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Falter
Kopula
Fraßspuren und Befallsbild
Männchen
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Kopula

1.3. Fraßspuren und Befallsbild

2. Diagnose

2.1. Männchen

3. Biologie

3.1. Nahrung der Raupe

  • [Asteraceae:] Leucanthemum vulgare [= Chrysanthemum leucanthemum] (Gewöhnliche Margerite)

Die Raupennahrung war zunächst noch unbekannt! Schmid & Huemer (2021) berichteten von den eigenen Suchen in den Alpen: "The moths have been observed flying during daytime in the vicinity of Leucanthemum sp. and Achillea sp., in the roots of the latter, caterpillars of Dichrorampha vancouverana McDunnough, 1935 and Dichrorampha ligulana (Herrich-Schäffer, 1851) were found topotypical. However, attempts at finding caterpillars of D. velata/alpestrana were unsuccessful so far". Dass Jürg Schmid sich damit nicht zufrieden geben würde, war zu erwarten. Im [Lepiforums-Beitrag von Jürg Schmid vom 14. Juli 2022] berichtet er zu Dichrorampha-Raupen allgemein: "Die Raupensuche in der Natur ist oft erfolgreich, wenn man die Übergangszone vom Trieb in die Wurzel vorsichtig freilegt. Dort findet man mit Ausdauer (und Glück) Kothäufchen, die von der Raupe aus der Wurzel ausgestossen werden (Bild)". Und das zugehörige Bild wird - mit Korrektur - erläutert mit: "Dichrorampha velata; Schweiz, Graubünden, La Punt, Waldsaum, Wurzel von Leucanthemum vulgare, 1820 m, 14.5.2022, Falterschlupf 31.5.22, Tagfund (Manipuliertes Freilandfoto: Jürg Schmid)" - die Raupennahrung ist damit zwar noch nicht umfassend, aber wenigstens ansatzweise geklärt!

(Autor: Erwin Rennwald)

4. Weitere Informationen

4.1. Etymologie (Namenserklärung)

Schmid & Huemer (2021) erläutern ihre Namenswahl: "“velatus” Latin, meaning “veiled” with respect to its confused history." Tatsächlich war die Kenntnis dieser Art sehr lange "verhüllt".

4.2. Synonyme

  • Dichrorampha alpestrana ab. schatzmanni (Rebel, 1927) [infrasubspezifisch und daher nicht verfügbar]
  • Dichrorampha alpestrana f. olivacea (Müller-Rutz, 1934) [infrasubspezifisch und daher nicht verfügbar]

4.3. Taxonomie und Nomenklatur

Huemer (2013) warnte unter dem Namen D. montanana vor: "Morphologische und genetische Untersuchungen deuten auf einen Komplex von zwei kryptischen Arten (Schmid, mdl. Mitt.; Huemer, unpubl.)." Schmid & Huemer (2021) bestätigten das dann im Detail und zogen daraus die taxonomischen und nomenklatorischen Konsequenzen. Da Zellers Beschreibung von 1843 gültig und älter ist (s.u.), ist für die weit verbreitete Art der Name Dichrorampha alpestrana zu verwenden. Die diversen Synonyme ließen sich weitestgehend jener Art zuordnen - für die zweite, nach derzeitiger Kenntnis weitgehend auf die westlichen Alpen von Frankreich bis in den Westen Österreichs beschränkte Art waren nur zwei Namen (Dichrorampha alpestrana ab. schatzmanni und Dichrorampha alpestrana f. olivacea [bei versehentlich als "f. olivana" bezeichnet]) zu finden, die aber beide als infrasubspezifische Taxa beschrieben wurden und daher nomenklatorisch nicht verfügbar sind. Schmid & Huemer (2021) sahen sich daher genötigt, einen neuen Namen zu finden: Dichrorampha velata.

