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Falter
Raupe
Fraßspuren und Befallsbild
Puppe
Geschlecht nicht bestimmt
Männchen
Weibchen
Erstbeschreibung
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

1.2. Raupe

1.3. Fraßspuren und Befallsbild

1.4. Puppe

2. Diagnose

2.1. Geschlecht nicht bestimmt

2.2. Genitalien

2.2.1. Männchen
2.2.2. Weibchen

2.3. Erstbeschreibung

3. Biologie

3.1. Nahrung der Raupe

  • [Cupressaceae:] Juniperus oxycedrus (Stech-Wacholder, Zedern-Wacholder)
  • [Cupressaceae:] x Cuprocyparis leylandii [= x Cupressocyparis leylandii, Juniperus x leylandii] (Leyland-Zypresse)
  • [Cupressaceae:] Chamaecyparis lawsoniana (Lawsons Scheinzypresse)
  • [Cupressaceae:] Platycladus orientalis (Morgenländischer Lebensbaum)

Einzige bisher abgesicherte Raupennahrungspflanze war lange Zeit der in Südwesteuropa verbreitete Stech-Wacholder (Juniperus oxycedrus).

Takács & Szabóky (2015) sammelten starke Argumente dafür, dass an ihrer Nachweisstelle zahlreicher Falter in Ungarn der Gewöhnliche Wacholder (Juniperus communis) die Nahrungsgrundlage der Raupe sein müsse. Dies könnte auch für andere Gärten Mittel- und Westeuropas gelten. Der Beweis hierfür steht aber noch aus. In Mittel- und Westeuropas Gärten kommen prinzipiell noch weitere Juniperus-Arten in Frage - und auch die massenhaft gepflanzten Thuja-Hecken sollte bei der Suche nach Raupen hier nicht ganz außer acht gelassen werden.

Takács et al. (2022: 59) ermittelten für Ungarn dann aber doch ausschließlich gepflanzte Cupressaceae als tatsächlich genutzte Raupennahrung: "All examined Cupressus × leylandii, Platycladus orientalis, and Chamaecyparis lawsoniana plants (n=52) were infected by C. interscindana, but L. festiva attacked only 30 plants. The number of C. interscindana larvae was highest in Cupressus × leylandii, while the least preferred host plant was Platycladus orientalis (Table 3)."

Takács et al. (2022: 59) erläutern zum Fraßbild: "The mines of C. interscindana larvae can be found on the branches and trunk of the host plant. The mines are full of frass (Fig. 2) that differs conspicuously from that of the co-occurring L. festiva (Fig. 3). At the entrance of the tunnel, the beetle’s reddish frass can be also found (Fig. 4). The mine reaches the phloem. The plant tissue around the mine becomes loose, slightly swollen (Fig. 8), somewhat sponge-like; this tissue is consumed by the larva. Perhaps it represents a case of gall-induction."

4. Weitere Informationen

4.1. Andere Kombinationen

  • Phtoroblastis interscindana Möschler, 1866 [Originalkombination]
  • Phthoroblastis interscindana Möschler, 1866 [Kombination mit korrekter Schreibweise der Gattung]

4.2. Synonyme

4.3. Faunistik

Die Art wurde aus Andalusien (Spanien) beschrieben. In der Fauna Europaea [version 2.6 - 29 April 2013] werden für die Art Vorkommen in den Ländern Portugal, Spanien, Frankreich, (Festland-)Italien, Belgien und die Schweiz gemeldet. Abgesehen von den beiden letztgenannten Ländern deckt sich das gut mit der Verbreitung der einzigen in der Literatur genannten Nahrungspflanze der Raupe, dem Stech-Wacholder (Juniperus oxycedrus). Corley (2004) nennt die Art für Portugal (Baixo Alentejo); Férriz et al. (2006) melden sie von den Balearen (Pitiuses). Eine aktuelle Angabe aus Spanien (Region Valencia) findet sich bei Huemer & Wieser (2010): Carrascal de la Font Roja Nature Reserve (Alicante), 3.-5. September 2005.

Die Angabe aus Belgien geht nach de Prins (2016) auf Coenen (1981) zurück - neuere Angaben fehlen dort ganz.

Nach Sauter & Whitebread (2005) war die Art neu in die Schweizer Lepidopterenfauna aufzunehmen: "Aigle VD 6.1995 an pomonella-Pheromonfalle, leg. M. Hächler teste W. Sauter. Das SwissLepTeam (2010) führt die Art auf der Basis dieses Einzelexemplars vom Südosten des Genfersees für das Mittelland an, verzichtet aber auf jeglichen weiteren Kommentar. Es liegt kein GU-überprüfter Beleg vor, die Art ist äußerlich aber kaum zu verwechseln, schon gar nicht, wenn M. Hächler und W. Sauter diesen Falter in der Hand hatten.

