Version 30 / 36 vom 29. April 2021 um 23:07:23 von Jürgen Rodeland
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Falter
Raupe
Puppe
Geschlecht nicht bestimmt
Männchen
Erstbeschreibung
Habitat
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Raupe

1.3. Puppe

2. Diagnose

2.1. Geschlecht nicht bestimmt

2.2. Genitalien

2.2.1. Männchen

2.3. Erstbeschreibung

3. Biologie

3.1. Habitat

3.2. Nahrung der Raupe

  • [Apiaceae:] Bunium bulbocastanum [= Bunium persicum sensu auct. europ., Carum bulbocastanum] (Gewöhnlicher Knollenkümmel)
  • [Apiaceae:] Scaligera napiformis
  • [Ranunculaceae:] Nigella arvensis ?? (Acker-Schwarzkümmel ??) Diese Angabe ist mit Sicherheit falsch, vgl. Anmerkung am Ende von „Faunistik“

Die Raupe lebt in den Dolden von Doldenblütlern (Apiaceae). Die alten Angaben aus Rheinland-Pfalz (Griebel 2010) betreffen Bunium bulbocastanum und gehen sehr wahrscheinlich auf Friedrich Eppelsheim zurück. Zahlreiche Raupenfunde in Griechenland betreffen Scaligera napiformis (siehe z.B. die Raupenbilder von H. Ziegler oben, oder [Forumsbeitrag Martin Albrecht, 23. Juni 2009], oder [Forumsbeitrag Walter Schön, 25. Januar 2007]).

Fazekas & Schreurs (2013) überraschen mit der Meldung von Raupen auch an einem Hahnenfußgewächs: "The larvae feed on the flowers and unripe seeds of Bunium persicum (Boiss.) B. Fedtsch. and Nigella arvensis L. Nigella arvensis is widespread in Hungary on ploughed land and amongst stubble. They live in a web just below the surface of the flowers." Mit Bunium persicum" aus Ungarn, ist hier sicher Bunium bulbocastanum gemeint, die teilweise als Synonym zu B. persicum geführt wurde. Wie sicher ist die Angabe zu Nigella arvensis als Raupennahrung ? Sie klingt sehr überzeugend, allerdings fragt sich, woher die Beobachtung stammen soll - denn die Meldung aus Ungarn betrifft nur 3 gesammelte Falter und keine Raupenfunde. Ohne Beleg mag ich das nicht glauben.

4. Weitere Informationen

4.1. Faunistik

"Art, die bei Karsholt & Razowski (1996) für Deutschland angegeben wurde, die aber durch keinen der Bearbeiter oder Mitarbeiter belegt werden konnte. Es wird davon ausgegangen, daß es sich hierbei um irrtümliche Angaben handelt." Gaedike & Heinicke (1999)

Entgegen dieser Angabe führen wir die Art als für Deutschland nachgewiesen, weil in der Erstbeschreibung ausschließlich Funde bei Mainz (Rheinland-Pfalz) erwähnt sind, die Art hier also ihren locus typicus hat: "auf dem Lenneberg, oberhalb Budenheim und [...] im Mombacher Walde".

