Version 30 / 32 vom 10. Dezember 2021 um 18:07:11 von Erwin Rennwald
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Falter
Männchen
Geschlecht nicht bestimmt
Erstbeschreibung
Habitat
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

2. Diagnose

2.1. Männchen

[Hinweis: Bei dem hier bis zum 15. November 2019 gezeigten "Weibchen" aus Griechenland aus der "Speckmeier-Sammlung" des ZSM handelte es sich um ein Männchen von Brachodes tristis (det. Axel Kallies per Email an E. Rennwald); das Bild wurde entsprechend verschoben.]

2.2. Geschlecht nicht bestimmt

2.3. Erstbeschreibung

3. Biologie

3.1. Habitat

3.2. Nahrung der Raupe

  • [Poaceae:] Festuca ovina agg. (Schaf-Schwingel)

B. appendiculata ist in Europa die Brachodidae-Art, über die wir mit Abstand die beste Kenntnis zu den Larvalstadien haben. Kallies (1998: 174) fasst zusammen: "Über die Bionomie der Brachodes-Arten gibt es nur sehr spärliche Angaben. Die einzige, für ihre Zeit jedoch erstaunlich genaue Beschreibung der Lebensweise und der Morphologie der Präimaginalstadien einer europäischen Brachodidae (B. appendiculatus) stammt von Gartner (1864). Da diese Arbeit wenig bekannt ist und auch von Heppner (1983) übersehen wurde, soll hier auf einige wichtige Beobachtungen hingewiesen werden. Gartner (1864) bewies durch die Aufzucht eingetragener Raupen, daß zumindest Brachodes appendiculatus eine zweijährige Larvalentwicklung aufweist. Er vermerkte, daß die Raupen in den oberen Teilen des Wurzelwerkes von Festuca ovina (Poaceae) leben, wo sie "in verschiedenen Richtungen Gänge machen, die ausgesponnen und mit grünen Excrementen gefüllt sind".

Die sehr gründliche und vorbildliche Arbeit von Gartner (1864) verdient es, näher betrachtet zu werden. Der Autor konnte die Art am Spielberg bei - oder eigentlich in - Brünn (heute Brno, Tschechien) sehr eingehend studieren - heute hätte er nach dem Luftbild wohl keine Chance mehr dazu. Er schreibt S. 156-158: "Die ersten Schritte zur Erlangung der Kenntniss der ersten Stände waren, mich mit den dort vorkommenden wenigen Pflanzenarten bekannt zu machen; sodann mehrere weibliche Appendiculata einzusammeln, um, falls sie Eier legen sollten, die daraus entwickelten Räupchen auf die eingesetzten Topfgewächse zu vertheilen; allein nicht ein Weib hat meinen Erwartungen entsprochen, ja keines derselben überlebte 24 Stunden den Verlust seiner Freiheit. Ich bestimmte mich daher für die Anwendung eines anderen, obgleich mühsamen und zeitraubenden Mittels, indem ich jede Pflanze, welche von einem weiblichen Falter occupirt wurde, aushob und die- selbe in allen ihren Theilen untersuchte, ob nicht eine Spur von zurückgelassener Puppenhülle oder Puppenlager vorhanden sei. Es sind aber viele Sommer fruchtlos verstrichen, bis ich endlich am 16. April an einer Stelle unseres an Erinnerungen reichen, aber vegetationsarmen Spielberges abermal an einem Halme der Festuca ovina L. ein sitzendes Weib traf und den Grasbusch gewohnter Weise ausstach und dessen Wurzeln untersuchte. Die gesuchte Puppenhülle habe ich zwar nicht gefunden, stiess aber in den oberen Wurzeltrieben auf ein röhrenförmiges, mit Erdkörnern überworfenes Gespinnst, welches in die Decke der Erde mündete und von einer lebenden schon falterreifen Puppe bewohnt wurde, deren Grösse im richtigen Verhältnisse zu einem Appendiculata-Falter stand. Obwohl ich die auf jener isolirten Stelle befindlichen Grasbüsche sämmtlich in ihrem Wurzelwerke durchsuchte, so konnte ich dennoch keine Puppenhülle entdecken, was von der herum vacirenden Lebensweise des Weibes, ungeachtet ihrer scheinbaren Ruheliebe, ein sprechendes Zeugniss giebt. Schon der folgende Tag machte meiner Ungeduld ein Ende, denn um die sechste Morgenstunde erblickte ich in dem Zwinger eine bereits entwickelte weibliche Appendiculata, diesmal aber auf dem Halme kopfabwärts sitzend, wo sie ihre dreigliedrige verschiebbare weissliche Legeröhre, von der Länge ihres Leibes, hoch aufrichtete. — Der blosse Umstand, dass die Raupe sich in den Wurzeln der Festuca ovina verpuppt hat, liefert wohl noch keinen vollständigen Beweis, dass sie auch darin lebe. Um jedoch denselben befriedigend herstellen zu können, stand mir noch eine Aufgabe bevor, deren Lösung keine leichte war; denn auf der weiten, mit zahllosen Grasbüschchen überdeckten harten Erdfläche, bei dem Abgange jedes äusseren Merkmales, jenes Pflanzen - Exemplar ausfindig zu machen, welches von der gesuchten Raupe bewohnt wird, war eine Arbeit, welche gewiss viel Mühe, aber wenig Unterhaltung versprach. Aber auch dieser Standpunkt wurde überwunden! —

