1. Lebendfotos
1.1. Männchen
1.2. Weibchen
1.3. Geschlecht nicht bestimmt
1.4. Aberration
1.5. Kopula und Balz
1.6. Eiablage
1.7. Ausgewachsene Raupe
1.8. Jüngere Raupenstadien
1.9. Puppe
1.10. Ei
2. Diagnose
2.1. Männchen
2.2. Ssp. mixta
2.2.1. Weibchen
2.3. Fühlerform-Vergleich
Ochlodes sylvanus ♀ : Schweiz, Kanton Glarus, Engi, 1100 m, 2. Juli 2009 (det. & fot.: Thomas Kissling) [Forum]
2.4. Erstbeschreibung
3. Biologie
3.1. Habitat
3.2. Lebensweise
3.3. Nahrung der Raupe
- [Poaceae:] Festuca ovina agg. (Schaf-Schwingel)
- [Poaceae:] Festuca rupicola (Furchen-Schaf-Schwingel)
- [Poaceae:] Festuca nigrescens (Horst-Rot-Schwingel)
- [Poaceae:] Festuca rubra (Rot-Schwingel)
- [Poaceae:] Festuca rubra agg. (Rot-Schwingel)
- [Poaceae:] Nardus stricta (Borstgras)
- [Poaceae:] Corynephorus canescens (Silbergras)
- [Poaceae:] Avenella flexuosa (Draht-Schmiele)
- [Poaceae:] Bromus erectus ? (Aufrechte Trespe ?)
- [Poaceae:] Lolium perenne ? (Ausdauernder Lolch ?)
- [Poaceae:] Koeleria sp. ? (Kammschmiele ?)
- [Poaceae:] Agrostis capillaris ? [= Agrpostis tenuis ?] (Rotes Straußgras ?)
- [Cyperaceae:] Carex caryophyllea ? (Frühlings-Segge ?)
Anders als alle anderen europäischen Hesperiinae-Arten lebt die Raupe an Magergräsern, nicht an produktiven Gräsern. Die mit großem Abstand wichtigste Eiablage-Pflanze ist dabei der Schafschwingel (Festuca ovina agg.), wobei hier nur sehr selten zwischen den schwierig zu bestimmenden Kleinarten unterschieden wurde. Gabriel Hermann fasst seine umfangreichen Eier-Suchergebnisse in einem [Forumsbeitrag vom 13. Oktober 2014] vorbildlich zusammen.
Wie Ebert & Rennwald (1991a: 93) feststellten, hatten Denis & Schiffermüller (1775) die Bunte Kronwicke (Securigera varia [= Coronilla varia] als Raupennahrung angeführt, eine Spur, die sich weit über 100 Jahre in der Literatur hielt. Aus heutiger Sicht ist sie sehr wahrscheinlich als Fehlbestimmung einer Erynnis tages-Raupe zu interpretieren. Dann war klar, dass sich die Raupe an Gräsern entwickeln müsste, doch gesicherte Raupenfundmeldungen gab es weiterhin nicht.
Auch Ebert & Rennwald (1991b: 436) konnten nur über eine einzige Freiland-Eiablage-Beobachtung in Baden-Württemberg (von Erwin Rennwald & Franz Vogel) berichten: "Am 22.8.87 gelang bei Hardheim (Bauland) eine Eiablagebeobachtung von H. comma. Der Falter flog relativ langsam niedrig über einen grasig, wenig befahrenen Feldweg, landete an einem Grashalm am Rande der Fahrspur und klebte ein Ei wenige Millimeter über dem Boden versteckt unter eine lose Blattscheide an der Halmbasis des Ausdauernden Lolches (= Englisches Raygras)." Wie sich in der Folge zeigen sollte, war das eine sehr typische Eiablagestelle, aber ein ungewöhnliches Eiablage-Gras für diesen Falter. Die Autoren versuchten einzuordnen: "Meldungen über Raupenfunde von H. comma sind uns aus der Literatur nicht bekannt. Um wenigstens einen Anhaltspunkt für die Suche zu geben seien hier die (vermutlich auf Zuchtbeobachtungen fußenden) Ausführungen von Bink & Weidemann (1988) zitiert: "Die Raupe lebt in einem "Zelt" aus vielen zusammengesponnenen Blättern inmitten der Grashorste. Sie frißt "Magergräser" wie Echten Schwingel (Festuca ovina), Kammschmiele (Koeleria), Rotes Straußgras (Agrostis tenuis), Silbergras (Corynephorus)."" Die Arbeit von Thomas et al. (1986) aus England war mir zunächst noch nicht bekannt.