Am 18. Februar 2017 wurde von Horst Pichler [Lepiforums-Beitrag] ein Wickler angefragt, der von Jürgen Quack und Friedmar Graf rasch als Cydia interscindana bestimmt wurde - damit handelte es sich bei dem Tier aus einem waldrandnahen Garten in Graz (Steiermark) um den vermutlichen Erstnachweis der Art für Österreich, was durch P. Huemer (E-Mail 28. Februar 2017 an E. Rennwald) dann auch bestätigt wurde. Dies war zugleich der nordöstlichste Nachweis der Art. Zunächst war unklar, ob es sich hier um ein verdriftetes oder verschlepptes Einzelexemplar handelte oder eben doch um den Fund eines Exemplars bei bereits etabliertem Vorkommen. Nach dem Fund eines weiteren Exemplars an gleicher Stelle ein Jahr später (s.o.), dessen Determination durch Barcoding abgesichert wurde, ist zumindest von einer Tendenz zur Etablierung (sicher nicht nur in diesem Garten) auszugehen. [Forum] [Absicherung]. 2018 erfolgten zwei weitere Nachweise der Art im dritten Jahr an gleicher Stelle; Funddaten hier sind insgesamt: 10. Juli 2016, 31. August 2017, 10. Juni 2018, 26. Juli 2018, 21. September 2018. Erwartungsgemäß wurde die Art am 10. Juni 2019 erneut in diesem Garten bestätigt [Forumsbeitrag Horst Pichler, 11. Juni 2019]. Demnach ist die Art zumindest hier als etabliert zu betrachten - dass die Art dabei in Österreich nur in diesem einen Garten siedelt, ist extrem unwahrscheinlich.

Am 25. September 2016 teilte "Migrant Lepidoptera" in einer [Twitter-Meldung] zu Großbritannien mit: "Interesting Tortricid taken in Putney, London on 24/9. Tentative ID of Cydia interscindana, which would be new to UK so confirmation needed". Finder und Fotograf war Bob Arnfield. An der Bestimmung des abgebildeten Falters ist nicht zu rütteln. Bob Arnfield meldete seinen Falter am 25. September 2016 auch an [atropos.info]: "Here is a photo of the Cydia interscindana. Feeling a bit puzzled as this is the second seriously weird moth in this modest suburban London garden this year. Maybe one of the neighbours has had a garden makeover:-)" Am 24. Oktober 2017 meldet Billy Dykes [auf Twitter]: "Cydia interscindana from garden last night. I believe "BOOM!" is the customary term". Er vermutet, dass die Art zumindest in Teilen von London etabliert ist. "Migrant Lepidoptera" antwortet: "First taken by Bob Arnfield, in Putney, London on 24/9/16. He's had at least one further specimen since." In seinem [blogspot] berichtet Billy Dykes am selben Tag: "I'm very glad it did because this morning, following a night of perfect weather conditions, I woke to a trap full of moths. [...] Perched on top one of the egg boxes was a tiny but quite strongly marked moth with two distinctively huge white strigulae (a fancy word for stripes) along its dorsum (another fancy word for the moth's back). I recognised it instantly, but only because I'd recently been drooling over pictures of the one that Bob Arnfield caught in his Putney garden last year. It's Cydia interscindana, a tortrix that feeds on the Mediterranean plant Juniperus oxycedrus. Bob's one from last year was the 1st UK record, and I believe he's caught another this autumn too. The species' natural distribution covers much of the Mediterranean, but like many insects it has almost certainly been given a helping hand northwards with the cultivation of its foodplant. As far as I know we're the only two people who have caught one at the moment, but it seems likely that there's a low key population flying around the London suburbs." Knill-Jones (2020) meldet "The sixth British and first Buckinghamshire record of Cydia interscindana". Auch er geht von einer bereits erfolgten Etablierung aus.

Auf [nahuby.sk] wurde ein Falter gezeigt, der von Ladislav Gembeš ("Laco, G") am 16. Oktober 2016 in den Kleinen Karpaten (Malé Karpaty) im Westen der Slowakei aufgenommen wurde, also nochmals rund 300 km östlich von Graz. Dieser Falter ist jetzt auch im [Lepiforum, Forum 2] zu sehen. Der Fund wurde auch durch Pastorális et al. (2018) publiziert.

