3. Weitere Informationen
3.1. Taxonomie und Faunistik
Lhomme (1949) fand in der Sammlung von P. Chrétien zwei Tiere mit dem handschriftlichen Etikett „aereolella“, beide am 18. August 1914 in den Schluchten des Cady am Südwest-Fuß von Saint-Martin-du-Canigou in den östlichen Pyrenäen im Süden Frankreichs gesammelt: « Cette espèce, prise le 18 août 1914, par P. Chrétien dans les gorges du Cady, au pied sud-ouest de Saint-Martin-du-Canigou, en deux exemplaires ♂ et ♀, est restée jusqu’a present non décrite. » Er stellt fest, dass die Art wohl nicht beschrieben wurde und holt das – unter Beibehaltung des Namens – nach: « Eidophasia aereolella nova sp. ». Dabei stellt er zunächst fest, dass sich auch im handschriftlichen Nachlass von P. Chrétien kein Ansatz zu einer Beschreibung findet, was er als Beweis dafür sieht, dass die Art tatsächlich unbeschrieben ist, weil P. Chrétien bei den von ihm beschriebenen Taxa hier sonst immer Notizen gemacht hat.
Die „neue“ Art wird von Lhomme (1949) mit Eidophasia messingiella verglichen; der wesentliche Unterschied: die beiden hier untersuchten Tiere sind (mit einer Spannweite von 11-13 mm) sehr viel kleiner: « Elle s’en différencie, à première vue, par sa taille plus petite, sa bande antémédiane blanche et non jaune pâle, moins élargie à la base que celle de messingiella et par ses ailes inférieuresbrun foncé presque noir. »
Weitere Meldungen zur neuen Art scheinen ausgeblieben zu sein. Erst Gibeaux (1978) stößt wieder auf die beiden Exemplare von P. Chrétien im Museum in Paris. Sein Ergebnis verrät er schon in der Überschrift seines Artikels: « Eidophasia aereolella Lhomme, 1949 = Eidophasia messingiella (Fischer von Röslerstamm, 1840) ». Da das Männchen mittlerweile abdomenlos ist, wählt er das Weibchen als Lectotypus. Er untersucht dessen Genitalien und findet keinerlei Unterschied zu E. messingiella - daher die Synonymie. Die äußeren Unterschiede werden wiederholt, aber nicht für gravierend erachtet.
Gibeaux (1978) kannte aus Frankreich mehrere Meldungen aus dem Süden (ab Zentralmassiv), aber keine aus den Pyrenäen. Und so schrieb er, dass bei einem so genau genannten locus typicus und der Nennung der dort vermuteten Nahrungspflanze es doch sicher bald neuere Funde von dort geben müsse. 50 Jahre später scheint das noch immer nicht der Fall zu sein. Aber seltsamerweise taucht E. aereolella dann doch wieder im Verzeichnis von Karsholt & Razowski (1996) auf, und zwar für Frankreich und ausschließlich für Frankreich. Gab es neuere Untersuchungen, die die Synonymisierung von Gibeaux (1978) wieder aufhoben? Etwa gar Wiederfunde am locus typicus oder sonstwo in den Pyrenäen? Wir können keinen Hinweis darauf finden.
In der « Liste des Lépidoptères Europe, France, Pyrénées-Orientales » auf r.a.r.e.free.fr wird – wohl Leraut (1997) folgend - E. aereolella als Synonym zu E. messingiella gestellt. Doch in der Fauna Europaea ist E. aereolella wieder da.
Vor diesem Hintergrund führen wir das Taxon vorläufig weiter auf Artebene, aber mit dem Hinweis "Artstatus fraglich!" Tatsächlich vermuten wir, dass die Synonymisierung von Gibeaux (1978) noch immer Bestand hat und von Karsholt & Razowski (1996) und den Bearbeitern der Fauna Europaea nur übersehen wurde. Doch zurück zur Ausgangsfrage: Warum hat P. Chrétien seine aereolella nicht selbst beschrieben? Hatte er die Synonymie zu E. messingiella etwa gar schon längst selbst erkannt?
(Autoren: Erwin Rennwald & Jürgen Rodeland)
3.2. Literatur
- Lectotypus-Festlegung: Gibeaux, C. (1978): Eidophasia aereolella Lhomme, 1949 = Eidophasia messingiella (Fischer von Röslerstamm, 1840) (Lepidoptera Yponomeutidae). — Linneana Belgica 8 (7): 301-302.
- Erstbeschreibung: Lhomme, L. (1949): Eidophasia aereolella nova sp. — Revue française de lépidoptérologie 12 (5-6): 49.