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Falter
Raupe
Männchen
Erstbeschreibung
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Raupe

2. Diagnose

2.1. Männchen

2.2. Erstbeschreibung

3. Weitere Informationen

3.1. Etymologie (Namenserklärung)

lichen Flechte.“

Spuler 2 (1910: 188L)

3.2. Andere Kombinationen

3.3. Synonyme

3.4. Taxonomie und Faunistik

Vorabbemerkung: Arnscheid & Weidlich (2017: 39) betonen bei der Einführung der Gattung Dahlica rückblickend, dass alle bisher zur Arttrennung genutzten Merkmale (Genital-Indices, Schuppen-Klassen-Indices, Flügelgeäder) eine deutlich größere intraspezifische Variation aufweisen, als zunächst gedacht. Dies machte die Artabgrenzung schwierig und führte zu einer Unzahl widersprüchlicher Artbeschreibungen und Fundortmeldungen. Mittlerweile wurden auch genetische Aspekte - insbesondere durch Barcoding, teilweise auch durch die Untersuchung von Kern-DNA - mit einbezogen. Dies verhalf teilweise zur Klärung, warf aber zahlreiche neue Fragen auf. Arnscheid & Weidlich (2017: 39) kündigen daher an, dass wir auch in der nahen Zukunft mit einem öfteren Durcheinanderwirbeln der Taxa rechnen müssen: "It is foreseeable that further studies of molecular characteristics will substantially change the taxonomy of the tribe in the near future (Chevasco et al. 2014, Elzinga et al. 2014)." Dies betrifft auch Dahlica lichenella bei der weder die taxonomische und damit auch geographische Abgrenzung noch der Name "in Stein gemeißelt" sind. Die Arbeiten von Grapputo et al. (2005), Chevasco et al. (2014) und besonders Elzinga et al. (2014) liefern uns hier wertvolle Erkenntnisse, werden aber jeweils zahlreiche neue Fragen auf.

Was wissen wir über "Tinea lichenella"? Linné (1861) verrät uns: "TINEA Lichenella femina aptera lævi nigra Habitat in Lichene candelario super muros templi Waxalensis ; Larva habitat intra folliculum". Er beschrieb sie also nach einem oder mehreren Weibchen, deren Sack oder deren Säcke er an einer Mauer der mittelalterlichen lutherischen Kirche in Vaksala im Nordosten von Uppsala fand. Da die Kirche heute noch steht, haben wir einen sehr genauen Typenfundort. Hatte er das Weibchen zu der 2 Jahre zuvor - und ebenfalls aus Schweden - beschriebenen Tinea lazuri Clerck, 1759 entdeckt? Wir wissen es nicht - oder zumindest noch nicht. Linnés Belegtier wird heute als Exemplar der parthenogenetischen Form von Dahlica lichenella gedeutet - theoretisch könnte es auch ein Weibchen von Dahlica lazuri sein, denn diese beiden Weibchen lassen sich morphologisch nicht unterscheiden. Der Fundort an der Kirchenmaur spricht aber tatsächlich für D. lichenella und gegen D. lazuri - aber vielleicht wird uns da mal next generation Barcoding überraschen.

Finnische D. lazuri und finnische D. lichenella zeigen deutliche Barcoding-Unterschiede, doch ein Vergleich mit Tieren der Schweiz zeigt, dass die parthenogenetischen Formen beider Länder zusammen passen, die bisexuelle Form Skandinaviens (also D. lazuri) aber etwas anderes ist als die bisexuelle Form der Schweiz (früher als D. fumosella bezeichnet), wobei dort partenogenetische Form und bisexuelle Form beim Barcoding voll zusammen passen. In der Konsequenz heißt das, dass D. lichenella als Art neben D. lazuri bestehen bleiben kann und dass die bisexuellen Populationen der Schweiz weder zu D. lazuri gehören, noch als eigen Art angesprochen werden können, sondern einfach eine bisexuelle Form von D. lichenella darstellen, die man f. fumosella nennen könnte.

D. lazuri ist in den nordisch-baltischen Staaten weit verbreitet. Doch alles andere ist fraglich. Die bisexuellen Populationen der Schweiz scheinen zu D. lichenella zu gehören - aber was ist mit denjenigen zwischen Alpen und Nordeuropa? Gaedike et al. (2017: 27) führen D. lichenella (die parthenogenetische Farm) und "D. lazuri" jeweils aus allen Bundesländern Deutschlands an. Gehören sie überwiegend tatsächlich zu D. lazuri im Sinne der skandinavischen Autoren? Oder handelt es sich hier um eine bisexuelle Form von D. lichenella (früher als D. fumosella bezeichnet? Gibt es eine Grenze zwischen den beiden - z.B. an der Nord- und Ostseeküste, an der Mittelgebirgsgrenze oder am Alpenrand? Wir wissen es nicht. Oder besser: Ich weiß es nicht - vielleicht hat schon jemand ausreichend Barcode-Daten über Mitteleuropa hinweg gesammelt, dass er hier zu einer Aussage kommen könnte.

Erst vor wenigen Jahren schrieb ich: "Der zumeist verwendete Name Dahlica fumosella (Heinemann, 1870) ist - bei Wertung der bisexuellen Form der Dahlica lichenella als eigenständige Art - durch den sehr viel älteren Namen Dahlica lazuri (Clerck, 1759) zu ersetzen. Dies entspricht dem Vorgehen der Fauna Europaea. Dort wird der Artstatus der bisexuellen Form erneut stark angezweifelt, was aber zur Folge hätte, dass auch die parthenogenetische Form Dahlica lazuri heißen müsste, da D. lichenella (Linnaeus, [1760]) erst ein Jahr später beschrieben wurde. Wir folgen hier der Fauna Europaea, die diesen Schritt vorerst verweigert und begründet: "Former authors treated the taxon fumosella as the bisexual race of lichenella, but its taxonomical status is controversial. After studying a specimen of the Thunberg-Collection, (Robinson, G.S. & Nielsen, E.S. 1983) proposed the name lazuri for fumosella because there is no doubt, that this is an older subjective synonym. In spite of the fact that there are only insignificant differences between the females of the parthenogenetic race of lichenella and lazuri, it is doubtfull whether there are indeed two different species. For the sake of stability of nomenclature, however, it seems best to follow this course for the time being. Otherwise the name lichenella, one of the most well-known and oldest names in the family, would have to fall into synonymy as a junior subjective synonym of lazuri."" - So schnell kann sich hier alles ändern. Auch in naher Zukunft wieder.

Noch ein Spezialfall: Aarvik et al. (2017) erläuterten: "Solenobia norvegica Strand, 1919 was named by Strand (1919), but the description, as Solenobia sp., had already been given by Wocke (1862). The description of the female type specimen agrees with D. lichenella (Linnaeus, 1761) (Arnscheid & Weidlich in press)."

Weidlich (2015: 1916) führt aus Italien unter D. lichenella jeweils eine ganze Reihe Fundorte der parthenogenetischen wie auch der bisexuellen Form an. Erstere ab Höhenlagen um 1000 m, letztere nur zwischen 1400 und 1650 m.

Zweigeschlechtliche "D. lazuri" aus der Slowakei scheinen weder zu D. lichenella noch zu D. lazuri sondern zu einer weiteren, noch unbeschriebenen Art zu gehören.

(Autor: Erwin Rennwald)

3.5. Publikationsdatum der Erstbeschreibung

Argumentation für 1761 und Literaturangaben dazu: Siehe unter Acleris schalleriana.

3.6. Literatur