Insbesondere Hermann & Steiner (1997: 40) stürzten sich in diese Kenntnislücke und konnten nach mehrjähriger Eisuche in Baden-Württemberg erklären: "Auf Basis von etwa 500 Eifunden lassen sich die Eiablagehabitate des Komma-Dickkopffalters zusammenfassend als trockene, nährstoffarme, kurzrasige und gut besonnte Grasfluren mit Magergräsern charakterisieren. Dabei kann es sich z. B. um Halbtrockenrasen, Borstgrasrasen oder magere Pionierfluren auf trockenen Schotterflächen handeln. Die größte Bedeutung als Eiablagepflanze kommt eher kümmerlichen Individuen des Schafschwingels (Festuca ovina agg.) zu. Das Vorhandensein von Störstellen ist bei der Wahl der Ablagestellen zwar kein zwingendes Kriterium, erhöht die Habitateignung von Flächen jedoch erheblich. Die meisten Eifundstellen sind regelmäßig beweidete Magerrasen, aber auch Magerwiesen und nicht genutzte Extremstandorte werden mit Eiern belegt. Der Kalkgehalt des Standorts und die Hangneigung wirken dagegen nicht besiedlungslimitierend. Stärker hanggeneigte Flächen sind allerdings aufgrund ihrer Trockenheit und der dadurch eingeschränkten Nährstoffverfügbarkeit oft auch besonders mager. Insofern kann die Hangneigung die Habitatqualität mittelbar beeinflußen. Es ist davon auszugehen, daß Eiablage- und Larvalhabitat bei Hesperia comma im wesentlichen identisch sind. So konnten durch gezielte Suche in einem gut besetzten Habitat im April mehrere Jungraupen gefunden werden, die sich in einem zeltartigen Gespinst ander Basis ihrer Eiablagepflanzen verbargen (Taf. 1.c). Eine weitere Kontrolle im Juni führte nach längerer Suche zum Nachweis einer halberwachsenen Raupe. Auch diese saß in einem (nun größeren) Gespinst an der Basis eines kümmerlichen Schafschwingel-Horstes."
Un die Autoren verglichen (S. 41): "Daß Hesperia comma in anderen Arealteilen ähnliche Ansprüche an seinen Lebensraum stellt, zeigen eigene Eifunde in den Pollauer Bergen bei Brünn (Tschechische Republik). Die dortigen Ablagestellen entsprachen exakt dem aus Baden-Württemberg bekannten Schema. Auch in Südengland stimmen die Eiablagehabitate erstaunlich genau mit jenen in Baden-Württemberg überein. In einer umfassenden Studie zu Ökologie und Rückgang von Hesperia comma fanden Thomas et al. (1986), daß sich die Weibchen bei der Eiablage extrem selektiv verhalten. Von 581 dort gefundenen Eiern waren 575 an Festuca ovina gelegt, alle übrigen Eier an Pflanzen in unmittelbarer Nähe von Festuca ovina-Horsten. Die meisten Eier fanden sich „an kleinen, kurzgefressenen Pflanzen (aber nicht kürzer als 1,2 cm), die überwiegend von offenem Boden umgeben waren und in Vertiefungen wuchsen“ (Thomas et al. 1986)."
