Version 10 / 16 vom 13. Dezember 2021 um 21:09:44 von Erwin Rennwald
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Vorkommen in Europa fraglich: ehemaliges Vorkommen in Griechenland und Serbien fraglich (Belegtiere vorhanden, Herkunft aber fraglich), Einzeltier aus RU-eu vermutlich fehlbestimmt, Angabe aus PT sicher falsch
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Länder:+6Kontinente:EUAS
Falter
Erstbeschreibung
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

2. Diagnose

2.1. Erstbeschreibung

3. Weitere Informationen

3.1. Faunistik

Ist Adela repetitella ein europäisches Faunenelement oder nicht? Die Antwort lautet: Vielleicht, vielleicht aber auch nicht!

Die Art wurde aus "Amasia" in der Türkei beschrieben. Koçak & Kemal (2009: 69) führen sie aus der Türkei nur von den Provinzen Amasya und Ankara an - also weit weg von Europa.

Die Art wird weder bei Karsholt & Razowski (1996) noch in der Fauna Europaea ([http://fauna.naturkundemuseum-berlin.de] — version 2.5, last update 23 July 2012) für Europa angeführt.

Gerstberger (2010: 131) überrascht dann mit der Feststellung: "Diese von Amasia (Türkei) beschriebene Art ist schon über 100 Jahre als europäisches Faunenelement belegt, jedoch bisher nicht als solches publiziert worden. Möglicherweise wird die Art mit zwei ähnlichen Arten verwechselt. Die Arten Cauchas leucocerella Scopoli und C. anatolica Rebel weisen eine ähnliche Vorderflügelzeichnung auf, sind jedoch sofort an den gattungstypischen, kurzen Fühlern von der Art A. repetitella zu unterscheiden. Weiterer Hinweis zur Taxonomie: A. repetitella kommt auch in der erheblich selteneren Form ohne Costalpunkt im Vorderflügel vor (vgl. auch Küppers)." Und was ist zur Verbreitung der Art zu erfahren? "Verbreitung der Art: Türkei: Amasia, Pontus; Armenien; Serbien; Griechenland: Parnass." Armenien ist neu Serbien ist neu und Griechenland (Parnass) ist neu. Was für Belege gibt es dafür? "Historische Belege in coll. Staudinger, Museum für Naturkunde in Berlin. Aktuelle Beobachtung in Griechisch Makedonien: Monodendri ca. 700m (Zeller-Lukashort 09.05.2002)."

Zunächst einmal: Bryner (2020: 296) klärt bezüglich der aktuellen Beobachtung auf: "Die ebenfalls von Gerstberger (2010: 131) angegebene Beobachtung vom 9. Mai 2002 in Monodendri (Griechisch Makedonien) durch Zeller-Lukashort hat sich als Fehlbestimmung erwiesen; es handelt sich dabei um C. anatolica (zwei Exemplare in coll. Zeller-Lukashort überprüft)." Verbleiben also die Uraltangaben zu Serbien und zum Parnass in Griechenland. Gerstberger (2010: 132) zeigt zwei Belegtiere - ein Weibchen und ein Männchen - nicht gezeigt werden aber die zugehörigen Etiketten und zitiert werden diese auch nicht. Man kann also nur vermuten, dass das die alten Belege aus der Staudinger-Sammlung zu Serbien und/oder zum Parnass sein sollen. Wer hat sie wann gesammelt? Hier ist nichts zu erfahren - nichts zum Fundort, Funddatum und Sammler in Serbien, nichts zum Funddatum oder Sammler am Parnass. Hier ist zwar nicht die Bestimmung der Tiere zu hinterfragen - wohl aber die Herkunft der Tiere. Waren die Tiere in der Sammlung schon durch Staudinger richtig bestimmt? Und warum hat dann Staudinger nicht selbst über sie berichtet?

Aber es gibt noch eine Angabe, diesmal aus Russland - und sie ist mindestens genauso ominös wie die Angaben vom Balkan. Sie findet sich bei Anikin et al. (2017: 68), die die Art für die Oblast Uljanovsk und konkretem Fundort Staraja Kulatka mit Datum 10. Juli 2004 anführen und dazu schreiben: "The only known male collected in stepped biotopes by Staraya Kulatka is seemingly a species new for Russia (M. Gerstberger, per. comm.)." Wer hat das Tier gesammelt? Wer hat das Tier bestimmt? Wie sicher ist die Meldung? Welche mögliche Erklärung könnte es für die Entfernung von mehr als 1600 km bis zum locus typicus und mehr als 1300 km bis zum (angeblichen) nächstgelegenen Vorkommen in Armenien geben? Kommt Verschleppung in Frage? Oder doch eher Fehletikettierung? Wie sicher kann hier Cauchas leucocerella ausgeschlossen werden, die in dieser und allen benachbarten Oblasten ganz ähnliche Biotope besiedelt? Anikin et al. (2009) hatten noch nichts von dieser Art in der Gegend gewusst - warum nicht? Es fällt auf, dass Sinev (2019) die Art nicht in seinen Katalog für Russland aufnahm - und so bleibt dort die Frage: übersehen oder absichtlich weggelassen?

Bryner (2020: 296) schreibt noch: "Gemäss Küppers (1980: 185) ist die Art nur aus Kleinasien und Südwestrussland bekannt: Anatolien, Amasia, Pontus, Syrien. Die Angabe aus Portugal (Küppers 1980: 185) beruht wohl auf einer Fehlbestimmung; Karsholt & Razowski (1996) führen die Art für Europa jedenfalls nicht auf. Zagulayev (1989: 150) nennt als Verbreitungsgebiet das nördliche Kleinasien." Mit "Südwestrussland" könnte damals durchaus Armenien gemeint gewesen sein. Und Portugal ist sicher auszuschließen.

Für mich ist ein aktuelles Vorkommen in Europa damit sehr unwahrscheinlich, ein historisches Vorkommen auf der momentanen Kenntnisgrundlage nicht viel wahrscheinlicher. Das heißt aber nicht, dass man auf dem Balkan oder auch in Russland gar nicht auf diese Art achten sollte ...

(Autor: Erwin Rennwald)

3.2. Literatur