Mit Anbruch des ersten Frühjahres wühlte ich gründlich in dem Wurzelwerke der genannten Pflanze und fand darin Raupen von so eigenthümlicher Gestalt, dass ich sie eher für eine Käfer- als für eine Falterlarve hielt, wodurch ich mich verleiten liess, dieselben anfänglich liegen zu lassen. Erst in der Folge wurde ich nach einer sorgfältig vorgenommenen Untersuchung meines Irrthumes gewahr. Ihr zum Theile sesien-, zum Theile cossusartiges Aussehen liess mich in ihr eine Appendiculata vermuthen. Einige schienen im Verhältniss zum Falter erwachsen zu sein, wogegen die Mehrzahl um zwei Drittel kleiner waren und ihre allzufrühe Jugend verriethen. Dieser grosse Abstand liess die Annahme zu, dass ich es hier mit zwei Generationen zu thun habe. In der Regel leben sie in dem oberen Theile des Wurzelwerkes, wo sie in verschiedenen Richtungen Gänge machen, die ausgesponnen und mit grünen Excrementen gefüllt sind, welches Merkmal das Durchsuchen erleichtert. Die unerwachsenen Raupen sind fettweiss, im vorgerückten Alter -werden sie gelblich weiss, im erwachsenen Zustande rein gelb, in allen Stadien aber nackt. Ihre ersten drei Ringe sind ungemein wulstig, worunter sich wieder der erste hierin am meisten auszeichnet, der zweite aber stärker als der dritte ist, dann folgen die schwächeren cylindrischen Leibsegmente, welche sich nach hinten verdünnen. [...]".

4. Weitere Informationen

4.1. Abweichende Schreibweisen

  • Brachodes appendiculatus [nach Artikel 32.1. des International Code for Zoological Nomenclature korrekte Schreibweise mit Übereinstimmung des grammatikalischen Geschlechts von Gattungs-Substantiv und Art-Adjektiv oder -Partizip (Gender Agreement des ICZN)]

4.2. Andere Kombinationen

4.3. Synonyme

4.4. Faunistik

Kallies in Gaedike & Heinicke (1999) vermerkt zu Deutschland: "Heppner (1996) nennt sowohl Brachodes appendiculatus (Esper, 1783) als auch B. pumilus (Ochsenheimer, 1808) für Deutschland. Für beide Arten ließen sich weder eindeutige Literaturangaben noch Sammlungsbelege finden. Sie sind nicht Bestandteil der Fauna Deutschlands. Die nächsten Vorkommen dieser Arten befinden sich in der Tschechischen Republik bzw. in Niederösterreich." In Österreich ist die Art ganz auf den Südosten beschränkt (Niederösterreich, Wien, Burgenland) (Huemer 2013).

Šumpich & Liška (2018: 49) schreiben zu Tschechien: "Also B. appendiculata has been recorded in Bohemia only once, namely on 5 June 1952 near Srbsko – a village located also in central Bohemia (in the area of the Bohemian Karst) (Krušek & Soldát 1980). However, the identification of this specimen was not verified so far. Within Czechia this species is sparsely distributed in southern Moravia (e.g. Šumpich 2011a)."

(Autor: Erwin Rennwald)

4.5. Publikationsjahr der Erstbeschreibung

Wir übernehmen hier die detailliert von Heppner (1981) recherchierten Publikationsjahre.

4.6. Literatur

  • Erstbeschreibung: Esper, E. J. C. („1779“) [1778-1786]: Der europäischen Schmetterlinge Zweyter Theil welcher die Abendschmetterling von Tom. II. Tab. 1 – Tom. II. Tab. XXXVI. Cont. XI. und die Bögen [A] bis [Gg] enthält: 1-234, pl. I-XXXVI. Erlangen (Wolfgang Walther). — Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg: [227], [pl. XXXV].
  • Gaedike, R. & W. Heinicke (1999): Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands (Entomofauna Germanica 3). — Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 5: 1-216.
  • Gartner, A. (1864): Lepidopterologisches I. Atychia appendiculata Esp. — Entomologische Zeitung, 25: 155-158. Stettin. [PDF auf zobodat.at]
  • Heppner, J. B. (1981): The dates of E. J. C. Esper's Die Schmetterlinge in Abbildungen ... 1776–[1830]. — Archives of Natural History 10 (2): 251–254.
  • Huemer, P. (2013): Die Schmetterlinge Österreichs (Lepidoptera). Systematische und faunistische Checkliste. – 304 S. (Studiohefte 12); Innsbruck (Tiroler Landesmuseen-Betriebsgesellschaft m.b.H.).
  • Kallies, A. (1998): Erster Beitrag zur Kenntnis der palaearktischen Brachodidae: Revision von Brachodes fallax mit Beschreibungen neuer zentralasiatischer Arten. — Nota Lepidopterologica, 21 (3): 170-193. [Digitalisat auf www.archive.org] oder zum [PDF auf zobodat.at]
  • Šumpich, J. & J. Liška (2018): New records of butterflies and moths from the Czech Republic, and update the Czech Lepidoptera checklist since 2011. Journal of the National Museum (Prague), Natural History Series. 187. 47-64. [PDF auf researchgate.net].

4.7. Informationen auf anderen Websites (externe Links)