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Männchen
Weibchen
Raupe
Puppe, Puppenkokon
Ei
Männchen
Weibchen
Erstbeschreibung
Bezug der Indikation
Habitat
Raupennahrungspflanzen
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Männchen

1.2. Weibchen

1.3. Raupe

Anmerkung: Zwei bis zum 28.03.2015 hier gezeigte Raupenbilder [Forum] waren fehlbestimmt und wurden entfernt. [Korrekturhinweis]

1.4. Puppe, Puppenkokon

1.5. Ei

2. Diagnose

2.1. Männchen

2.2. Weibchen

2.3. Erstbeschreibung

2.4. Bezug der Indikation

3. Biologie

3.1. Habitat

3.2. Lebensweise, Populationsdynamik, etc.

Burmann (1943, 1949) trägt viele Details zur Lebensweise der Art in den Alpen zusammen. Die bis heute umfassendste Detailarbeit über Phänologie und langjährige Entwicklungszyklen der Art stammt dann aber von Trawöger (1977) und betrifft insbesondere die Tuxer Voralpen. Das meiste, was dort festgestellt wurde, dürfte aber für den gesamten Vorkommensraum in den Alpen gelten.

Hinzuweisen ist noch auf die intensive Studie von Trawöger & Brunner (2004) zum Thema "Radioaktiver Niederschlag als mögliche Ursache für den dramatischen Rückgang von Eriogaster arbusculae Freyer 1843 - Populationen in den Zentralalpen (Insecta, Lepidoptera, Lasiocampidae)". Die Autoren schreiben in ihrer Zusammenfassung: "Der seit den letzten etwa 8 Jahren starke Rückgang der Populationsdichte einiger alpiner Schmetterlingsarten war der Anlass zu einer Untersuchung über dessen Ursache. Das Hauptinteresse galt der in der Zwergstrauchtstufe angesiedelten Art Eriogaster arbusculae Freyer 1843. Das Verhaltensmuster dieser Art ist aufgrund eines langen Beobachtungszeitraumes (1948 - 2004) am besten zu beurteilen. Nach dem Abwägen aller möglichen Ursachen wie Klimawandel, Ozon, UV oder Luftschadstoffzunahme, blieb als am wahrscheinlichsten eine radioaktive Belastung durch Cäsium-137, verursacht durch die Tschernobyl Katastrophe 1986. Die am Institut für analytische Chemie und Radiochemie der Universität Innsbruck durchgeführten Messungen von Boden- und Pflanzenproben zeigen nicht nur relativ hohe Werte allgemein, sondern auch einen Zusammenhang zwischen dem Grad der lokalen Belastung und dem Absinken der Populationsdichte bzw. dem bereits fast völligen Aussterben der Art. Einen weiteren deutlichen Hinweis auf die vermutete Ursache ergibt sich aus der Tatsache, dass bei dieser wie auch noch weiteren Arten, ein deutlicher Niedergang erst wenige Jahre nach Tschernobyl ab etwa 1992 begann." Da hier der beste Kenner der Art in der Region und ein erfahrener Nuklearforscher zusammengearbeitet haben, sind die Schlussfolgerungen nicht leicht von der Hand zu weisen.

3.3. Raupennahrungspflanzen

3.4. Nahrung der Raupe

  • Salix waldsteiniana [= Salix arbuscula pro parte] (Braun-Weide, Bäumchen-Weide, Waldsteins Weide)
  • Salix retusa (Stumpfblättrige Weide)
  • Salix lapponum (Lappland-Weide)
  • Salix alpina ?(Alpen-Weide ?)
  • Salix foetida ? (Ruch-Weide ?)
  • Alnus viridis [= Alnus alnobetula] (Grün-Erle)
  • Betula pendula [= Betula verrucosa] (Hänge-Birke)
  • Betula nana (Zwerg-Birke, Polar-Birke)
  • Betula humilis ? (Strauch-Birke ?)
  • Betula pubescens s.l. ? (Moor-Birke ?)
  • Vaccinium myrtillus (Heidelbeere)
  • Vaccinium uliginosum (Moorbeere, Rauschbeere, Sumpf-Heidelbeere)
  • Vaccinium gaultherioides (Kleinblättrige Rauschbeere)
  • Sorbus aria ? (Mehlbeere ?)
  • Rubus chamaemorus (Moltebeere)

Die Raupen finden sich in den Alpen meist an niedrigwüchsigen kleinblättrigen Weiden, wohl allen voran Salix waldsteiniana. Wohl wegen der Schwierigkeiten bei der Artansprache der Weiden-Arten, aber auch deswegen, weil die Pflanzen unter den Raupennestern meist kaum zu sehen sind, fehlen leider konkrete Angaben zu anderen genutzten Arten der Gattung fast ganz (Lediglich Burmann (1943) nennt auch Salix retusa, Hydén (2006) für Skandinavien Salix lapponum). Grün-Erlen, Birken und Vaccinium-Arten spielen ebenfalls eine große, teilweise überragende Rolle; wie Trawöger zeigte, gibt es aber auch regionale oder gar lokale Unterschiede in der Nutzung dieser Arten. In Skandinavien scheint die Zwerg-Birke die wichtigste Raupennahrungspflanze zu sein (Hydén 2006, Aarvik et al. 2009), von dort stammt auch die Angabe zur Moltebeere. Die Angabe zur Mehlbeere geht auf Vorbrodt (1911) zurück - wie zuverlässig sie ist - und ob hier Freiland-Raupennahrung gemeint war - muss offen bleiben. Gleiches gilt für die Alpen-Weide, die Ruch-Weide, die Strauch-Birke und die Moor-Birke, für die ich bisher jeweils keine Primärangaben gefunden habe - plausibel sind sie alle.