Zunächst nicht beachtet blieb von mir die Arbeiten von Szabóky (2014) und Takács & Szabóky (2015): Sie berichten über den Erstnachweis der Art in Ungarn (Budapest). Die gleich zahlreichen Nachweise an einer einzigen Stelle erfolgten hier mittels Apfelwickler-Pheromon, das zur Kontrolle der Besiedlung von Mandelbäumen durch Cydia pomonella eingesetzt wurde. Die Falter scheinen stark an dieses Pheromon anzufliegen, kaum aber ans Licht - mit ein möglicher Grund für die spärlichen Nachweise der Art in Mitteleuropa. Ihre Untersuchung erfolgte im Jahr 2014. Bei den Anflügen von Cydia interscindana stellten sie zwei getrennte Flugzeiten von Anfang bis 22. Juni und (individuenstärker - vermutlich weil die Pheromonfalle jetzt im Wacholderbusch platziert wurde) von 20. August bis 16. September fest, was stark als Indiz für 2 Generationen gewertet werden kann. Sie bemerkten außerdem, dass die bisher einzige bekannte Raupennahrungspflanze, der Stech-Wacholder (Juniperus oxycedrus in Ungarn fehlt, aber ihre Pheromonfalle nur 5 m neben (und später in) einem alten Gewöhnlichen Wacholder (Juniperus communis) - auch wenn ihnen kein Raupenfund gelang, vermuten sie doch sehr, dass sich die Tiere an diesem Busch entwickelten. Takács et al. (2022) können weitere Funde aus Ungarn anführen und dabei vor allem auch die Biologie der Art in Gärten klären (s.o.).

Bei dem oben gezeigten Falterfund von Thomas Wiemert vom 15. September 2018 von Nordrhein-Westfalen, Bornheim-Hersel handelt es sich wahrscheinlich um den Erstnachweis für Deutschland - auch dieser Fund erfolgte innerorts in einem Garten [Forumsbeitrag 16. September 2018]. Nur 4 Tage später gelang der Fang eines weiteren Exemplars, wieder in Nordrhein-Westfalen, diesmal in Köln; Jörg Siemers [Forumsbeitrag 20. September 2018] meldete dazu: "Köln, Wohnsiedlung mit Gärten, 43m, 19. September 2018, am Licht (Foto: Jörg Siemers)". Jörg Siemers [Forumsbeitrag 25. Oktober 2018] gelang an gleicher Stelle am 12. Oktober 2018 nochmals der Nachweis von jetzt gleich 2 Faltern der Art. Und er hat jetzt auch eine plausible Herkunft seiner Tiere: In 150 m Entfernung von seiner Leuchtstelle gibt es einen Gartenbaubetrieb, der häufig große Gehölze - auch Wacholder - direkt aus Südeuropa importiert ...

Heinz Schumacher (e-Mail 13.02.2022 an E. Rennwald) meldet zwei weitere Funde aus dem Jahr 2020, die wieder beide Nordrhein-Westfalen betreffen: Er selbst fand am 15. September 2020 in Sankt-Augustin-Niederpleis in unmittelbarer Nähe der Grünabfall-Annahmestelle der RSAG [„Rhein-Sieg-Abfallbeseitigungs-Gesellschaft“] gefunden. Er ergänzt: "Hier wird von Unternehmern und Privatleuten Grünschnitt abgeliefert. Leider konnte ich am nächsten Tag nicht mehr in Erfahrung bringen, ob Stech-Wacholder oder andere Wacholderarten angeliefert worden waren. Das gesamte Material ist am frühen Vormittag des 16.09. schon gehäckselt worden." Der andere Falter war schon zweieinhalb Wochen früher gefangen, aber jetzt erst bestimmt worden: "Zusätzlich ist mir heute Morgen noch ein weiterer Fund gemeldet worden. Er stammt von Hermann Schnitzler aus Frechen-Innenstadt vom 29.08.2020 und wurde gestern (12.02.2022) von Rudi Seliger bestimmt."

Auf schmetterlinge-bw.de gibt es einen Eintrag aus Baden-Württemberg auf Blatt 6717 Waghäusel Q4 aus dem Jahr 2020. Rolf Mörtter erläuterte per e-Mail (13. Februar 2022 an E. Rennwald): "Meine Funde waren in einer Lebendlichtfalle auf meinem Balkon (1. Stock nach Norden) mit 40W Schwarzlichtenergiesparlampe am 14.6.2019, 20.5.2020 und 3.9.2021." Da kein Gartenbaubetrieb oder Baumarkt in unmittelbarer Nähe der Fundstelle in Kronau steht, spricht hier alles für eine beginnende oder schon abgeschlossene Etablierung der Art. Weitere Fundmeldungen aus der Oberrheinebene - oder überhaupt aus Deutschland - sind sehr erwünscht.

