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Falter
Inhalt

1. Lebendfotos

1.1. Falter

2. Weitere Informationen

2.1. Andere Kombinationen

  • Lemonia taraxaci ssp. sibirica Wnukowsky, 1934 [Originalkombination]

2.2. Taxonomie und Faunistik

Das Taxon wurde nach Exemplaren von zwei Fundorten in der Oblast Novosibirsk in Sibirien (asiatischer Teil Russlands) als Subspezies von Lemonia taraxaci beschrieben und lange auch als solche geführt. Antoshin & Zolotuhin (2011: 13) synonymisierten dann die ssp. sibirica mit der Nominat-Unterart. Im Katalog von Sinev (2019) gibt es für Russland entsprechend nur einen Eintrag für Lemonia taraxaci.

Prozorov et al. (2022a: 342) erklären das Taxon hingegen überraschend zur "bona species". Begründet wird das einzig und allein mit einem Barcoding-Abstand von 2,18 % gegenüber Lemonia taraxaci (und 3,30 % gegenüber Lemonia italiana), denn die Autoren räumen selbst ein: "Externally and morphologically variable, no reliable characters were found to distinguish it from closely related species." Die Autoren verlassen dabei ganz bewusst den so bewährten "modern integrative approach". 2,18 % ist für den Abstand von 2 Arten sehr wenig, aber wie kam diese Zahl zustande ? Verglichen wurden die Barcodes von 3 Exemplaren aus der Oblast Omsk (rund 250 km entfernt vom Typenfundort von sibirica, aber ebenfalls in den sibirischen Tieflagen) mit 3 Tieren vom Westrand des Vorkommens von L. taraxaci aus den Hochlagen der Westalpen in SW-Italien und SE-Frankreich, also fast 5.000 km entfernt. Zu einem Barcode-Vergleich mit Tieren vom 800 km näher gelegenen und (vermutlich) ebenfalls in der Tieflage gelegenen Typenfundort bei Wien kam es nicht, auch nicht zu einem Barcoding-Vergleich mit Tieren aus Russland westlich des Urals. Somit besteht der dringende Verdacht, dass die Vorkommen von Sibirien bis zu den Westalpen kontinuierlich miteinander verbunden sind und es überhaupt keine "gap" bei den Barcodes gibt.

Dieser Verdacht wird zusätzlich durch einen bewusst aus der Untersuchung weggelassenen Barcode eines Exemplars aus Rumänien befeuert. Prozorov et al. (2022a: 343) schreiben dazu in einer "taxonomic note": "A population from Romania (BOLD:ADF0319) is the nearest neighbor of L. sibirica (BOLD:AAU1316) at a 1.76 % distance, this data should be checked and compared with L. taraxaci as well as with L. strigata." Anders übersetzt: Die drei genannten Arten lassen sich nur dann vertreten, wenn man sie an ihren geographischen Enden studiert - dazwischen scheinen sie kontinuierlich miteinander verbunden zu sein. Einen besseren Beweis, dass es sich hier (bestenfalls) nur um Unterarten einer einzigen Art handeln kann, kann es gar nicht geben.

Da man die Taxa äußerlich nicht verlässlich unterscheiden kann und es keine Barcodes von Tieren zwischen Sibirien und Rumänien gibt, ist es schwer, hier irgendwo eine Verbreitungsgrenze zu definieren - und wenn es sich wirklich um Arten handeln würde, dürften diese ja auch überlappen. Prozorov et al. (2022a: 343) schreiben: "The subspecies [sic!] flies from South Siberia (Knyazev, 2020) west to Central Russia and then probably further to Poland, Belarus and Ukraine, the western border is not clear and further DNA investigation is needed. We consider it may lie along the Ore Mountains, the Sudetes and then the Carpathian Mountains, records close to both sides of the mountains are known (Székely, 2010, 2012, 2018)." Aber warum macht man diese DNA-Untersuchungen von Tieren nahe der vermuteten Grenze nicht bevor man taxonomische Schlüsse aus fragmentarischen Ergebnissen zieht ?

Die Untersuchungen von Prozorov et al. (2022a) sind durchaus wertvoll, da sie zeigen, dass die immer wieder diskutierten Unterschiede zwischen L. taraxaci, L. sibirica und L. strigata (sowie L. italiana) einfach nur auf einer in der Vergangenheit immer zu kleinen Probenwahl beruhten. Und sie sind wertvoll, da sie andeuten, dass die Barcode-Unterschiede auch über riesige Entfernungen nur moderat ausfallen, so dass es sich höchstwahrscheinlich nur um eine einzige Art mit möglicherweise abtrennbaren Unterarten handelt.

Und jetzt ? Aus pragmatischen Gründen werden die "Arten" von Prozorov et al. (2022a) im Lepiforum mit Vorbehalt akzeptiert und ihre räumlichen Grenzen dort gezogen, wo sie von jenen Autoren vermutet werden. Ich zumindest hoffe auf eine baldige Synonymisierung.

(Autor: Erwin Rennwald)

2.3. Typenmaterial

Wnukowsky (1934: 112): „Beschrieben nach zwei ♂♂ aus der Umgebung des Kurortes Karatschi, am Karatschi-See, im nordwestlichen Teile der Baraba-Steppe (15.–26. VIII. 1925, Prof. Dr. M. Ruzsky leg.) und nach 1 ♂ aus dem Dorfe Kernilowo (40 km süd-westlich von Kamenj, in West-Sibirien) (18. VIII. 1924, W. Wnukowsky leg.). Die Typen befinden sich in der Tomsker Staats-Universität.“

Antoshin & Zolotuhin (2011: 13) korrigieren die Schreibweise des zweiten Typenfundorts: "Locus typicus: «aus der Umgebung des Kurortes Karatschi, am Karatschi-See, im nordwestlichen Teile der Baraba-Steppe und … aus dem Dorfe Kernilowo [sic! Опечатка! В примечаниях указано как „Kornilowo»], 40 km süd-westlich von Kamenj, in West-Sibirien». Types: 3 (предположительно хранятся в колл. Томского университета)."

Prozorov et al. (2022a) schlossen das Typenmaterial nicht in ihre Untersuchung ein. Bisher scheint es auch nicht zur Festlegung eines Lectotypus gekommen zu sein.

(Autoren: Erwin Rennwald & Jürgen Rodeland)

2.4. Literatur