Eller (2007: 781) berichtete über Funde von Erwin Rennwald: "Am 3. April 2000 fand er Eier und Jungraupen (L1) in Horsten von Borstgras (Nardus stricta) und Horst-Schwingel (Festuca nigrescens) an kleinen Böschungskanten von Wiesen im Nordschwarzwald." Und S. 782 konnte er aus der Pfalz melden: "E. Rennwald, T. Schulte und O. Eller fanden daraufhin am 12. September 2006 in dem geschilderten Habitatkomplex bei Busenberg die Eier von Hesperia comma in einer in diesem Jahr sehr wenig bewirtschafteten Schafweide an Schaf-Schwingel und am Horst-Schwingel. Benachbart zu dieser Fundstelle liegt eine kleine, regelmäßig mit dem Rasenmäher gemähte Grünfläche - und auch in diese intensiv beeinflusste Fläche hatte der Komma-Dickkopffalter abgelegt, hier an Rot-Schwingel."
Bolz (2013: 114) meldete aus Bayern: "Man kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Eiablagepflanzen den Raupen auch als Nahrung dienen. Die Ablage erfolgt bevorzugt an verschiedenen Kleinarten aus der Gruppe der Schaf-Schwingel (Festuca ovina agg.) (Kolbeck, Nunner, B. Reiser, Schwibibger, eig. Beob.), darunter Furchen-Schafschwingel (Festuca rupicola) (B. Reiser). Nunner beobachtete die Eiablage an einem trockenen Grabenrand in einem Niedermoor (Iller-Vorberge). Seufert (1993) beschreibt die wiederholte Eiablage an eingetrocknete Blätter der Aufrechten Trespe (Bromus erectus) knapp über dem steinigen Grund (Marktheidenfelder Platte). Auch in der Frankenalb wurden etwas höherwüchsige, aber lückige Standorte mit Aufrechter Trespe belegt, die Weibchen kletterten hier in die Vegetation hinunter (eig. Beob.)."
Aber, kann man wirklich "mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Eiablagepflanzen den Raupen auch als Nahrung dienen" ? Und zwar immer ? Die Raupenfunde in den dichten Polstern von Schaf-Schwingel und Borstgras passen natürlich - aber wird Bromus erectus mit einem ganz anderen Wuchs ebenfalls genutzt - oder fressen die Raupen nach dem Schlupf da Schaf-Schwingel in der Nähe? Und was ist mit Lolium perenne ? Und mit Carex caryophyllea ? Noch ist hier keineswegs alles klar.
3.4. Prädatoren
4. Weitere Informationen
4.1. Etymologie (Namenserklärung)
„nach dem komma-artigen Fleck beim ♂ .“
4.2. Andere Kombinationen
- Papilio comma Linnaeus, 1758 [Originalkombination]
4.3. Synonyme
- Hesperia pallida (Staudinger, 1901) [so bei Leraut (2016) für Tiere aus Griechenland, der Türkei und Nordafrika]
4.4. Unterarten
- Hesperia comma mixta Alphéraky, 1881 [Unterart nach funet.fi]
4.5. Taxonomie
Die Tiere Europas gehören wohl alle zur Nominat-Unterart. "ssp. catena" kann als eigenständiges Taxon wohl kaum aufrecht erhalten werden. Gemeint sind damit Tiere im Norden Skandinaviens (ca. nördlich des 63. Breitengrads), diese - und nur diese - sind in der FFH-Richtlinie der EU gemeint. Ähnliche Exemplare treten aber auch an anderen Stellen im europäischen Verbreitungsgebiet auf.
Unklar ist, ob man die Tiere Nordafrikas und der Türkei als eigene ssp. pallida abgrenzen kann und ebenso, ob dann die Tiere aus Griechenland auch zu jener Unterart gehören. Lerauts (2016) Aufwertung zur Art "Hesperia pallida (Staudinger, 1901) bona sp. stat. rev." erscheint mir nur sehr schwach begründet (wie immer mit kleinen Genitalunterschieden zusätzlich zum etwas anderen äußeren Erscheinungsbild, aber ganz ohne Hinweis auf irgendwelche artlichen Schranken) - daher wird dem Vorschlag hier nicht gefolgt.