Im Bereich der Funde in Belgien, der Schweiz, Österreich, der Slowakei und Deutschland gibt es keinerlei natürliche oder verwilderte Vorkommen des Stech-Wacholders (Juniperus oxycedrus); die Funde scheinen sich alle auf Gärten zu beziehen, so dass jetzt zu fragen ist, ob sich die Art mit Pflanzungen dieses oder anderer Wacholder-Arten (Hauptkandidat ist hier der Gewöhnliche Wacholder, Juniperus communis) ausbreiten kann. Auf Details ist hier unbedingt weiter zu achten. Aus Graz gibt es Nachweise von 3 aufeinander folgenden Jahren - das deutet auf eine zumindest lokale Etablierungstendenz hin. Noch ist aber unklar, ob sich die Art in Mittel- und Nordwest-Europa auch tatsächlich im Freiland fortpflanzt und über längere Jahre weg halten kann. Für die Schweiz und Deutschland wird hier daher vorerst weiterhin das Einzelnachweis-Fähnchen verwendet.

Ganz aus dem Rahmen fällt ein Fund aus dem kleinen europäischen Teil der Türkei, der zwar nicht durch GU oder Barcoding abgesichert ist, aber der nach Foto und heutigem Kenntnisstand eindeutig sein sollte: [Forum 7. August 2016] bzw. [Foto und Verortung auf dogalhayat.org]. Auch dieser Fund stammte nicht von einem naturnahen Standort, sondern aus dem Stadtbereich von Istanbul (Esenyurt), was sehr für Verschleppung spricht.

Über die Detailverbreitung in Frankreich ist mir wenig bekannt, insbesondere wenn es um die Frage geht, wie weit das Vorkommen der Art nach Norden reicht und ob es an der Nordgrenze vielleicht Bewegung gibt. Das [Inventaire National du Patrimoine Naturel (INPN)] meldet die Art nur für das Département Bouches-du-Rhône. Im Forum [insecte.org] wird dazu passend ein Falter vom 8. September 2015 aus Arles, 20 m (Département Bouches-du-Rhône) gezeigt. Auch der oben gezeigte Falter vom 24. August 2016 aus den Alpilles stammt aus diesem Département. Ich selbst erhielt am 2. und 5. September 2018 je einen Falter am Licht in Mérindol, also rund 1 km nördlich dieses Départements im Département Vaucluse – der Stech-Wacholder stand wenige Meter neben der Leuchtanlage im Garten der Ferienwohnung. Von deutlich weiter nördlich – aber immer noch aus Süd-Frankreich stammt eine Meldung auf [papillon-poitou-charentes.org] von Corignac im Département Charente-Maritime vom 14. August 2016. Millière (1876) hatte die als Synonym betrachtete Grapholitha opulentana aus einem Korkeichen-Wald (Quercus suber) mit Aspekt bestimmender Baumheide (Erica arborea) "au haut des Vallergues" beschrieben, also aus dem heutigen Stadtteil Haut Vallergues von Cannes im Département Alpes-Maritimes. Wohl auf das gleiche Département bezieht sich der Eintrag für den Mercantour bei Lévêque et al. (2017: 200).

Zu den Niederlanden finden sich auf waarneming.nl eine Angabe vom 28. Juni 2019 aus Valkenswaard (NB) von John Cox und eine Angabe vom 6. August 2020 aus Bussum (NH) von Conny Leijdekker-Winthorst - beide mit Fotos belegt. Muus & Corver (2021) greifen die beiden Meldungen auf und schreiben dazu: "In 2019 fotografeerde John Cox deze nieuwe soort voor ons land. Het jaar daarop, in 2020, werd een tweede exemplaar waargenomen in Bussum. De soort leeft op jeneverbes, mogelijk ook de gecultiveerde variant en zou zich door menselijk handelen kunnen verspreiden. De soort komt bijvoorbeeld ook in Londen voor, daar waar absoluut geen wilde jeneverbessen voor handen zijn."

Im Moment ist leider völlig unklar, ob die Art mit Zierpflanzen nach West- und Mitteleuropa verschleppt wurde, oder ob die Falter aktiv wandern. Aber natürlich geht Verschleppung prinzipiell auch ganz anders: Ich hatte mein Auto in der Ferienwohnung in Mérindol direkt neben dem Stech-Wacholder geparkt ... Die Frage ist nur, warum gerade jetzt so viele Neumeldungen von außerhalb der Iberischen Halbinsel, Italien und Süd-Frankreich auftauchen und zumindest für London und Graz (St. Peter) von beginnender Etablierung auszugehen ist.

(Autor: Erwin Rennwald, 28. Februar 2017, ergänzt 27. Februar 2018, 19.-21. September 2018, 25. Oktober 2018, 7., 15. Juni 2019, 24. Januar 2022 und 13. Februar 2022)

4.4. Literatur