehen von Kudrna (1977) nach den internationalen Regeln für die zoologische Nomenklatur (ICZN-Code) gleich aus mehreren Gründen unzulässig und der Name „hermione“ für den Kleinen Waldportier nicht verfügbar ist. Der wichtigste Hinweis ist der, dass der von Linné persönlich etikettierte Falter diesem bei der Beschreibung der Art wahrscheinlich gar nicht vorlag, er also formal nicht zur Syntypen-Serie gehören kann und damit prinzipiell als Lectotypus ausscheidet (ausführliche Detaildiskussion im genannten Werk von Jutzeler & Volpe 2005). Großer und Kleiner Waldportier müssen demnach Hipparchia fagi (Scopoli, 1763) und Hipparchia alcyone ([Denis & Schiffermüller], 1775) heißen, beides Namen, die noch nie für die jeweils andere Art vorgeschlagen worden waren. Dieser Auffassung schließen wir uns im vorliegenden Werk an.“ Entsprechend wird auch hier in der Bestimmungshilfe des Lepiforum verfahren. Welche Art Linnaeus (1764) mit Hipparchia hermione wirklich meinte, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Da es keine echte Syntypenserie - geschweige denn einen Holotypus - gibt und Hipparchia hermione Linnaeus, 1767 sich sehr wahrscheinlich auf das schon zuvor beschriebenen Taxon Hipparchia fagi Scopoli bezieht, steht "hermione" als Name für keine der beiden Arten zur Verfügung. Das ist auch gut so, denn dieser Name wäre auch mittelfristig nur verwirrend, da er mal für die eine, mal für die andere Art verwendet wurde. Leider haben Settele et al. (2009) dies bei der Neuauflage ihres Feldführers nicht berücksichtigt, und leider wurde dieser Fehler in keiner der bisherigen Versionen der Fauna Europaea (aktuell: Last update 27 January 2011. Version 2.4.) korrigiert. Auch Tshikolovets (2011) und natürlich Kudrna et al. (2011) berufen sich nach wie vor auf die Revision von 1977. Das mag noch so oft wiederholt werden, falsch ist dieses Vorgehen trotzdem. Wir weichen hier daher ganz bewusst von der Fauna Europaea und den anderen genannten Quellen ab.

Ergänzungen 5.Mai 2017: Leider folgen auch Aarvik et al. (2017) dem Fehler von Kudrna; sie schreiben: "The lectotype of Papilio hermione Linnaeus, 1764 was designated and figured by Kudrna (1977). The long used Papilio alcyone [Denis & Schiffermüller], 1775 was sunk as a junior synonym. Some leading European butterfly specialists did not accept Kudrna’s action, but no application to conserve the name alcyone was sent to ICZN. Honey & Scoble (2001) who researched Linnaeus’ butterfly types, accepted Kudrna’s lectotype designation. As the designation by Kudrna is valid (G. Lamas in litt.), and the name Hipparchia hermione (Linnaeus, 1764) has gained more acceptance in recent years, e.g. Segerer & Hausmann (2011) and Tshikolovets (2011), we follow Kudrna (1977)." Da das Vorgehen meiner Meinung nach falsch ist, kann ich ihm hier nicht folgen. Die Bedenken, die es gegen die Verwendung des Namens hermione gibt, wurden von Jutzeler (2017) in seinem Beitrag "Doubts about the validity of the species name Hipparchia hermione Linnaeus, 1764 (Lepidoptera: Satyrinae) introduced by Kudrna (1977)" noch einmal sehr ausführlich - und für mich überzeugend - zusammengestellt. Lepiforum bleibt daher beim eindeutigen Namen Hipparchia alcyone.

Ergänzung Januar 2019: Da einer der wesentlichen Unterstützer der Verwirraktion - G. Lamas - Mitautor der Studie ist, verwundert es nicht, dass Wiemers et al. (2018) auf der Verwendung des Namens Hipparchia hermione für den Kleinen Waldportier beharren und den Namen alcyone nicht einmal als Synonym erwähnen. Lepiforum bleibt weiterhin beim eindeutigen und taxonomisch und nomenklatorisch korrekten Namen Hipparchia alcyone.

Ergänzung (15. Oktober 2022): Kudrna gelang es, den bereits als Abstract veröffentlichten Artikel der Arbeit von Jutzeler (2017) in der Entomologica Romanica, Band 20, zu torpedieren und Abstract wie Vollversion sperren zu lassen. Selbstverständlich wurde dieser Artikel dann aber per email als Diskussionsgrundlage unter Kollegen weiterverteilt (u.a. auch an mich). Erst unmittelbar nach Kudrnas Tod - als dessen Drohungen wegfielen - entschloss sich die Entomologica Romanica, Jutzelers Arbeit in leicht aktualisierter Form doch in Band 25 zu veröffentlichen, Titel: "Doubts about the validity of the species name Hipparchia hermione (Linnaeus, 1764), it being associated with the two species Hipparchia alcyone ([Denis & Schiffermüller], 1775) and Hipparchia genava (Fruhstorfer, 1908) following the designation of a lectotype by Kudrna (1977) (Lepidoptera: Nymphalidae, Satyrinae) - First part -" (Jutzeler (2021)). Bis Oktober 2022 ist kein zweiter oder gar dritter Teil gefolgt. Das Wesentliche - nämlich dass Kudrnas Lectotypus gar kein Lectotypus sein kann - wurde schon in Teil 1 klar vermittelt.

