1. Lebendfotos
1.1. Falter
1.2. Kopula
2. Diagnose
2.1. Männchen
2.2. Weibchen
2.3. Erstbeschreibung
Zwei Jahre später hierzu publizierter Text
3. Weitere Informationen
3.1. Etymologie (Namenserklärung)
„puella das Mädchen.“
Zur Etymologie des vom ihm neu aufgestellten Genus Boudinotiana teilt Leraut (2002: 350) mit: « Genre dédié à Jacques Boudinot, notre très regretté collègue. »
3.2. Andere Kombinationen
- Phalaena (Noctua) puella Esper, 1787 [Originalkombination]
- Archiearis puella (Esper, 1787)
3.3. Synonyme
- Phalaena (Noctua) caelebs Hübner, 1789
- Noctua spuria Hübner, [1803]
- Archiearis treitschkei Prout, 1912
- Archiearis latevirgata Kitt, 1920
- Archiearis inversa Nitsche, 1932
3.4. Unterarten
- Boudinotiana puella mediterranea Ganev, 1984
3.5. Faunistik
3.5.1. Deutschland
Die Art wurde angeblich aus Deutschland beschrieben - Zweifel erscheinen jedoch angebracht. In der Erstbeschreibung von Esper (1787) ist zu lesen: „Diese Gattung findet sich in der Gegend von Frankfurt am Main, von da ich sie durch die Güte des Herrn Gerning erhalten. Sie kommt etwas früher als die Phalaena Parthenias zum Vorschein, doch in ganz eigenen von dem Aufenthalt jener Gattung abgesonderten Orten.“
Hacker (1999) stellte die Typen der von Esper beschriebenen Taxa zusammen: "*puella Esper, [1787] Archiearis puella (Esper, [1787]) ([Phalaena ] Noctua ) (4: 163, Tab. CVI, Fig. 2, 3) ("Gegend von Frankfurt am Mayn") (ex coll. Gerning) ZSM: Kein authentisches Material vorhanden. LMW: 2 M, 1 W, Syntypen. Das Männchen rechts unten entspricht Fig. 2 und wird als Lectotypus festgelegt. Das Weibchen in der Mitte entspricht Fig. 3 und ist ebenso wie das restliche Männchen ein Paralectotypus. Datierung der Beschreibung nach der Tafel [1787], nach dem Text [1789] (Heppner, 1981)."
Gelbrecht (1999) geht nicht auf diese Erstbeschreibung ein; er streicht die Art aber für Deutschland und fasst zusammen: "Bislang nur unsichere, nicht mehr überprüfbare Meldungen aus BW (Stuttgart nach Seyffer 1850). Nach Steeg (1961) in Hessen angeblich früher bei Münster, im Taunus und bei Bad Soden gefunden, Belege sind jedoch nicht bekannt. Überraschenderweise befinden sich bei zwei Ex. aus "Frankfurt a. Main, Vilbel, leg. M. Steeg" aus dem Jahre 1943 in der Zoologischen Staatssammlung München (Hausmann, pers. Mitteilung), die in der Fauna von Steeg (1961) jedoch nicht erwähnt werden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die an warme Flussauen gebundene A. puella noch nie in der Rheinebene beobachtet wurde. Auffallend ist die isolierte Lage der Angaben nach Steeg (1961) vom weiter östlich liegenden Hauptareal. Auch die Thüringer Meldungen, die ebenfalls nicht belegt sind, gelten als unsicher (Bergmann 1955). Insgesamt muss aus den zuvor genannten Gründen das Vorkommen von A. puella in Deutschland als nicht ausreichend gesichert gesehen werden."
Schon Bergmann (1955) diskutierte die alten Meldungen aus Weimar, Camburg und Vogtland bei Plauen und kam zum Schluss: "Die Fundortsmeldungen sind alt und erscheinen mir zweifelhaft; sie konnten in neuerer Zeit auch nicht bestätigt werden. Wenn die Art tatsächlich früher in Thüringen vorkam, was möglich ist, so ist sie doch jetzt aus der Fauna zu streichen. - Die nächsten bestätigten Fundorte liegen in der Tschechoslowakei (Sterneck). An der Donau bei Wien ist die Art lokal nicht selten."
Thiele (2001) diskutiert die Uraltmeldung aus Baden-Württemberg: "Die Art wurde von Seyffer (1850) mit "Stuttgart selten" angegeben, was spätere Autoren zu Recht angezweifelt haben ... Ein Vorkommen in Deutschland ... kann nicht bestätigt werden."
Insgesamt sind diese Angaben aus Deutschland so wenig begründet, dass wir die Art hier für Deutschland ganz streichen und nicht einmal mit Fragezeichen aufnehmen müssten - was aber ist mit der Erstbeschreibung aus Frankfurt am Main? Von dieser sind doch immerhin 3 Belegtiere vorhanden!
Das Für und Wider bezüglich der Zuverlässigkeit der Etikettendaten wird in einer Diskussion im Lepiforum [Forumsbeitrag J. Rodeland, siehe auch diverse Antwortbeiträge] ausführlich diskutiert. Die Bedenken gegen eine richtige Etikettierung sind hier groß. Doch weil es sich hier um den (angeblichen) locus typicus handelt, wird hier das Vorkommen in Deutschland mit (großem) Fragezeichen akzeptiert.