(Autor: Erwin Rennwald)

4. Weitere Informationen

4.1. Etymologie (Namenserklärung)

Nach der Weidenart "Salix arbuscula". Unter diesem Namen wurden im 19. Jahrhundert die kleinwüchsigen alpinen und skandinavischen Weiden geführt. Erst später erkannte man die alpinen Populationen (heute Salix foetida und Salix waldsteiniana) als artverschieden von der skandinavischen Salix arbuscula. Freyers alpine Raupen stammten demnach entweder von Salix foetida oder von Salix waldsteiniana.

(Autor: Axel Steiner)

4.2. Andere Kombinationen

4.3. Faunistik

Die Art kam in Deutschland nur in den bayerischen Alpen vor. Nach dem letzten Nachweis um 1980 musste die Art bei der Erstellung der letzten Roten Liste für Deutschland als "ausgestorben oder verschollen" eingestuft werden (Rennwald et al. 2012); ein Wiederfund wurde hier aber nicht ausgeschlossen. Erfreulicherweise konnte diese Hoffnung auf eine Wiederentdeckung mit dem Raupenfund von Janosch Oberle vom 31. Juli 2015 am Mädelejoch, 1900 m, ca. 300 m von der Grenze zu Österreich/Tirol erfüllt werden (siehe Raupenbild 1). Nach der Bekanntgabe des Wiederfundes im Lepiforum erfuhr ich, dass eine Publikation über Wiederfunde der Art in den Jahren 2013 und 2014 im Druck war. Diese erschien Ende 2015 in den Beiträgen zur bayerischen Entomofaunistik (Karle-Fendt & Wolf 2015); In ihr wird über Raupenfunde südlich des Rappenalptales und am Mädelejoch berichtet. Die Autoren kommen darin zum Schluss: "Sowohl die Gebirgsstöcke südlich des Rappenalptales als auch das Mädelejoch wurden in den letzten zehn Jahren von KF mindestens zwei Mal jährlich zur Zeit der Raupenstadien von Eriogaster arbusculae intensiv bearbeitet. Dass keine Nachweise gelangen, spricht gegen eine dauerhaft bodenständige Population der Art in diesem Bereich. Dementsprechend deuten die aktuellen Funde von E. arbusculae in den zentralen Allgäuer Alpen darauf hin, dass die Art von Südwesten etwa über den Hochtannbergpass bei den im Mai/Juni häufigen, oft mit Starkwinden verbundenen Südwestwetterlagen verdriftet wird. Ein aktiver Einflug ist in Anbetracht der geringen Flugfähigkeit und kurzen Lebenszeit der Weibchen (Trawöger, 1977: 113) eher unwahrscheinlich. Die historischen Nachweise in den zentralen Allgäuer Hochalpen sind wohl als zeitweise Besiedlungen durch Verdriftung aus Stammhabitaten an den Kämmen des Westrandes zu sehen. Die von Schwarzbeck beschriebenen Populationsgrößen treten dabei offensichtlich schon seit Jahrzehnten nicht mehr auf. Die Gespinstfunde am Siplinger Kopf in zwei aufeinanderfolgenden Jahren sprechen immerhin für ein dauerhaftes Vorkommen in diesem Bereich. Das würde bedeuten, dass die Naturräume Allgäuer Hochalpen, Hinterer Bregenzer Wald und Nagelfluhkette eine fluktuierende Arealgrenze mit zeitweise von Südwesten erfolgenden Neubesiedlungen darstellen. Deren Erfolg würde damit von der Dichte der Spenderpopulationen in Vorarlberg abhängen. Ungeklärt bleibt nach wie vor, wie die Besiedelung neuer Lebensräume in Anbetracht der geringen Flugfähigkeit der Weibchen abläuft."

Karle-Fendt (2016) liefert eine Aktualisierung und Fortschreibung der Beobachtungen in Bayern. Das Vorkommen konnte am bisherigen Platz für 2016 bestätigt werden und es gelangen neue Nachweise am Gottesackerplateau am Hohen Ifen. Der Autor diskutiert das Vorhandensein einer fluktuierenden Arealgrenze an der Westabdachung der Allgäuer Alpen.

