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Geschlecht nicht bestimmt
Erstbeschreibung
Inhalt

2. Diagnose

2.1. Geschlecht nicht bestimmt

2.2. Erstbeschreibung

3. Weitere Informationen

3.1. Synonyme

3.2. Unterarten

3.3. Verbreitung

Cucullia boryphora ist in Mitteleuropa extrem seltener Einwanderer und sicher kein Bestandteil der heimischen Fauna!

Rennwald (1995) fragte im Vorspann zu seinem Wanderfalter-Jahresbericht der Noctuidae 1993 in Deutschland:

„Liebe(r) Mitarbeiter(in), haben Sie zwischen dem 10. und 20.V.93 eine Cucullia gefangen, die sie nicht eindeutig zuordnen können? Könnte es sich um Cucullia boryphora handeln? Sie kennen C. boryphora nicht? Keine Schande. C. boryphora ist in Europa normalerweise auf den Südosten beschränkt, oder, genauer formuliert, sie ist ponto-turkestanisch verbreitet. Aus Deutschland wurde sie noch nie gemeldet, aber das hat ja nicht viel zu sagen. Vielleicht haben Sie doch C. boryphora in der Sammlung. Wie ich darauf komme? Nun, in Schweden wurden am 14. und 15.V.93 an verschiedenen Orten zwei Cucullia-Falter gefangen, die zunächst erhebliche Bestimmungsprobleme machten ... Näheres hierzu weiter unten im Bericht.“

Dort heißt es dann: Cucullia boryphora wurde meines Wissens in Deutschland noch nicht festgestellt. Das könnte sich schnell ändern, vielleicht steckt das Tier schon in Ihrem Kasten. Ryrholm (1994) berichtet ausführlich über die zunächst vergeblichen Bestimmungsversuche an zwei Faltern vom Cucullia lucifuga-Typ, die am 14. bzw. 15.V.93 von zwei verschiedenen Entomologen an zwei verschiedenen Orten in den südschwedischen Provinzen Halland bzw. Blekinge gefangen wurden. Gerade die zeitliche Parallelität der beiden C. boryphora-Funde in Südschweden spricht stark gegen eine zufällige, anthropogen bedingte Verschleppung. Ryrholm (1994) hat sicher Recht, wenn er schreibt: "... they represent a spectacular example of long distance moth migration". C. boryphora war aus Europa bisher nur aus dessen Südosten, z.B. vom Nordrand des Kaspischen Meers, bekannt. Bei einem Flug von dort Richtung Südschweden könnten einige Falter auch im Osten Deutschlands gelandet sein. Haben Sie ein Tier gefangen?“

Rennwalds Vermutung war nicht falsch: Noch während der Drucklegung seines Manuskripts legte Heinicke (1995) einen kurzen Aufsatz vor mit dem Titel: „Cucullia boryphora Fischer von Waldheim, 1840 (Lep., Noctuidae) erstmals in Deutschland beobachtet". Funddatum: 19. Mai 1993! Fundort und Finder: Uhyst / Spree (bei Hoyerswerda, Sachsen), leg. F. Graf, det. W. Heinicke. Hier wurde das Belegexemplar dann auch schwarz-weiß abgebildet. Ronkay & Ronkay (1994) hatten ihre europäische Verbreitungskarte wohl während der Drucklegung ihres Bandes noch rasch durch 3 unkommentierte Punkte ergänzt: die beiden aus Südschweden und einen in Südfinnland. Heinicke (1995) liefert zu letzterem dann auch die Erläuterung: „Umgebung von Hangö im südwestlichsten Finnland (8.-22. Mai 1993)“.

Cucullia boryphora wurde seither nicht mehr in Mittel- oder Nordeuropa gefunden. Der damalige Einflug war einer ungewöhnlichen meteorologischen Situation mit entsprechenden Luftströmungen aus Südosteuropa geschuldet, die H. Biermann (zitiert in Rennwald (1996) ausführlich erläutern kann. In der Zusammenfassung heißt es dort: "Von Ende April bis Mitte Mai bestand seinerzeit eine ausgesprochene Ostwetterlage mit Zufuhr milder und relativ trockener Luft aus dem südlichen Rußland. Es ist demnach sehr wahrscheinlich, dass die hier gefundenen Individuen aus ihrer Heimat mit den kräftigen Winden verweht wurden bzw. mit den Winden geflogen sind. Bei der Windrichtung im Uhrzeigersinn um ein Hoch ist ein Transport bis Schweden und Finnland nicht verwunderlich ... Man hat wohl nur selten eine so schön verfolgte Verdriftung durch Falterfunde so gut dokumentiert, auch wenn es nur wenige Individuen sind."

(Autor: Erwin Rennwald)

3.4. Literatur

  • Erstbeschreibung: FISCHER v. Waldheim, G. (1840): Adnotationes de lepidopteris a Cl. Kindermann prope Volgam inferiorem lectis et Societati missis. — Bulletin de la Société Impériale des naturalistes de Moscou 1840 (1): 81-89, pl. III.
  • Heinicke, W. (1995): Cucullia boryphora Fischer von Waldheim, 1840 (Lep., Noctuidae) erstmals in Deutschland beobachtet. - Ent. Nachr. Ber., 39: 90.
  • Rennwald, E. (1995): Jahresbericht 1993 der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderungen. Noctuidae, Geometridae und Microlepidoptera 1993. – Atalanta, 26: 41-115. Würzburg.
  • Rennwald, E. (1996): Jahresbericht 1994 der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderungen. Noctuidae, Geometridae und Microlepidoptera 1994. – Atalanta, 27: 41-84. Würzburg.
  • Ronkay, G. & L. Ronkay (1994): Noctuidae Europaeae. Volume 6. Cuculliinae I. – 282 S., 10 Farbtafeln; Sorø (Entomological Press).