Müller-Rutz (1934: 126-127) war wohl schon nahe dran, die neue Art zu entdecken, als er die schweizer Tiere der "Hemimene alpestrana" untersuchte und feststellte, dass sie so gar nicht zu den englischen alpestrana passen wollten. Dann bemerkte er zur Schweiz: "In den Alpen der Schweiz tritt alpestrana in sehr verschiedenen Formen auf, der Falter ist nur noch zu wenig beobachtet worden. Weder die Form der Flügel, noch ihre Färbung und Zeichnung sind konstant. Costalhäkchen, Bleilinien und Augenpunkt sind bald deutlich, bald das eine oder andere fehlend, und das bei Faltern derselben Gegend." Er geht näher auf zwei Formen ein, von denen er eine selbst beschreibt: "17. Hemimene alpestr.-schatzmanni Rbl. Zool. bot. Verhandl. Wien 1927, p. 78. Meines Wissens ist das die einzige Form von alpestrana, die beschrieben worden ist. Professor Dr. Rebel bezeichnet sie folgendermaßen: „Andreas Schatzmann in Feldkirch erbeutete Juli 1926 am Gamperton ein frisches ♂ einer Dichrorampha, welches möglicherweise nur als auffallende ab. zu alpestrana HS. gehört. Vorderflügel gestreckter als bei alpestrana, viel reiner goldgelb bestreut, ohne die geringste Spur einer hellen Innenrandzeichnung. Die Bleilinien vor dem Saume treten viel deutlicher hervor, die Vorderrandshäkchen gegen die Flügelwurzel sind verloschen. Palpen, Hinterflügel, Unterseite zeigen keine Unterschiede. Exp. 15 mm." Das auf Taf. 1, Fig. 17, dargestellte ♂ ziehe ich zu dieser Form. Es entspricht gut der Beschreibung. Die Wurzelhälfte der Vorderflügel ist etwas heller als die Saumhälfte, die Häkchen und Bleilinien sehe ich nicht deutlicher; doch das sind Kleinigkeiten. Der Fundort meines Falters, Oberfadära bei Seewies, ist nicht weit von Gamperton entfernt, auf der Südseite desselben Gebirgszuges. 18. Hem. alpestr.-olivacea n.f. Taf. 1, Fig. 18. Ende Juli, Anfang August 1932 fanden P.Weber, A. Nägeli und ich diese Form häufig bei Zermatt, in Höhen von etwa 2000 Metern. Nur diese Form, die von den tiefer vorkommenden wesentlich absticht, fliegt dort oben. Die goldgelbe Bestäubung ist durch eine viel blassere ersetzt. Die Vorderflügel haben daher eine olive-graubraune Grundfarbe und je nach der stärkern oder schwächern Bestäubung haben wir ein helleres oder dunkleres Geschöpf vor uns. Die Flügelform ist ebenfalls wechselnd, neben nicht weniger gestreckten Flügeln, als schatzmanni sie zeigt, kommen auch kurzflügelige Formen vor. Ob in dem obern Engadin diese Form auch vorkommt, kann ich nicht sagen, mein Material von dort ist zu dürftig." Dann aber folgt ernüchternd: "Von allen diesen alpestrana-Formen habe ich die männlichen Kopulationsorgane untersucht, aber keine wesentlichen Unterschiede sehen können, so daß alle der gleichen Art angehören." Er hatte wohl Recht, denn ihm lagen anscheinend nur Tiere einer einzigen Art vor - und eben kein einziges Exemplar der echten alpestrana. Und Genitalabbildungen der englischen alpestrana gab es damals keine.

4.4. Faunistik

Schmid & Huemer (2021) fassen ihre Ergebnisse zusammen: "Dichrorampha velata sp. nov. is currently known from Germany, Austria, Italy, Switzerland and France, mainly from the western Alps, extending to Salzburg (Austria) in the East. In Switzerland, this species inhabits also the Jura mountains, and further extra-alpine records are also documented for southern Germany (Swabian Alps)."