(Autor: Erwin Rennwald)

4.4. Nomenklatur

Entgegen der bis zum 14. November 2015 hier vertretenen Auffassung, Freyers „Neuere Beiträge zur Schmetterlingskunde mit Abbildungen nach der Natur“, Band 6 (1852: 179-180, 186, pl. 590 fig. 2) enthielten die Erstbeschreibung der Art, ist Freyer (1849: 304) als Erstbeschreibung anzusehen, da die Beschreibung eines Präimaginalstadiums, hier der Raupe, gemäß ICZN 72.5.1. den Namen verfügbar macht. Eine unverwechselbare Beschreibung der Raupe liefert Freyer (1849: 304) durch Indikation von Freyer (1843: 164).

(Jürgen Rodeland mit Dank an Werner Wolf für den Hinweis auf diesen Sachverhalt)

4.5. Literatur

  • Aarvik, L.O. Hansen & V. Kononenko (2009): Norges Sommerfugler. Håndbok over Norges dagsommerfugler og nattsvermere. — 432 S.; Oslo.
  • Burmann, K. (1943): Beobachtungen bei der Suche nach Eriogaster arbusculae Frr. — Zeitschrift der Wiener Entomologischen Gesellschaft, 29: 122–124. [PDF auf zobodat.at]
  • Burmann, K. (1949): Die Eiablage Eriogaster arbusculae Frr. — Wiener Entomologische Rundschau, 1 (3): 4-5 [PDF auf zobodat.at].
  • Eitschberger, U. (2008): REM-Bilder der Eier von drei Eriogaster Germar, 1810-Arten im Vergleich: Eriogaster arbusculae arbusculae Freyer, 1849 Eriogaster catax catax (Linnaeus, 1758) Eriogaster lanestris lanestris (Linnaeus, 1758) (Lepdidoptera, Lasiocampidae). — Neue Entomologische Nachrichten 62: 139-143 [PDF auf zobodat.at].
  • Bezug der Indikation in der Erstbeschreibung: Freyer, C. F. (1843): Falter der Reinthal- oder Schlückenalpe bei Reutte in Tyrol. (Schluss.) — Entomologische Zeitung 4 (6): 162-167. Stettin.
  • Erstbeschreibung: Freyer, C. F. (1849): Lepidopterologisches. — Entomologische Zeitung 10 (10): 301-306. Stettin.
  • Freyer, C. F. (1846-1852): Neuere Beiträge zur Schmetterlingskunde mit Abbildungen nach der Natur 6: 1-195, pl. 481-600. Augsburg (beim Verfasser).
  • Hyden, N., Jilg, K. & T. Östmann (2006): Nationalnyckeln till Sveriges flora och fauna. Fjärilar: Ädelspinnare - tofsspinnare. Lepidoptera: Lasiocampidae - Lymantriidae. - 480 S.; ArtDatabanken, Sveriges lantbruksuniversitet, Uppsala.
  • Jost, B., Schmid, J. & H.-P. Wymann (2000): Eriogaster arbusculae. — In: Pro Natura – Schweizerischer Bund für Naturschutz (Hrsg.) (2000): Schmetterlinge und ihre Lebensräume. Arten, Gefährdung, Schutz. Schweiz und angrenzende Gebiete. Band 3: 302-305. Egg (Fotorotar AG).
  • Karle-Fendt, A. (2016): Aktuelle Ergänzung zum Vorkommen von Eriogaster arbusculae (Freyer, 1849) in den Allgäuer Alpen ((Insecta: Lepidoptera: Lasiocampidae). — Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik, 16: 39-54.
  • Karle-Fendt, A. & W. Wolf (2015): Eriogaster arbusculae (Freyer, 1849) in den Allgäuer Alpen: Aktuelle Nachweise der in Deutschland verschollenen alpinen Art (Insecta: Lepidoptera: Lasiocampidae). — Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik, 15: 33–38.
  • Rennwald, E., Sobczyk, T. & A. Hofmann (2012 [„2011“]): Rote Liste und Gesamtartenliste der Spinnerartigen Falter (Lepidoptera: Bombyces, Sphinges s.l.) Deutschlands. Stand Dezember 2007, geringfügig ergänzt Dezember 2010. — Naturschutz und Biologische Vielfalt 70(3): 243-283.
  • Trawöger, A. (1977): Der Alpenwollafter, Eriogaster arbusculae Frr. Ein Beitrag zur Kenntnis und Erforschung der alpinen Schmetterlingsfauna (Insecta: Lepidoptera, Lasiocampidae). — Berichte des naturwissenschaftliche-medizinischen Vereins in Innsbruck, 64: 107-132. [PDF auf zobodat.at]
  • Trawöger, A. & P. Brunner (2004): Radioaktiver Niederschlag als mögliche Ursache für den dramatischen Rückgang von Eriogaster arbusculae Freyer 1843 - Populationen in den Zentralalpen (Insecta, Lepidoptera, Lasiocampidae). — Berichte des naturwissenschaftliche-medizinischen Vereins in Innsbruck, 91: 217-232. [PDF auf zobodat.at]
  • Vorbrodt, K. & J. Müller-Rutz (1911): Die Schmetterlinge der Schweiz. Band 1 (inkl. 1. Nachtrag) - 219 S.; (Druck und Verlag K.J.Wyss), Bern.