Haslberger & Segerer (2016) führen die Art in ihrer “Liste der für Bayern zweifelhaften Arten”.
3.5.2. Schweiz
Aus der Schweiz wurde die Art nur aus der Region Basel gemeldet. Altermatt et al. (2006) akzeptieren die (belegte) Angabe vom T. Haas über 2 Falter vom 20. März 1909 vom Allschwiler Wald bei Allschwil unkommentiert. Prinzipiell erhebt sich hier die Frage, wie gesichert das (ehemalige) Vorkommen für die Schweiz ist. D. Fritsch, einer der Autoren des zitierten Werkes, nimmt Stellung: "Im Kantonsmuseum Baselland Liestal sind die beiden Belege von Archiearis puella in der Sammlung von Traugott Haas, ich habe beide Tiere gesehen, völlig eindeutig. Haas war seinerzeit in der Region Basel aktiv, hat eine sehr schöne Sammlung hinterlassen, hat sehr zuverlässig bestimmt und etikettiert und für uns gibt es keinen Grund, den Fundort "Allschwil, Allschwiler Wald" anzuzweifeln. Der elsässer Nonnenbruch ist ja auch wirklich nur einen Katzensprung von Allschwil entfernt, ich halte es für sehr wohl möglich, dass die Art auch dort vorgekommen ist (immer noch gibt?), es gibt allerdings keine Belege von dort." [Kommentar D. Fritsch] Arealgeographisch läge dieses Vorkommen viele hundert Kilometer von den nächsten Fundstellen im Donauraum bei Wien und Nordost-Italien entfernt.
3.5.3. Österreich
In Österreich ist die Art nach Hausmann (2001) auf den äußersten Osten beschränkt. Maria Zacherl berichtet im [Forum] über die Beobachtung zahlreicher (etwa 70 - 80) Falter auf einer Strecke von ca. 800 m in Marchegg (Niederösterreich) am 20. Februar 2014.
3.5.4. Sonstige
Die Art ist auch im südöstlichen Europa nur lokal anzutreffen. Aus dem nordöstliche Italien und Dalmatien gibt es keine neuere Angaben. Aus Bulgarien wurde eine eigene Unterart (ssp. mediterranea) beschrieben. Die Angaben aus Zentral-Frankreich (Dept. Cher, Loire, Saône-et-Loire) beziehen sich auf die nahe verwandte Archiearis touranginii, die dort endemisch auftritt.
3.6. Publikationsjahr der Erstbeschreibung
Wir folgen den Angaben von Heppner (1981).
3.7. Literatur
- Altermatt, F., Fritsch, D., Huber, W. & S. Whitebread (2006): Die Gross-Schmetterlingsfauna der Region Basel. — Monographien der Entomologischen Gesellschaft Basel 2: 423 S.; Basel.
- Bergmann, A. (1955): Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands. Bd. 5/1. Spanner. - 560 S., Leipzig & Jena (Urania Verlag).
- Erstbeschreibung: Esper, E. J. C. [1786-1794] („1786“): Die Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur. Der europäischen Schmetterlinge Vierten Theils erster Band welcher die Eulenphalenen von Tom. IV. Tab. LXXX. Noct. 1. - Tom. IV. Tab. CXXV. Noct. 46 und die Bogen A bis Aaa enthält: 1-372, pl. LXXX-CXXV. Erlangen (Wolfgang Walther). — Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg: [163] [1789], [pl. CVI] [1787].
- Lectotypus-Festlegung: Hacker, H. H. (1999): Die Typen der von E. J. Ch. Esper (1742-1810) in seinem "Die Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur" beschriebenen Bombycoidea, Drepanoidea, Geometroidea, Hepialoidea, Lasiocampoidea, Noctuoidea, Pyraloidea, Tineoidea (Lepidoptera) II. — Esperiana 7: 443-461 [Sekundärzitat nach [Forumsbeitrag von Werner Wolf] und [http://www.zsm.mwn.de/lep/esperiana.htm]].
- Haslberger, A. & A.H. Segerer (2016): Systematische, revidierte und kommentierte Checkliste der Schmetterlinge Bayerns (Insecta: Lepidoptera). — Mitteilungen der Münchner Entomologischen Gesellschaft, 106 Supplement: 1-336.
- Heppner, J. B. (1981): The dates of E. J. C. Esper's Die Schmetterlinge in Abbildungen ... 1776–[1830]. — Archives of Natural History 10 (2): 251–254.
- Leraut, P. (2002): Contribution à l'étude des Archiearis Hübner et genres apparentés (Lepidoptera, Geometridae). — Bulletin de la Société entomologique de France 107 (4): 349-358. [PDF auf persee.fr]
- Seyffer, O.E.J. (1850): Verzeichnis und Beobachtungen über die in Württemberg vorkommenden Lepidopteren. — Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, 5: 76-123. [Digitalisat auf biodiversitylibrary.org]
- Steeg, M. (1961): Die Schmetterlinge von Frankfurt am Main und Umgebung mit Angabe der genauen Flugzeiten und Fundorte. Int. Ent. Verein Frankfurt a. M. (Hrsg.): 122 S., hier 87.
- Thiele, J. (2001): Archiearinae. - S. 21-28. In: Ebert, G. [Hrsg.] (2001): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 8. Nachtfalter VI. - 541 S.; Stuttgart.
(Autor: Erwin Rennwald)