In den Alpen Frankreichs und den nördlichen Teilen der Alpen der Schweiz scheint D. velata der einzige Vertreter der Gruppe zu sein. Bemerkenswert sind die Funde im Schweizer Jura und weiter dann in Deutschland auf der südwestlichen Schwäbischen Alb (Baden-Württemberg). Bezogen auf Deutschland ist das Vorkommen von D. velata sowohl durch eine Reihe von Faltern für die Schwäbische Alb (Baden-Württemberg) abgesichert, als auch durch zwei Falter von Immenstadt in 1450 m im bayerischen Allgäu (Bayern). Da bei Gaedike et al. (2017) die einzigen aktuellen Angaben von "D. alpestrana" genau diese beiden Bundesländer betreffen und die Angaben von dort auch aus genau jenen Bereichen stammen, in denen D. velata nachgewiesen wurde ist davon auszugehen, dass D. alpestrana im jetzt enger gefassten Sinn in Deutschland ganz fehlen könnte. Die einzige verbleibende Angabe ist die aus Sachsen, zu der es bei Schütze (1901: 138) heißt: "267. tanaceti Wlk. u. St. wurde bisher nur in 1 Ex. von K. bei Bautzen gefangen." "K" steht dabei für "Amtsthierarzt Köhler in Bautzen". Sobczyk et al. (2019: 445) akzeptieren diese Meldung, können aber auch keine neueren Hinweise liefern und kein passendes Belegexemplar zeigen. Dass es sich dabei um D. velata gehandelt haben könnte, ist nach dem derzeit bekannten Verbreitungsbild fast auszuschließen, dass es sich um D. alpestrana gehandelt hatte, ist ohne Beleg aber auch nicht zwingend anzunehmen - Verwechslung mit einer anderen Art sollte hier nicht ausgeschlossen werden. Hilfreich für die Interpretation könnten hier die Detailangaben zu den Nachweisen in Polen sein.

(Autor: Erwin Rennwald)

4.5. Literatur

  • Gaedike, R., Nuss, M., Steiner, A. & R. Trusch (2017): Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands (Lepidoptera). 2. überarbeitete Auflage. — Entomologische Nachrichten und Berichte (Dresden), Beiheft 21: 1-362.
  • Hancock, E.F., Bland, K.P. & J. Razowski (2015): The moths and butterflies of Great Britain and Ireland. Volume 5 (Part 2). Tortricidae, Olethreutinae. - 377 S.; Leiden & Boston (Brill).
  • Huemer, P. (2013): Die Schmetterlinge Österreichs (Lepidoptera). Systematische und faunistische Checkliste. – 304 S. (Studiohefte 12); Innsbruck (Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m.b.H.).
  • Müller-Rutz, J. (1934): Ueber Microlepidopteren. Beschreibung neuer Arten und Formen aus der Schweiz, sowie ergänzende Angaben über ältere, weniger bekannte Arten. — Mitteilungen der Schweizerischen Entomologischen Gesellschaft, 16 (2): 118-128.
  • Razowski, J. (2001): Die Tortriciden (Lepidoptera, Tortricidae) Mitteleuropas. Bestimmung - Verbreitung - Flugstandort - Lebensweise der Raupen. — 319 S.; Bratislava.
  • Erstbeschreibung: Schmid, J. & P. Huemer (2021): Unraveling a complex problem: Dichrorampha velata sp. nov., a new species from the Alps hitherto confounded with D. alpestrana ([Zeller], 1843) sp. rev. = D. montanana (Duponchel, 1843) syn. nov. (Lepidoptera, Tortricidae). — Alpine Entomology, 5: 37-53. [zur Arbeit auf alpineentomology]
  • Schütze, K.T. (1901): Die Kleinschmetterlinge der sächsischen Oberlausitz. II. Theil (Tortricina). — Deutsche Entomologische Zeitschrift "Iris", 14: 116-138. [PDF auf zobodat.at]
  • [SCHÜTZE (1931): 186]
  • Sobczyk, T., Stöckel, D., Graf, F., Jornitz, H. & T. Karisch (2019): Die Schmetterlingsfauna (Lepidoptera) der Oberlausitz. Teil 6: Kleinschmetterlinge (Microlepidoptera) 2. Teil. Scythropiidae, Yponomeutidae (Gespinstmotten), Argyresthiidae (Knospenmotten), Plutellidae (Schleier- und Halbmotten), Glyphipterigidae (Rundstirnmotten, Wippmotten), Ypsolophidae, Praydidae, Heliodinidae, Bedelliidae, Lyonetiidae (Langhorn-Blattminiermotten), Elachistidae (Ethmiinae, Depressariinae - Flachleibmotten, Elachistinae - Grasminiermotten, Parametriotinae), Scythrididae (Ziermotten), Chimabachidae, Oecophoridae (Faulholzmotten), Stathmopodidae, Coleophoridae (Sackträgermotten), Choreutidae (Spreizflügelfalter), Urodidae, Schreckensteiniidae, Epermeniidae (Zahnflügelfalter), Tortricidae (Wickler). – Beiträge zur Insektenfauna Sachsens Band 22. – Entomologische Nachrichten und Berichte (Dresden), Beiheft 24, 496 Seiten, 2 Karten. ISSN 0232-5535.