Im selben Bundesland, am Haardtrand rund 60 km weiter südlich findet sich Grünstadt. Dieser Ort wird schon von Reutti (1898) für D. ululana erwähnt - vermutlich kam diese Meldung von F. Eppelsheim via A. Meeß in das Verzeichnis. Griebel (1910) schreibt dazu detaillierter: "Auf dem Hohenfels bei Grünstadt, von Juli an. Die Raupe von Juni bis August in den Blüten von Carum Bulbocastanum." Griebel selbst hat einige Jahre in Speyer und in Neustadt an der Weinstraße gewohnt - 45 bzw. 35 km von Grünstadt, aber nie in Grünstadt selbst. Seinem Vorspann ist einiges zu Friedrich Eppelsheim zu entnehmen: "Auf ihn geht hauptsächlich das zurück, was wir über die Schuppenflügler am unteren Haardtgebirge von Grünstadt, Dürkheim, in der Gegend von Winnweiler und vom Donnersberg wissen ...". Eppelsheim hat fast nichts selbst publiziert, aber: "Wertvolles Material findet sich jedoch in seinen sorgfältig geführten Tagebüchern niedergelegt, die nach seinem Tode (1900) mit seiner reichhaltigen Sammlung in den Besitz von Herrn Stadtrat Adolf Meeß in Karlsruhe übergingen, der mir diese Aufzeichnungen in zuvorkommender Weise überlassen hat. Eppelsheim haben wir das Auffinden vieler für die Pfalz, ja einiger für ganz Deutschland neuer Arten zu verdanken; eine von ihm entdeckte Chrysopora und eine ebensolche Ornix wurden ihm zu Ehren benannt." Nach Staudinger, 1885, wurde die Gelechiide Chrysoesthia eppelsheimi (Staudinger, 1885) "von meinem verehrten Freunde, Herrn Oberamtsrichter Eppelsheim, in der Rheinpfalz von Silene nutans erzogen" - was so ganz nebenbei zeigte, dass Eppelsheim gut beobachtete und selbst gesammelte Raupen züchtete. Hatte Eppelsheim und oder Griebel den Falter richtig bestimmt? Peter Buchner berichtet im Lepiforum [Lepiforumsbeitrag 7. November 2012] über den Fund eines Belegs in Wien (NHMV) "mit der Etikettierung „Rheinland Pfalz, Grünstadt“. Leider wurden dort weder Funddatum noch Sammler angeführt. Ein Handschriftenabgleich sollte hier aber Klarheit schaffen. Jedenfalls hatte Eppelsheim noch weitere Sammler beliefert. Gaedike (2013) akzeptierte Erstbeschreibungs-Funde bei Mainz und geht auch auf Grünstadt als weiteren Fundort ein: "Im Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart befinden sich vier Falter mit der Bezeichnung "Pfalz, Grünstadt", die vermutlich W. Steudel von F. Eppelsheim erhalten hat. [Hausenblas]". Mit "Auf dem Hohenfels bei Grünstadt" war wahrscheinlich die weitere Umgebung der Burgruine Hohenfels nördlich der Ortsgemeinde Imsbach im Donnersbergkreis - knapp 20 km westlich von Grünstadt gemeint. Bunium bulbocastanum kommt immer noch bei Mainz und bei Grünstadt (und nicht nur dort) vor - vielleicht sollte man mal wieder nach den bunten Raupen suchen.

Die Art ist in Europa zwar weit verbreitet, aber überall sehr selten. Angeführt wird sie neben Deutschland und der Schweiz auch aus Portugal, Spanien, Frankreich, Rumänien, Mazedonien. Fazekas & Schreurs (2013) melden die ersten Nachweise für Ungarn. Huemer & Wieser (2020) melden die Art aus den Cottischen Alpen und damit erstmals für Italien.

(Autor: Erwin Rennwald)

Die Meldung dieser Art aus Ungarn beruht auf Fehlbestimmung: in der zitierten Arbeit von Fazekas & Schreurs (2013) werden die weiblichen Genitalien korrekt abgebildet, der dafür verwendete Beleg stammt aber aus Frankreich. Die Genitalien des aus Ungarn stammenden Männchens zeigen dagegen Depressaria chaerophylli. Dieser Irrtum wurde den Autoren umgehend per Mail mitgeteilt, eine Reaktion bzw. Richtigstellung ist meines Wissens aber bis heute nicht erfolgt. Erwähnt soll noch sein, dass die Verwechslung der männlichen Genitalien von Depressaria chaerophylli und Depressaria ululana auch schon prominenten Entomologen passiert ist, dabei ist die Unterscheidung gar nicht so schwierig: Clavus (Basalfortsatz des Sacculus) bei Depressaria ululana vorhanden, bei Depressaria chaerophylli nicht ausgebildet. (Anmerkung von Peter Buchner, eingefügt am 11. Februar 2021)

4.2. Literatur

  • Fazekas, I. & A. Schreurs (2013): A Depressaria ululana Rössler, 1866 új faj Magyarországon. Depressaria ululana Rössler, 1866 new species in Hungary (Lepidoptera: Elachistidae). — Microlepidoptera.hu 6: 1–27. [PDF auf epa.oszk.hu]
  • Griebel, J. (1910): Die Lepidopteren-Fauna der bayerischen Rheinpfalz. II. Teil. Programm des Kgl. humanistischen Gymnasiums zu Neustadt a.d. Hdt. für die Schuljahre 1909/10 und 1910/11. - 112 S.; Neustadt a.d. Haardt.
  • Huemer, P. & C. Wieser (2020): Bemerkenswerte Neufunde von Schmetterlingen (Lepidoptera) für Italien (Cottische Alpen). — Carinthia II, 210/130: 457-470.
  • Erstbeschreibung: Rössler, A. (1866): Verzeichniß der Schmetterlinge des Herzogthums Nassau, mit besonderer Berücksichtigung der biologischen Verhältnisse und der Entwicklungsgeschichte. — Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde 19/20: 99-442. Wiesbaden.
  • [SCHÜTZE (1931): 146-147]
  • Stainton, H. T. (1870): The natural history of the Tineina 12: [I-VII], 1-259, pl. I-VIII. London (John van Voorst) – Paris (Deyrolle) – Berlin (E. S. Mittler und Sohn). — Digitalisat auf archive.org: [230-237], [pl. VIII fig. 1].