(Autor: Erwin Rennwald)
4.6. Nomenklatur
Opinion 1240 der ICZN [= Melville (1983)] nimmt die Namen Hesperia Fabricius, 1793 und comma Linnaeus, 1758 in die jeweiligen offiziellen Listen auf:
- Hesperia Fabricius, 1793 unter der Nummer 2178 in die "Official List of Generic Names in Zoology".
- comma Linnaeus, 1758 unter der Nummer 2838 in die "Official List of Specific Names in Zoology".
4.7. Typenmaterial
Honey & Scoble (2001: 314): “LSL [The Linnean Society of London, Anm. Red. Lepiforum]: 1♂ labelled “162. Comma” [by Linnaeus], “Comma 793.” [by Smith], here designated as LECTOTYPE; [...].”
4.8. Literatur
- Bolz, R. (2013): Komma-Dickkopffalter. Hesperia comma (Linnaeus, 1758). — S. 113-115. In: Bräu, M., Bolz, R., Kolbeck, H., Nunner, A., Voith, J. & W. Wolf (2013): Tagfalter in Bayern. - 784 S. Stuttgart (Verlag Eugen Ulmer).
- Ebert & Rennwald (1991a): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1. Tagfalter I. - 552 S. Stuttgart (Verlag Eugen Ulmer).
- Ebert & Rennwald (1991b): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 2. Tagfalter II. - 535 S. Stuttgart (Verlag Eugen Ulmer).
- Eller, O. (2007): Komma-Dickkopffalter - Hesperia comma (Linnaeus, 1758). — S. 780-785. In: Schulte, T., Eller, O., Niehuis, M. & E. Rennwald (2007): Die Tagfalter der Pfalz. — 2 Bde. 932 S. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Beiheft 36 + 37.; Landau (GNOR-Eigenverlag).
- Hagen, W. ten (1998): Tagfalterbeobachtungen in Syrien und Jordanien (3. Beitrag) (Lepidoptera: Hesperioidea, Papilionoidea). — Nachrichten des entomologischen Vereins Apollo, Neue Folge 19 (3/4): 247-268. [PDF auf zobodat.at]
- Hermann, G. & R. Steiner (1997): Eiablage- und Larvalhabitat des Komma-Dickkopffalters (Hesperia comma Linné, 1758) in Baden-Württemberg (Lepidoptera, Hesperiidae). — Carolinea, 55: 35-42. [PDF auf zobodat.at]
- Lectotypus-Festlegung: Honey, M. R. & M. J. Scoble (2001): Linnaeus's butterflies (Lepidoptera: Papilionoidea and Hesperioidea). — Zoological Journal of the Linnean Society 132: 277-399.
- Leraut, P. (2016): Butterflies of Europe and neighbouring regions. - 1116 S.; Verrières-le-Buisson (N.A.P Editions).
- Erstbeschreibung: Linnaeus, C. (1758): Systema naturae per regna tria naturae, secundum classes, ordines, genera, species, cum characteribus, differentiis, synonymis, locis. Tomus I. Editio decima, reformata. 1-824. Holmiae (Laurentius Salvius).
- Melville, R. V. [Secr.] (1983): Opinion 1240. — Bulletin of Zoological Nomenclature 40 (1): 27-28.
- Sonderegger, P. (1997): Hesperia comma. — In: Pro Natura – Schweizerischer Bund für Naturschutz (Hrsg.) (1997): Schmetterlinge und ihre Lebensräume. Arten, Gefährdung, Schutz. Schweiz und angrenzende Gebiete. Band 2: 96-98. Egg (Fotorotar AG).
- Thomas, J.A., Thomas, C.D., Simcox, D.J. & R.T. Clarke (1986): Ecology and declining status of the silver-spotted skipper butterfly (Hesperia comma) in Britain. — Journal of Applied Ecolology, 23: 365-380. [Sekundärzitat]