Am 13. September 2022 erschien der Artikel von Russell & Vane-Wright (2022) zum Thema "Papilio hermione Linnaeus, type species of Hipparchia Fabricius (Lepidoptera, Satyrinae): restoring stability to the application of these names". Die Autoren bestätigten darin zunächst, dass der "Lectotypus" von Kudrna (1977) mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zur Syntypenserie gehört, der ganze nomenklatorische Akt jenes Autors also ungültig war. Sie erläuterten überzeugend, dass es hier wohl gar keinen Syntypus gibt, also prinzipiell gar kein Lectotypus ausgewählt werden kann. Letzteres gilt auch für H. fagi. Um nomenklatorische Stabilität zu erreichen legten sie für H. fagi einen Neotypus fest und erklärten ihn gleichzeitig zum Neotypus von H. hermione. Damit wird H. hermione unwiderruflich zum jüngeren Synonym von H. fagi und der Kleine Waldportier darf (und muss) wieder Hipparchia alcyone heißen. Dazu ist kein Beschluss der Nomenklaturkommission der ICZN nötig. Und im Lepiforum ändert sich nichts.

Wer gehofft hatte, dass jetzt Ruhe in das Thema einkehren würde, der hatte sich getäuscht. Balletto et al. (2024) sammelten Argumente dafür, dass Kudrnas Lectotypus möglicherweise doch Syntypus gewesen sein könnte. Völlig auszuschließen ist das ja in der Tat nicht, aber eben doch - trotz der neu vorgetragenen alten Argumente - nicht überzeugend. Ein Argument ist allerdings bemerkens- und bedenkenswert: Es gibt ja noch etliche weitere Lectotypen aus der Linné-Sammlung, bei denen konsequenterweise die gleichen Bedenken geltend gemacht werden könnten - was aber niemand tat; einzige Ausnahme: Hipparchia hermione. Das ist wohl nicht ganz unrichtig. Einige dieser Lectotypen wären wohl besser als Neotypen festgelegt worden, was aber vorausgesetzt hätte, dass es kein Syntypenmaterial mehr gibt - was ja auch nicht sicher ist. Die wissenschaftliche Community hat bei diesen Lectotypen daher "ein Auge zugedrückt", weil der Schritt der Lectotypenfixierung ja hilfreich war, da er dazu diente, die nomenklatorische Stabilität dieser Taxa zu sichern. Und wenn Kudrna damals das andere Exemplar seiner H. hermione als Lectotypus gewählt hätte, wäre ja genau das passiert: Das nomen dubium H. hermione wäre als Synonym von H. fagi in der Versenkung verschwunden und die nomenklatorische Stabilität wäre gewährleistet gewesen. So war ein etwas größerer Aufwand nötig, dieses Ziel zu erreichen. Klar könnte man dieses Ergebnis noch durch eine Abstimmung in der Nomenklaturkommission absichern lassen - anders als Balletto et al. (2024) sehe ich das aber als überflüssig an.

(Autor: Erwin Rennwald)

4.4. Faunistik

Die Verbreitung von H. alcyone in Südeuropa ist wegen der Verwechslungsmöglichkeit mit H. genava noch nicht genau bekannt. Von drei Männchen aus den Alpes Maritimes, die von Axel Steiner freundlicherweise bezüglich der Stäbchenschuppen des Jullienschen Organs untersucht wurden, gehörten zwei zu H. genava, eines aber zu H. alcyone. Ferner soll auf der Iberischen Halbinsel nur H. alcyone vorkommen, in Italien hingegen nur H. genava.

Kuchlein & de Vos (1999) nehmen "Hipparchia fagi" in ihre Checkliste für die Niederlande auf. liest man die Erläuterung (S. 14), kommt man bezüglich der Artzuordnung ins Schwitzen: "[14] Hipparchia fagi (Scopoli, 1763) was recorded only once from The Netherlands; in 1901 near Nijmegen (Tax, 1989). The species is a stray here. The specimen belonged to the subspecies hermione Linnaeus, 1764." Es gab (oder gibt?) also nur ein Einzelexemplar. Aber gehört es zu "hermione" im Sinne der Verwendung des Namens um 1900 oder zu "hermione" im Sinne der aktuellen Verwendung durch verschiedene Autoren? Aus der Kombination "H. fagi ssp. hermione ist zu vermuten, dass H. alcyone im hier gemeinten Sinne gemeint war - wenn es denn einen Beleg gibt, den Tax (1989) und/ oder Kuchlein & de Vos (1999) gesehen haben. Sicher ist nur, dass keine der beiden Arten ein Faunenbestandteil der Niederlande war oder ist.

De Prins (2016) nennen für das benachbarte Belgien allerdings nur H. fagi - was die Artzuordnung für die Niederlande auch wieder in Frage stellt. Vor diesem Hintergrund werden im Lepiforum für die Niederlande für beide Arten vorerst "?" gesetzt.

(Autoren: Jürgen Hensle & Erwin Rennwald)

4.5. Literatur

4.6. Informationen auf anderen Websites (externe Links)