In Europa nicht etabliert, angeblicher Einzelfund in Spanien (Fehlbestimmung oder Verschleppung?)
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Männchen
Inhalt

2. Diagnose

2.1. Männchen

3. Weitere Informationen

3.1. Andere Kombinationen

  • Gastropacha decolorata Klug, 1830 [Originalkombination]

3.2. Synonyme

3.3. Taxonomie und Faunistik

Was ist Lasiocampa decolorata ? Speidel et al. (2015: 401) bezeichnen sie als “enigmatic species“. Bei Lewandowski & Fischer (2005, 2008) wird dieses Taxon zunächst nicht erwähnt. Erst in ihrem zweiten Nachtrag (Lewandowski & Fischer 2012: 99-103) gibt es einen ausführlichen „Beitrag zu Lasiocampa decolorata“. Dort wird erst einmal der Typenfundort korrigiert, der in der Literatur zwischenzeitlich mit „Oberägypten“ geführt wurde. Richtig ist: Locus typicus: Unterägypten, bei Alexandria. Aus dem Reisebericht konnten die Autoren genaueres ableiten: „Als Fußnote wird im Reisebericht auf Seite 58 angegeben: „Dscheil el Achterie oder Dscheile lachterie ist eine doppelte Reihe kleiner und zwei große, 10 Fuß tiefe, gemauerte Brunnen nahe am Meer, welche ein klares, sehr liebliches Wasser liefern, und vor Durchführung des Canals zum alten Hafen den dort ankernden Schiffen von hoher Wichtigkeit waren.““ Aus dieser und weiterer Stellen folgerten sie: „Heute findet man noch eine Örtlichkeit namens Marabit auf den Landzungen der westlichen Hafeneinfassung Alexandrias, nahe dem Leuchtturm. Somit kann als sicher gelten, daß der Typus von L. decolorata entweder am 23. ix. oder auf der Rückreise der Expedition am Abend des 28. ix. 1820 in der westlichen Hafenregion von Alexandria gefunden wurde. Der Typenfundort sowie die weitere Umgebung westlich von Alexandria können heute durch großflächige Arealerweiterungen der Hafenstadt Alexandria (= El Iskandariya), zum Beispiel durch Industrieanlagen und Ölraffinerien westlich der Stadt, und den Bau von zahllosen Ferienwohnungen und Ferienhaussiedlungen entlang des Küstenstreifens westlich von Alexandria als vernichtet beziehungsweise für die Natur als verloren betrachtet werden.“ Tatsächlich wurde die Art seit 1820 nie mehr in Ägypten gefunden.

Und Lewandowski & Fischer (2012: 99) notierten: „Bisher bekannte Verbreitung der Art: Nordwestafrika bis Ägypten, Sudan; ?Palästina (die Angaben für Palästina dürften sich auf Verwechslungen mit Lasiocampa puengeleri beziehen; das untersuchte Material ergab bis jetzt keinerlei Hinweise auf diese Art in Palästina).“.

L. decolorata wurde nach einem einzelnen Weibchen beschrieben, die anderen Taxa Nordafrikas meist nach Männchen. Insofern waren alle Synonymisierungen hier mit großer Vorsicht zu betrachten. Speidel et al. (2015) gelang dann der entscheidende Fortschritt: mit “next generation Barcoding“ erhielten sie ein vollständiges 658bp COI-Fragment aus dem zu jenem Zeitpunkt 194 Jahre alten Beleg! Und er bestätigte: dieses Exemplar und Tiere aus Algerien und Tunesien passen genetisch zusammen! In der weiteren Diskussion ergibt sich als Verbreitungsbild: „Only known with certainty from the type locality, but morphology and barcode data suggest Tunisian and Algerian records are also attributed to this species. While records from Palestine are erroneous (see discussion), further analysis should ascertain if populations from Libya and eastern lowland Morocco also represent this species.“ Tiere aus den Hochlagen Marokkos wurden in dieser Arbeit als zwei neue Arten der L. decolorata-Gruppe (Lasiocampa hannae und Lasiocampa editae) beschrieben. „Sudan“ wird – weil falsch? – nicht mehr gelistet, Marokko nur noch mit Fragezeichen. Außerdem ist zu lesen: „The species was formerly believed to occur across North Africa in scattered populations which almost all have been described under separate subspecies or species-names, but were later regarded as synonyms. The following additional taxa were placed in synonymy with L. decolorata by De FREINA & WITT 1987: Lambessa virago ROTHSCHILD, 1912, Novit. zool. 19: 118 (Locus typicus: Col de Sfa, Biskra, S. Algeria), and Lambessa siniscalchii TURATI, 1926, Atti Soc. ital. Sci. nat. 65: 29, figured (Locus typicus: Cirene; Derna (Cirenaica) [Libya]). No material of these taxa could be examined and, therefore, they are tentatively left in synonymy with Lasiocampa decolorata, following De FREINA & WITT 1987. The status of these taxa will be clarified, when material from their type localities becomes available for molecular analysis. The taxon Lambessa decolorata ssp. rubrescens WILTSHIRE, 1986, Fauna of Saudi Arabia 8: 268. Locus typicus: Wadi Sarawin, 610 m (Saudi Arabia) is now viewed as a subspecies of the Asian Lasiocampa puengeleri STERTZ, 1915 (LEWANDOWSKI & FISCHER 2012).”

Vor diesem Hintergrund ist jetzt die Angabe von Vives Moreno (2014: 457 und 794) für Spanien zu sehen. Dort heißt es in Anmerkung 993: „Esta especíe se ha citado de España, concretamente de Cádiz (DÍAZ, 1998). Consideramos que se trata de una emigración ocasional, es necessario confirmar su asentamiento definitivo.” Ein Zuflug aus dem Hohen Atlas oder Antiatlas würde Lasiocampa hannae oder Lasiocampa editae betreffen, ein Zuflug von Algerien nach Cádiz ist fast auszuschließen. Entweder handelte es sich also um ein verschlepptes Exemplar – oder aber die Bestimmung ist falsch – oder eben beides. Ich konnte die Originalquelle von Díaz (1998) noch nicht studieren, es fällt aber auf, dass dieser Fund in der Literatur nie mehr zitiert wurde.

3.4. Typenmaterial

Lewandowski & Fischer (2012: 99) teilten mit: „Typenmaterial: In der coll. Staudinger im MNHU befindet sich der ♀-Holotypus (durch Monotypie), der mit einem grünen Etikett und der Aufschrift „decolorata“ gekennzeichnet ist.“

(Autor: Erwin Rennwald)

3.5. Literatur